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Bettina Hagedorn
SPD
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Frage von Petra W. •

Wem sollte der Tierschutz in erster Linie zugute kommen?

Sehr geehrte Frau Hagedorn
U.a. Gerade Schweine sind soziale Wesen.
Aber jedes Tier muss den bestmöglichen Schutz durch uns Mensch erhalten!
Die meisten Verbraucher benötigen gesetzliche Vorgaben!
Und wenn das Kilo Hack damit 20€ kostet, bedeutet dies ja nicht, auf den Fleischgenuss verzichten zu müssen!
Es bedeutet nur, in Maßen zu konsumieren, aber das Tier hatte wenigstens ein artgerechtes Leben!
Und eine letzte Bitte, keine Tiertransporte mehr!
Es muss anders gehen 🙏
Mit freundlichen Grüßen
Petra W.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau W.,

vielen Dank für Ihre Frage vom 14. August 2024 zum Thema Tierschutz, aus der für mich deutlich erkennbar wird, dass Ihnen das Wohl – gerade der Schweine - sehr am Herzen liegt. Das gilt auch für mich – ich lebe seit 45 Jahren in der ländlichen Gemeinde Kasseedorf, habe früher zwei Jahrzehnte lang selbst Hühner und Enten artgerecht gehalten und immer versucht, heimische Landwirte und regionale Schlachtereien durch den Direkteinkauf von Eiern, Fleisch und Gemüse konkret zu unterstützen. Das werden Sie – da Sie aus meinem direkten ländlichen Umfeld Malente kommen -  sicherlich ebenso tun. Und ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch muss!

Für die Rahmenbedingungen in der Landwirtschaftspolitik ist maßgeblich die EU-Ebene gesetzlich verantwortlich, weswegen im Koalitionsvertrag (S. 34/35) der Ampel-Regierung zum von Ihnen angesprochenen Thema „Tiertransporte“ auch festgelegt ist: „Lebendtiertransporte in Drittstaaten werden künftig nur erlaubt, wenn sie auf Routen mit nachgewiesen tierschutzgerechten Versorgungseinrichtungen stattfinden. Wir setzen uns auch auf EU-Ebene für bessere Regelungen für Tiertransporte und einen Ausbau des Datenbanksystems TRACES ein.“ Entscheidend für die drastische Reduzierung von unnötig weiten quälenden Lebendtransporten von Tieren ist allerdings eine dringend erforderliche höhere Dichte von regionalen Schlachtereien. Als Verbraucher*innen sollten wir darum die regionale Landwirtschaft und regionale Schlachtereien durch unseren bewussten Einkauf unterstützen.

Unter der Rot-Grünen Bundesregierung wurde der Tierschutz bereits im Jahr 2002 als Staatsziel in unserem Grundgesetz verankert. Insofern ist Tierschutz kein „nice-to-have“, sondern gesamtstaatliche Verantwortung unserer Gesellschaft insgesamt. Ich bin froh, dass es im Koalitionsvertrag der „Ampel“ klare Festlegungen gibt, den Tierschutz weiter zu verstärken und die Landwirte beim erforderlichen Umbau für eine artgerechte Nutztierhaltung in Deutschland zu unterstützen (Zitat): „Wir führen ab 2022 eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung ein, die auch Transport und Schlachtung umfasst. Unser Ziel sind entsprechende verbindliche EU-weit einheitliche Standards. Zudem führen wir eine umfassende Herkunftskennzeichnung ein. Wir begleiten die Einführung mit einer Informations- und Aufklärungskampagne. Wir wollen die Landwirte dabei unterstützen, die Nutztierhaltung in Deutschland artgerecht umzubauen... Die Investitionsförderung wird künftig nach den Haltungskriterien ausgerichtet und in der Regel nur nach den oberen Stufen gewährt. Das Bau- und Genehmigungsrecht ist entsprechend anzupassen. Die Entwicklung der Tierbestände soll sich an der Fläche orientieren und wird in Einklang mit den Zielen des Klima-, Gewässer- und Emissionsschutzes (Ammoniak/Methan) gebracht. Wir wollen die Emissionen aus Ammoniak und Methan unter Berücksichtigung des Tierwohls deutlich mindern. Die Landwirte sollen auf dem Weg zur Klimaneutralität im Rahmen des Umbaus der Nutztierhaltung unterstützt werden.“

