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Frage von Leo W. •

Frage an Birgit Collin-Langen von Leo W. bezüglich Gesundheit

Moin.

In letzter Zeit wurden ja diverse Dinge gegen den Abgasskandal getan, allerdings nur bei Autos. Andere Abgasquellen bleiben, soweit ich das sehen kann, unangetastet. Das ist mir ein wenig unverständlich, denn die Standards für PM10 und PM2.5 liegen seit einiger Zeit auf 40µg/m³ resp. 25µg/m³ im Jahresdurschnitt, [1] und damit deutlich über den Standards in anderen Ländern wie den USA, Japan und sogar Singapur und der WHO-Empfehlung von 20µg/m³ resp. 10µg/m³ [2]

Plant die EU, die WHO-Standards bzgl. Feinstaub zu erreichen? Wenn ja, wie und wann? Wenn nein, warum nicht?

[1] http://ec.europa.eu/environment/air/quality/standards.htm
[2] http://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/ambient-(outdoor)-air-quality-and-health

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr W.,

Vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.

Um Ihre Frage umfangreich und fundiert beantworten zu können, habe ich mich an die Europäische Kommission gewandt.

In der Tat ist es richtig, dass für Feinstaub die EU-Grenzwerte weniger streng sind, als dies von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den sogenannten ‘Air Quality Guidelines’ aus dem Jahre 2005 empfohlen wird - wenngleich die EU-Gesetzgebung hier die einschlägigen Normen, Leitlinien und Programme der Weltgesundheitsorganisation berücksichtigt. Diese Diskrepanz zwischen EU-Grenzwerten und WHO Empfehlungen basiert primär auf der politischen Abwägung verschiedener Aspekte, beispielsweise sozioökonomischer Überlegungen, die über den Schutz der menschlichen Gesundheit hinausgehen und in die Verabschiedung der entsprechenden Gesetzgebung eingeflossen sind (insbesondere Richtlinie 1999/30/EC und 2008/50/EC). Auch stimmt es, dass in anderen Regionen und/oder Ländern strengere Grenz- oder Zielwerte gelten: die Schweiz hat beispielsweise in diesem Jahr ihre Grenzwerte an die Empfehlungen der WHO angeglichen.

In diesem Zusammenhang führt die Europäische Kommission derzeit einen Fitness Check der Luftreinhalterichtlinien durch. In diesem Rahmen wird die Luftreinhaltegesetzgebung auf ihre Effizienz, Effektivität, Relevanz, Kohärenz und Mehrwert überprüft – inklusive der Frage, ob die Zielsetzung der Richtlinien und der Grenzwert weiterhin dem wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechen. Die Ergebnisse dieses Fitness Checks werden dazu genutzt werden, zu reflektieren, ob die Richtlinien (und die Grenzwerte, die darin festgelegt wurden) auch weiterhin die geeignete gesetzliche Basis zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt vor Luftverschmutzung darstellen.

Es ist allerdings nicht richtig, dass die Europäische Union nur im Rahmen des Diesel-Abgasskandals handle, und dass andere Abgasquellen unangetastet blieben. So sieht beispielsweise die Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 vor, über die relevanten Sektoren hinweg die nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe zu reduzieren (also den Ausstoß von Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan, Ammoniak und Feinstaub). Die Richtlinie verweist explizit darauf, dass nationale Luftreinhalteprogramme Maßnahmen für alle einschlägigen Sektoren umfassen sollten, einschließlich Landwirtschaft, Energie, Industrie, Straßenverkehr, Binnenschifffahrt, Hausbrand und Einsatz von nicht für den Straßenverkehr bestimmten mobilen Maschinen und Geräten sowie Lösemittel. Allerdings stellt die Richtlinie auch klar, dass die Mitgliedstaaten selbst darüber entscheiden dürfen, welche Maßnahmen sie treffen, um die in dieser Richtlinie festgelegten Emissionsreduktionsverpflichtungen zu erfüllen.

Darüber hinaus hat die EU Gesetzgebung verabschiedet, die Emissionen an der Quelle reguliert, beispielsweise Industrieemissionen (siehe 2010/75/EU) oder Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgroßen Feuerungsanlagen (siehe (EU) 2015/2193)).

Die Mitteilung der Kommission „Ein Europa, das schützt: Saubere Luft für alle“ (COM(2018)330) gibt übrigens zahlreiche Beispiele für Maßnahmen zur Verringerung verkehrsbedingter Emissionen, von Emissionen aus Strom- und Wärmeerzeugung, von Emissionen aus der Industrie und aus der Landwirtschaft. Die Verbesserung der Luftqualität stellt auch langfristig eine Herausforderung für Europa dar: Dies erfordert ein alle Sektoren – von Verkehr über Energie bis zur lokalen Planung – einbeziehendes Gesamtkonzept, an dem alle betroffenen Akteure beteiligt sind.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort helfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Birgit Collin-Langen