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Birgit Collin-Langen
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Frage von Ruth S. •

Frage an Birgit Collin-Langen von Ruth S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Collin-Langen,

als Deutscher Gründerverband vertreten wir die Interessen klassischer Existenzgründer*innen und Jungunternehmer*innen. In diesem Zusammenhang möchten wir von Ihnen wissen, welche Auswirkungen hat die neue Verordnung zu Upload-Filtern auf die Geschäftsmodelle von Gründerinnen und Gründern?

Bspw. die junge Mutter, die den Aufbau eines eigenen Unternehmens plant: eine Website, auf der ihre Freundinnen und Bekannte selbstproduzierte Waren anbieten und verkaufen können. Was passiert, wenn eine Mutter ein gesticktes Lätzchen hochlädt mit dem frechen Spruch: „Es ist schon alles gesagt worden – nur nicht von jedem.“ Ein Upload-Filter müsste feststellen, dass dieser Spruch von Karl Valentin urheberrechtlich geschützt ist und dafür sorgen, dass das Produktbild nicht hochgeladen wird – oder weiß der Filter, dass dieses Zitat seit diesem Jahr doch nicht mehr geschützt ist, weil Karl Valentin vor 70 Jahren verstorben ist?

Oder ein Reiseveranstalter erlaubt seinen Kunden, Bilder auf der Website hochzuladen. Ein begeisterter Tourist will dort seine Fotos von Schloss Sancoussi veröffentlichen. Der Upload-Filter sollte wissen, dass die preußische Schlösserverwaltung das Recht am Bild hat und vor einer Veröffentlichung auf einer Unternehmenswebseite die Nutzungsrechte geklärt werden müssen. Wird der junge Unternehmer sich die Mühe machen und die Nutzungsrechte klären? Oder wird er aufgrund des Haftungsrisikos alle potenziell geschützten Bilder nicht veröffentlichen?
Dazu kommen die Kosten für den Filter. Hierzu gibt es keinerlei seriöse Zahlen. Die Vermutung ist allerdings: es wird teuer, da der Aufwand sehr hoch ist. Gründer und Jungunternehmer müssten sich die Software kaufen, leasen oder mieten. Sind bei einem Kredit diese Kosten beispielsweise bei der KfW förderfähig? Nach den aktuellen Regelungen eher nicht.

Für eine Antwort bedanke ich mich im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ruth Schöllhammer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Mail.

Für mich geht es bei der Diskussion um das Urheberrecht darum, dass eine faire Vergütung der Urheber auch im Internet und eine faire Vergütung aller, die die Verbreitung dieser geschützten Leistung ermöglichen, gewährleistet werden. Journalisten und Künstlern, die von ihrer kreativen Arbeit nicht mehr leben können, weil ihre Kreativleistungen nicht angemessen vergütet werden, müssen wir zu ihrem Recht verhelfen. Und wir wollen unabhängige Medien in unserer Demokratie sichern, und nicht Betreiber von Plattformen unterstützen, die mit den Medienerzeugnissen Geld verdienen.

Leider wurden im Vorfeld der Abstimmung viele nicht korrekte Annahmen gestreut, um den dringenden Reformprozess für das Urheberrecht zu unterminieren und die diejenigen, die kreative Leistungen erbringen oder dafür wirtschaftlich/strukturell verantwortlich sind, um ihre faire Vergütung bringen wollen. Ich glaube nicht, dass Sie sich für diese Ausbeutungsmentalität großer Plattformen einsetzen möchten.

Die Interessen der 15.000 arbeitslos gewordenen Journalisten (Zahl aus dem Jahr 2013) oder die Ängste der Künstlern, die von ihrer kreativen Arbeit nicht mehr leben können, weil ihre Kreativleistungen nicht angemessen vergütet werden, sind für mich Argumente, die bei der Diskussion wichtig sind.

Es ist nicht vertretbar, die Interessen großer Internetplattformen über die Interessen der Kreativschaffenden zu stellen.

Hier im Europäischen Parlament will keiner eine „Zensur“, „Filter“, „Link-Steuer“ oder die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit, wie dies plakativ gern unterstellt wird. Und dies ergibt sich auch aus dem vorliegenden Text, der letzten Donnerstag abgestimmt wurde. Wer etwas anderes behauptet, verbreitet bewusst Falschinformationen und dies auch noch im wirtschaftlichen Interesse und zur Unterstützung der großen Internetplattformen.

Warum brauchen wir ein stärkeres Recht für die Presseverlage (Art. 11)?

• Wir wollen, dass Zeitungsverlage für die Nutzung ihrer Artikel auch fair vergütet werden!
• Wir wollen eine (auch von Plattformen) finanziell unabhängige Presse!
• Wir wollen Qualitätsjournalismus absichern!
• Wir haben die Privatnutzung von dem Recht ausgenommen.
• Wir erlauben das Hyperlinking.
• Wir beteiligen die Journalisten.

Warum brauchen wir Artikel 13 (value gap)?

• Wir wollen, dass die Plattformen mehr Verantwortung für die Inhalte auf ihren Plattformen übernehmen.
• Wir wollen, dass Urheberrechtsverletzungen von Beginn an vermieden werden.
• Wir wollen, dass europäische Urheber (Künstler, Autoren, Schauspieler, Musiker etc.) von den Plattformen, die deren Werke nutzen, für diese Leistung auch fair vergütet werden.
• Wir haben den Anwendungsbereich des Art. 13 (s. Art. 2) auf die Plattformen beschränkt, die von Verstößen gegen das Urheberrecht am meisten profitieren.
(Plattformen, wie Spotify, itunes, Netflix, Ebay, Wikipedia, Dating-Plattformen, Plattformen zur Softwareentwicklung, Blogs, private Homepages, Dropbox etc. unterfallen alle nicht dem Art. 13!)
• Wir verpflichten die Plattformen mit den Rechteinhabern Lizenzen abzuschließen.
• Wir verpflichten die Rechteinhaber, den Plattformen alle Informationen mitzuteilen, um erkennen zu können, welche Werke veröffentlicht und nicht veröffentlicht werden dürfen, so dass eine generelle Überwachung nicht stattfinden kann.

Der Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und die Förderung eines breiteren Zugangs zu Werken sind die Säulen der wirtschaftlichen Nutzung des Internets und Grundlagen der digitalen Wirtschaft der EU. Doch gerade dort sind immer mehr urheberrechtlich geschützte Werke illegal und ohne Genehmigung der Rechteinhaber erhältlich. Dieser kulturelle Diebstahl ist ein Problem, das dringend gelöst werden muss. Mit der neuen EU-Richtlinie können wir genau das schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Birgit Collin-Langen, MdEP