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Cem Özdemir arbeitet mit vielen Initiativen daran, dass das Tierwohl in Deutschland konstant verbessert wird und setzt sich auf EU-Ebene für verbindliche Tierschutzstandards – auch bei Transporten – ein. Leider werden gesetzliche Initiativen von ihm oft durch den Koalitionspartner FDP und – mindestens ebenso oft – durch die Landesregierungen im Bundesrat verwässert oder blockiert. In den Koalitionen der SPD mit der CDU/CSU von 2013 bis 2021 wurden alle Anstrengungen für ein verpflichtendes Tierwohl-Label allerdings meist schon im Keim erstickt. In diesen acht Jahren haben sowohl der CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt wie auch ab 2018 seine CDU-Nachfolgerin Julia Klöckner überwiegend Lobby-Interessen bedient und sich weder maßgeblich für das Tierwohl noch für eine artgerechte und nachhaltige Landwirtschaft und kleinbäuerliche Strukturen eingesetzt.  

Darum war ich froh, dass wir als Ampelkoalition am 16. Juni 2023 im Bundestag das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz beschlossen haben – trotz der Gegenstimmen von Union, AfD und der Linken! Mit diesem Gesetz ist nun ein Tierwohl-Label für unverarbeitetes Schweinefleisch verpflichtend, welches die Haltungsform der Tiere für alle transparent macht. Somit können alle Verbraucherinnen und Verbraucher über ihre Kaufentscheidung ihren Teil dazu beitragen, das Tierwohl in Deutschland zu verbessern. In naher Zukunft soll dieses Label auch bei weiteren Tierarten gesetzlich verpflichtend werden. 

Der Bund unterstützt mit dem Landwirtschaftsministerium den beschleunigten Aus- und Umbau der artgerechten Tierhaltung in Deutschland durch das „Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung“ u.a. allein 2024 mit insgesamt 150 Millionen Euro – für die Folgejahre sind weitere enorme Summen für den artgerechten Umbau der Nutztierhaltung festgelegt.

Erst am 24. Mai 2024 hat das Bundeskabinett eine umfangreiche Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen, wodurch u.a. umfassende Verbesserungen beim Tierschutz erreicht und insbesondere noch bestehende Rechts- und Vollzuglücken zu geschlossen werden sollen. Nach der Sommerpause folgt die parlamentarische Debatte und Beschlussfassung im Bundestag und vermutlich – wie gewohnt – lautes Getöse von CDU/CSU und FDP, dass dieses Tierschutzgesetz zu weit geht und „bürokratische Hürden“ aufbaut. Wichtig ist mir, dass wir am Ende durch dieses Gesetz eine substanzielle Verbesserung für unsere Nutz- und Heimtiere erreichen. Zu den wichtigsten geplanten Änderungen des Tierschutzgesetzes gehören:

  • Verbesserung des Tierschutzgesetzes durch Konkretisierung von Qualzucht, die Reduzierung nicht-kurativer Eingriffe, die Anbindehaltung in spätestens zehn Jahren zu beenden
  • Einführung eines kameragestützten Überwachungssystems in Schlachthöfen
  • Schließung von Rechts- und Vollzugslücken im Bereich des Tierschutzes
  • Verpflichtende Identitätsüberprüfung für den Onlinehandel mit Heimtieren
  • Obligatorische Kennzeichnung und Registrierung von Hunden
  • Aktualisierung der Leitlinien für Tierbörsen

Sehr geehrte Frau W., ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen zeigen konnte, dass uns Sozialdemokraten das Tierwohl sehr am Herzen liegt und wir in dieser Ampel-Koalition - auch gegen die Stimmen von Union, AfD und Linken – schon einiges für den Tierschutz erreicht haben und noch erreichen können! 

Ihrer Aussage, dass „die meisten Verbraucher weitere gesetzliche Vorgaben benötigten, auch wenn das Kilo Hack dann 20 Euro kosten sollte“, stimme ich allerdings ausdrücklich so nicht zu, denn entscheidend für das Tierwohl in Deutschland sind vor allem eine artgerechte Haltung sowie regionale Schlachtbetriebe ohne quälend-lange Transportwege. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen und sollen sich in einer Demokratie immer FREI entscheiden können und brauchen für eine verantwortungsvolle Kaufentscheidung vor allem transparente Informationen und Standards in der kompletten Aufzucht- und Verarbeitungskette. Dafür stehen wir als SPD schon lange ein. 

Mit freundlichen Grüßen 

Bettina Hagedorn

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