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Bettina Hoffmann
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Frage von Michael v. •

Frage an Bettina Hoffmann von Michael v. bezüglich Umwelt

Die Regierung, GRÜNEN und LINKE sehen die Empfehlungen des IPCC als Leitlinie für ihr politisches Handeln - auch für die vorgesehene CO2-Steuer. Jedoch hat das IPCC mit seinen Prognosen noch nie Recht gehabt, sondern musste alle Prognosen korrigieren (https://www.cicero.de/aussenpolitik/klimawandel-es-war-einmalein-weltklimareport/57325?fbclid=IwAR0iPiOrFo-Ke6c6NFty1MfdXYfiQ5f0mLtII2-_DRyZ6VG3zGdhQY6RgsI). Als kaum noch zu überbietende Dreistigkeit führt das IPCC zu seinen Falschinformationen als Rechtfertigung an: „Bedauerlicherweise ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass unsere Modelle zwar richtig waren, sich die ihnen zugrunde liegende Wirklichkeit aber geändert hatte.“
Zudem ist inzwischen unstrittig, dass CO2 einer Temperaturerhöhung immer folgt, aber nicht deren Ursache ist (z. B. https://www.welt.de/print-welt/article243292/Ist-die-Milchstrasse-an-der-Klima-Erwaermung-schuld.html?wtmc=socialmedia.facebook.shared.web&fbclid=IwAR3s1Fm6UEyNix-R7xpMkzrxCZImCotSyNu5fuhf4RlFZGNDjlyD1_TUkc0 oder https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/treibhauseffekt-ist-kohlendioxid-gar-kein-klimakiller-a-106379.html).
Wie erklären Sie dem Volk, dass Sie (bzw. Ihre Partei) bei der vorgesehenen CO2-Steuer ein Gas besteuern wollen, das nicht für den Klimawandel ursächlich ist und wie rechtfertigen Sie ihre Gutgläubigkeit an das IPCC, das sich in seinen Prognosen ständig irrt?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr v. L.,

Wir sind auf dem Weg in eine 4°C wärmere Welt, wenn die Regierungen dieser Welt nicht sehr schnell einen Kurswechsel einleiten. Eine solche Welt wird apokalyptische Zustände auslösen. Wir sprechen hier über mehr Extremwetter-Ereignisse wie Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Hurrikane, über steigende Meeresspiegel, sterbende Korallenriffe, versauernde Meere, und, in besonderem Maße, über drohende Kipppunkte wie abschmelzende Polkappen, auftauende Permafrostböden, austrocknende Regenwälder, kollabierende boreale Wälder und schmelzende Inlandgletscher.

Diese Kipppunkte verselbstständigen die Klimakrise, entziehen sie der menschlichen Kontrolle und lassen sie damit einer unberechenbaren Klimakatastrophe werden. Sich schnell und stark verändernde klimatische Umstände drohen Millionen Menschen zur zu Flucht zwingen, bestehende Ressourcenknappheit wird sich weiter zuspitzen, Konflikte um schwindende Ressourcen wie Land, Nahrungsmittel und Trinkwasser werden zunehmen. Die Bereiche, in denen die planetaren Belastungsgrenzen bereits dramatisch überschritten sind, wie das Artensterben und der Verlust fruchtbarer Böden durch Überdüngung, werden durch die Klimakrise zusätzlich verschärft.

Mit drei teilweise fast 20 Jahre alten Quellen stellen Sie die Arbeit des IPCC in Frage. Der Weltklimarat (IPCC) ist eine Institution der Vereinten Nationen. In seinem Auftrag tragen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit den aktuellen Stand der Klimaforschung zusammen und bewerten anhand anerkannter und von durch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern qualitätsgeprüfter Veröffentlichungen den jeweils neuesten Kenntnisstand zum Klimawandel. Dazu veröffentlicht der IPCC seit 1990 alle sechs bis sieben Jahre Sachstandsberichte. Der letzte Bericht erfolgte im Oktober 2018.

Der IPCC forscht nicht selbst, sondern trägt die Ergebnisse tausender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen und bewertet diese aus wissenschaftlicher Sicht. Daher können Sie nicht den IPCC an sich als unwissenschaftlich kritisieren - da müssen Sie schon die gesamte Klimawissenschaft anzweifeln. Der Treibhauseffekt ist allerdings ein recht simpler und leicht verständlicher Effekt. Die Klimamodelle der Vergangenheit haben sich bisher als zutreffend erwiesen. Wissenschaftler*innen können die Naturgesetze verstehen. Sie sind in der Lage, die physikalischen Grundlagen des Klimawandels zu erklären - genauso, wie sie etwa auch die Schwerkraft erklären können.

Wenn man die Berichte des IPCC kritisieren möchte, dann an ehesten in dem Sinn, dass er die Entwicklung der Klimakrise bisher unterschätzt als überschätzt hat. Denn die Klimakrise schreitet schneller voran als viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler es bisher erwartet haben. So haben jüngst Forscher*innen herausgefunden, dass der Permafrostboden bereits so weit aufgetaut ist wie sie es erst für 2090 erwartet hatten. Da der IPCC nach wissenschaftlichen Standards arbeitet, gibt er jeweils nur die konservativste Schätzung mit der größtmöglichen Sicherheit an. So bleibt er in der Realität oft sogar noch hinter der realen Entwicklung zurück.

Dass das Klima sich immer gewandelt hat und weiter wandeln wird, steht außer Frage, kein*e seriöse*r Klimawissenschaftler*in wird das je bezweifeln. Einmalig in der Klimageschichte ist allerdings die Geschwindigkeit des Wandels. Wir leben mittlerweile im Anthropozän, in einem Erdzeitalter, in dem der Mensch den Verlauf der Erdgeschichte verändert. Wenn sich innerhalb von 200 Jahren die Durchschnittstemperatur der Erde um 3-5°C erhöht, werden sich weite Teile der Biosphäre nicht anpassen können und es besteht die Gefahr, dass ganze Ökosysteme kollabieren - mit unvorhersehbaren Folgen für das Überleben der menschlichen Zivilisation. In dieser überlebenswichtigen Frage ist die Wissenschaft unsere beste Entscheidungsgrundlage. Der IPCC als weltweit anerkanntes wissenschaftliches Gremium ist Teil davon. Letzten Endes ist Klimaschutz der Schutz der Menschheit.

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hoffmann MdB

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