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Birgit Collin-Langen
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Frage von Wolfgang L. •

Frage an Birgit Collin-Langen von Wolfgang L. bezüglich Verbraucherschutz

"Bei den Provisionen für Finanzprodukte haben sich Fraktionen im Europäischen Parlament für die Interessen der Banken entschieden. Konkret geht es um die Frage, ob Provisionen für den Verkauf von Finanzprodukten verboten bzw. an die Kunden weitergereicht werden sollen. Ein Kompromiss, der dies vorsah, wurde von den Sozialdemokraten wieder aufgeweicht. Die Verbände der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken räumen ein, dass sie gegen die Weitergabe von Provisionen Lobbyarbeit gemacht haben. ...
Morgen wird über das Thema im Plenum des Europaparlaments abgestimmt. Eine englische Labour-Abgeordnete will dann noch mal einen Antrag auf ein Verbot der Provisionen einbringen. ..."

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, was sagen Sie zum Befund von lobbycontrol? Welchen Antrag werden Sie unterstützen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Leinen,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, die Sie mir zum Thema Bankberatung und Provisionen über Abgeordnetenwatch haben zukommen lassen.

Es ist richtig, dass wir heute über die Revision der Finanzmarktrichtlinie (MiFID) abstimmen, die eines der wichtigsten derzeit diskutierten Dossiers im Bereich der Finanzmarktregulierung ist, weil wir hiermit die Handelsplätze regulieren. In den letzten Monaten wurden intensive Verhandlungen über dieses hochkomplexe Dossier geführt und und es wurde sich auf sehr gute Kompromisse geeinigt, die an vielen Stellen die Vorgaben des zugrundeliegenden Kommissionsvorschlags deutlich verschärfen. Man sich auf sehr strenge Vorgaben im Bereich der Warenterminmärkte und des Hochfrequenzhandels geeinigt haben, die es bis dato noch nichtgab. Auch geht man in dem von Ihnen angesprochenen Bereich des Anlegerschutzes mit unseren Vorgaben deutlich über den Kommissionsvorschlag hinaus. In diesem Zusammenhang wurde auch das von Ihnen angesprochene Provisionsverbot diskutiert.

Die Diskussion, ob Provisionen generell verboten werden sollen wird auf europäischer Ebene sehr kontrovers geführt. Was meiner Meinung nach derzeit gegen ein generelles europaweites Verbot von Provisionen spricht ist, dass wir in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Beratungsmodelle haben. Das heißt aber nicht, dass die Mitgliedstaaten nicht über unsere Vorgaben hinausgehen und ein generelles Verbot einführen können. Diese Option ist gegeben, allerdings haben hat sich der Wirtschaftsausschuss dafür ausgesprochen, dass dies subsidiär zu regeln sei. Ein ausreichender Verbraucherschutz ist ohne Zweifel wichtig. Was wir aber brauchen, ist eine qualitativ hochwertige Beratung und die lässt sich nicht durch ein pauschales Verbot von Provisionen erreichen.

Man muss sich hier auch die Frage stellen, für wen welches Beratungsmodell in Frage kommt. Vergleicht man nur einmal die Depotvolumen von Banken, die auf Honorarbasis arbeiten mit der provisionsbasierten Beratung dann zeigt sich ganz deutlich, dass das Depotvolumen bei der Honorarberatung ein deutlich höheres ist. Es rechnet sich also erst, wenn man eine gewisse Summe anlegt. Zudem sind die Kosten bei provisionsbasierter Beratung geringer. Dies könnte nun zu der Schlussfolgerung führen, dass für Privatkunden, die nur sporadisch Beratungsbedarf haben oder auch nur geringe Summen anlegen möchten, das Modell der Honorarberatung nicht in Frage kommt.

Daher sollte mehr Transparenz geschaffen werden. Der Kunde muss ausreichend und transparent informiert werden, ob die Beratung gegen ein Entgelt erbracht wird und welche Gebühren sich damit verbinden. Außerdem ist es wichtig sicherzustellen, dass weder Gehaltsstrukturen noch Provisionen Anreize enthalten, dass ein Berater im Eigeninteresse und nicht im Interesse des Kunden berät. Auch dies muss zukünftig von den Firmen sichergestellt werden.

Die Abstimmungen im Wirtschafts- und Währungsausschuss haben zudem ergeben, dass Gebühren/Provisionen nur erlaubt sind, wenn sie an den Kunden weitergegeben werden oder wenn sie für die Bereitstellung des Produkts notwendig sind (z.B. Steuern) oder wenn der Kunde vorab transparent darüber informiert wird. Damit sind alle Optionen gegeben und die Mitgliedstaaten haben nach wie vor die Möglichkeit, mit einem nationalen Verbot über die Vorgaben hinauszugehen.

Die Frage nach einem angemessenen Verbraucherschutz sollte nicht nur auf ein Verbot von Provisionen reduziert werden. Wir setzen mit unserem Konzept an mehreren Stellen an, um einen ganzheitlichen Schutz zu garantieren. Neben einem Höchstmaß an Transparenz und verbesserten Informationen für den Kunden ist es außerdem erforderlich, dass vor dem Vertrieb eines Produkts die Zielgruppe innerhalb der bereits in MiFID definierten Kundenkategorien (Kleinanleger oder professioneller Anleger) definiert wird, um sicherzustellen, dass das Produkt auch die Kundeninteressen erfüllt und nur an diese Kundengruppe vertrieben wird.

Das hat zur Folge, dass Produkte zukünftig so konzipiert werden müssen, dass sie den Bedürfnissen eines bestimmten Zielmarkts in einer der bereits definierten Kundenkategorien entsprechen. Die Vermarktung und der Vertrieb des Produkts sollten sich dann auch entsprechend an diesem Zielmarkt richten. Firmen sollen also nicht mehr im Eigeninteresse Produkte entwickeln können.

Schließlich wurden auch die Befugnisse für ESMA und die nationalen Behörden im Bereich der Produktintervention gestärkt. ESMA oder die zuständige Behörde sollte ebenso in der Lage sein, vorübergehende Beschränkungen oder Verbote auszusprechen, bevor ein Produkt vermarktet, vertrieben oder verkauft wird. Darüber sollte entsprechend im Vorfeld informiert werden, damit unter Umständen innerhalb eines gewissen Zeitrahmens noch Anpassungen vorgenommen werden können.

Ich bin überzeugt, dass mit der ausgehandelten Position des Wirtschaftsausschusses ein ausgewogener Ansatz erzielt wurde, der den Mitgliedstaaten alle Möglichkeiten gibt, aber gleichzeitig einen Verbraucherschutz garantiert, der die jetzigen Verhältnisse deutlich verbessert und den Kunden volle Transparenz gewährleistet.

In der Hoffnung, Ihnen hiermit eine Hilfe gewesen zu sein verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihre

Birgit Collin-Langen MdEP