Sehr geehrte Frau Hagedorn, beziehen sie Geld von Lobby Verbänden oder haben sie Nebeneinkünfte?
Sehr geehrter Herr U.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 30. Januar, auf die ich gerne antworte. Nein, ich beziehe seit über 20 Jahren als Bundestagsabgeordnete kein Geld von Lobbyverbänden und habe auch keine Nebeneinkünfte. Darüber lege ich seit 2003 öffentlich (freiwillig) Rechenschaft ab, indem ich als „gläserne Abgeordnete“ jedes Jahr meine Steuerbescheide als Pressemitteilungen veröffentliche – alle Angaben dazu sind seit 2003 kontinuierlich auf meiner Homepage (www.bettinahagedorn.de) nachlesbar. Erst kürzlich - pünktlich zu Weihnachten 2022 – erhielt ich meinen Steuerbescheid für 2021 und habe diesen am 23.12.2022 in einer Pressemitteilung transparent gemacht.
Seit 19 Jahren erlebe ich, wie positiv die Menschen auf diese Form der Transparenz von Einkünften und Ausgaben einer Abgeordneten reagieren, da ohnehin oft und gerne öffentlich darüber spekuliert wird. Aus meiner Sicht können Aufklärung und Offenheit in diesen Punkten einen wichtigen Beitrag gegen Politikverdrossenheit leisten und damit unsere Demokratie stärken.
Konkret zu meinem Steuerbescheid für 2021 (Zitate): Die steuerlich wirksamen Einnahmen und Ausgaben veränderten sich ab März 2018 für mich gravierend, da ich durch meine Berufung als Parlamentarische Staatssekretärin von Finanzminister Olaf Scholz seit März 2018 bis Dezember 2021 zwei Arten von Einkünften erhalten hatte: als Bundestagsabgeordnete 2021 „nur“ noch eine reduzierte Brutto-Diät von 74.586 Euro (gegenüber 112,903,56 Euro 2017) und zusätzlich ein Brutto-Einkommen als Parlamentarischen Staatssekretärin von 149.580 Euro sowie 8.536 Euro aus privater Vermietung. Im Ergebnis bedeutet dieses laut Steuerbescheid 2021: auf das Bruttoeinkommen von insgesamt 231.942 Euro habe ich 81.811 Euro Einkommenssteuern und 4.499,60 Euro Solidaritätszuschlag gezahlt und 12.621,36 Euro Beiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet – wovon allerdings 5.384,16 Euro vom Bundestag zugezahlt wurden, sodass nur 7.237,20 Euro für mich effektiv verblieben. Berücksichtigt man diese Abzüge, dann verblieben 138.394,20 Euro oder 11.532,85 Euro netto monatlich.
Seit 1. Januar 2021 hat der Bundestag den ‚Soli‘ für über 90 Prozent aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abgeschafft und das ist gut so: dadurch werden die allermeisten Beschäftigten und ihre Familien um insgesamt gut 11 Mrd. Euro steuerlich pro Jahr entlastet und haben mehr netto vom brutto. Nur die TOP-Verdiener – wie ich als Abgeordnete und Staatssekretärin – zahlen den ‚Soli‘ auch aktuell und künftig: in meinem Fall 2021 knapp 4.500 Euro im Jahr. Ich finde das fair, weil ‚breite Schultern‘ grundsätzlich mehr als ‚schmale Schultern‘ tragen sollten. CDU und FDP wollten 2021 den ‚Soli‘ für ALLE abschaffen – das hätte MIR zwar persönlich genützt, aber allen Normalverdienern NICHT und ein ‚Loch‘ von weiteren ca. 11 Mrd. Euro pro Jahr in den Steuerhaushalt gerissen. Diese 11 Mrd. Euro brauchen wir als Gesellschaft aber dringend für z.B. Schulen, Kitas, Infrastruktur oder mehr Klimaschutz. Darum finde ich es gerecht, wenn Menschen mit sehr hohem Einkommen auch spürbar mehr Steuern zahlen. Und darum bin ich sehr froh, dass der Bundesfinanzhof erst vor wenigen Tagen den Soli für die Top-Verdiener als verfassungskonform beurteilt hat.
Allerdings haben wir SPD-Abgeordnete weitere finanzielle Verpflichtungen, insbesondere zur Unterstützung der Partei. Verschiedene SPD-Gliederungen erhielten von mir 2021 Beiträge und Spenden in Höhe von 18.331,28 Euro, von denen natürlich nur die Höchstgrenze von 1.650 Euro steuerlich absetzbar waren.
In der SPD ist es üblich, dass Abgeordnete jedes Jahr – insbesondere zur Finanzierung des nächsten Wahlkampfes – monatlich größere Summen an SPD-Gliederungen spenden, woraus quasi ‚Rücklagen‘ gebildet werden. So machen wir uns als Partei im Wahlkampf von privaten Spendern gerade aus der Wirtschaft unabhängig.“ Berücksichtigt man auch diese mandatsbedingten Ausgaben, dann verblieben 2021 effektiv netto 10.005 Euro monatlich. Ich unterstütze mehr als 20 Vereine und Verbände in der Region durch meine Mitgliedschaft – 2021 habe ich darüber hinaus 3.425 Euro an gemeinnützige Organisationen gespendet.
Sehr geehrter Herr U., bezahlte Nebentätigkeiten habe ich nicht: die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Wahlkreis zu vertreten und meine Arbeit im Haushaltsausschuss- und Rechnungsprüfungsausschuss mit vollem Elan wahrzunehmen - das ist mehr als ein Fulltime-Job.
Ich hoffe, damit Ihre Frage beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bettina Hagedorn