Ist die SPD noch als soziale Partei glaubwürdig, wenn sie den Bundeszuschuss zur DRV um 2,4 Milliarden kürzt?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 18.01.2024 zur Kürzung des Bundeszuschusses im Bundeshaushalt 2024 für die Deutsche Rentenversicherung und Ihre Frage, ob dieser Schritt mit der SPD als sozialen Partei vereinbar sei. Die eindeutige Antwort lautet JA, da diese Kürzung keinerlei Konsequenzen für die Stabilität der (gesetzlich vorgeschrieben) Rentenerhöhungen, Rentenauszahlungen oder Rentenbeiträge hat und da dieser Schritt lediglich eine (gesetzlich vorgeschriebene!) Kürzung der Rücklage der Rentenversicherung als Grundlage hat. Das will ich Ihnen im Einzelnen gerne erläutern.
Die von Ihnen angesprochene Kürzung im Bundeshaushalt 2024 wird von 2024 bis 2027 in vier Schritten von jeweils 600 Mio. Euro pro Jahr analog zur seit langem bestehenden Gesetzeslage vollzogen. Dieses hat KEINE Auswirkungen auf die Rentenzahlungen in den Jahren 2024 bis 2027, die definitiv STABIL bleiben und Jahr für Jahr zum 1. Juli steigen werden! Die finanzielle Lage der Deutschen Rentenversicherung (DRV) hat sich in den letzten Jahren aufgrund der überproportional guten Tarifabschlüsse und der Erhöhung des Mindestlohns dermaßen positiv entwickelt, dass die Rücklage der Rentenversicherung sich durch den höchsten Stand sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in Deutschland prall gefüllt zeigt: stärker gefüllt als es das Gesetz – trotz fest vereinbarter Beitragsstabilität von 18,6 Prozent bis 2027 - vorsieht. Bereits im Herbst 2023 hatte das offizielle und unabhängige Experten-Gremium zur Schätzung der Nachhaltigkeit der Rentenversicherung exakt diese Prognosen gemacht und veröffentlicht.
Was ist der Hintergrund? Um unvorhersehbare Schwankungen auszugleichen, besitzt die Deutsche Rentenversicherung eine gesetzliche geregelte Nachhaltigkeitsrücklage, die weder als Minimum das 0,2-fache einer Monatsausgabe (aktuell rund 26,6 Mrd. Euro) unterschreiten darf noch als Maximum das 1,5-fache einer Monatsausgabe überschreiten soll. Dieses ist GESETZLICH geregelt! Zum Jahresende 2023 betrug die Rücklage allerdings das 1,69-fache einer Monatsausgabe – also deutlich ÜBER den gesetzlichen Vorgaben, weswegen dieser Schritt jetzt vernünftig und – vor allem – gesetzeskonform ist!
Auch in diesem Jahr unterstützen wir mit dem Bundeshaushalt 2024 die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit insgesamt 117 Mrd. Euro aus Steuermitteln – über 5 Mrd. Euro mehr im Vergleich zum Vorjahr (2022: insgesamt 108,9 Mrd. Euro; 2021: 106,7 Mrd. Euro). Im Haushalt 2024 entfallen davon allein knapp 57,18 Mrd. Euro auf den allgemeinen Bundeszuschuss und 31,42 Mrd. Euro auf den zusätzlichen Bundeszuschuss zur Rentenversicherung.
Eine angemessene und verlässliche Rente ist eine Sache des RESPEKTS vor der Lebensleistung aller Beschäftigten! Wer sein Leben lang gearbeitet hat, hat sich seinen Ruhestand redlich verdient. Drei für uns wichtige Punkte haben wir Sozialdemokraten daher im aktuellen Koalitionsvertrag festgehalten: „Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent (Definition vor der kürzlich durchgeführten Statistikrevision) dauerhaft sichern. In dieser Legislaturperiode steigt der Beitragssatz nicht über 20 Prozent. Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.“ (S.73) Mit dem Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz haben wir das Mindestsicherungsniveau von 48 Prozent gesetzlich fest verankert und einen Zuschlag für die Bezieher einer Erwerbsminderungsrente eingeführt. Auch in diesem und in den künftigen Jahren bis 2027 wird der Beitragssatz stabil bei 18,6 Prozent bleiben! Das bestätigt auch eine unabhängige Studie der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit der Universität Trier (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2023/september/halbzeitbilanz-der-ampel-regierung-koalition-setzt-trotz-streits-viele-versprechen-um).
Gleichzeitig sind die Renten im letzten Jahr erneut kräftig gestiegen (4,39 Prozent im Westen und 5,86 Prozent im Osten). womit wir die Angleichung der Renten in Ost und West ein Jahr früher erreichen konnten als ursprünglich geplant. Der Haushaltsausschuss hat am 18. Januar außerdem mit dem Bundeshaushalt 2024 beschlossen, 12 Mrd. Euro für den Kapitalstock einer Aktienrente zur Verfügung zu stellen, damit wir ein zusätzliches „Standbein“ der gesetzlichen Altersversorgung aufbauen können, das uns bei der Finanzierung helfen wird, wenn 2027 verstärkt die Baby-Boomer“ in Rente gehen werden. Besonders froh bin ich, dass wir in der letzten Legislaturperiode auf Initiative der SPD nach 10 Jahren politischen Widerstands des damaligen Koalitionspartners CDU/CSU eine Grundrente eingeführt haben. Viele Menschen – vor allem Frauen – haben zwar ihr Leben lang hart gearbeitet und waren fleißig, aber wenn sie dann in Rente gehen, haben viele trotzdem weniger oder kaum mehr im Portemonnaie als die Grundsicherung, weil die Löhne während ihres Arbeitslebens so niedrig und oft nur Teilzeitjobs zu bekommen waren. Dieser Ungerechtigkeit sind wir mit der Grundrente begegnet. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren klare Fortschritte in der Rente erzielt – sowohl für die Beitragszahlenden als auch für die Rentnerinnen und Rentner!
Sehr geehrter Herr S., die SPD ist und bleibt „sozial glaubwürdig“. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen haben wir auch in den vergangen zwei Jahren während der Regierungszeit mit Grünen und FDP einiges mit klarer SPD-Handschrift auf den Weg gebracht – nicht nur im Bereich der Rentenpolitik.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn