Frage an Birgit Malecha-Nissen von Jürgen H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Dr. Malecha-Nissen
ich habe eine Frage zum Wahlprogramm der SPD, Seite 20
„Wir wollen die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln und dafür die Arbeitsmarktdividende nutzen. Durch sinkende Arbeitslosigkeit freiwerdende Mittel werden wir für den Aufbau der Arbeitsversicherung nutzen.“
Wo ist bei Ihnen der Unterschied zwischen einer Arbeitslosenversicherung und einer Arbeitsversicherung und was verstehen Sie unter einer Arbeitsmarktdividende?
Jürgen Habich, ver.di-Mitglied Neumünster
Sehr geehrter Herr Habich!
Mit der Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung wird der präventive Gedanke der aktiven Arbeitsmarktpolitik gestärkt. Arbeitslosigkeit soll nach Möglichkeit von vornherein vermieden werden. Es soll frühzeitig, langfristig und lebensbegleitend Weiterbildung und Qualifizierung gefördert werden, damit Menschen selbstbestimmt ihre beruflichen Ziele verwirklichen und Arbeitslosigkeit oder Statusverlust vermeiden können.
Der größte Unterschied ist, dass man mit der Arbeitsversicherung nicht erst zum Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit tätig wird, sondern durch berufsbegleitende Beratung und Weiterqualifizierung die Menschen vorsorgend abgesichert werden. Zentrales Element ist das Recht auf Weiterbildung und Weiterbildungsberatung, verbunden mit der Pflicht zur Beratung, wenn Förderleistungen in Anspruch genommen werden. Ein weiterer Baustein ist ein Recht auf Freistellung für Qualifizierung, verbunden mit einem Rückkehrrecht auf den bisherigen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Dem Betriebsrat ist dabei ergänzend zu den individuellen Rechten ein echtes Mitbestimmungsrecht, einschließlich eines Initiativrechts bei der Fort- und Weiterbildung als Aufstiegsqualifizierung - unter Einbeziehung von Freistellungs- und Rückkehrrechten - einzuräumen.
Eine Arbeitsmarktdividende entsteht unserem Verständnis nach, wenn bei einer günstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes, d.h. einer hohen Beschäftigungsrate und einer niedrigen Arbeitslosigkeitsquote, für die bisherigen Versicherungsleistungen nicht das ganze im System befindliche Geld ausgegeben werden muss. Dies kann dann für Investitionen in Weiterbildung genutzt werden.
Für weitere Informationen möchte ich Ihnen den Antrag „Deutschland 2020 - Gerecht und solidarisch“ (Bundestagsdrucksache 17/13226) ans Herz legen, mit dem die SPD-Bundestagsfraktion u.a. viele ihrer arbeitsmarktpolitischen Vorstellungen in den Bundestag eingebracht hat.
Herzliche Grüße,
Ihre Birgit Malecha-Nissen