Frage an Bettina Hagedorn von Ullrich M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
in Ihrer Antwort vom 16.10.08 zur Finanzmarktkrise an Herrn Plate versprechen Sie, dass zu den Ursachen präventive Massnahmen gefunden werden müssen- soweit "wir einen Einfluss ausüben können".
- ist es nicht erschütternd, wenn die Volksvertreter auf die Abschaffung extremer Auswüchse des Kapitals keinen Einfluss nehmen können ?
- sind die Abgeordneten nicht mehr verpflichtet dem Wohl des ganzen Volkes zu dienen?
Mit freundlichen Grüßen
Ullrich Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie Bezug auf meine Antwort an Herrn Plate nehmen. Sie zitieren meine Aussage, die im Gesamtkontext folgendermaßen lautet: „Natürlich sind wir in der SPD uns bewusst, dass nicht nur die Folgen, sondern auch die Ursachen der Finanzkrise betrachtet und – soweit wir einen Einfluss ausüben können – präventive Maßnahmen gefunden werden müssen.“
Damit habe ich keineswegs ausgeschlossen, dass Abgeordnete Einfluss auf schädliche Veränderungen im Finanzsystem nehmen können. Tatsache ist allerdings auch, dass man realistischerweise den Einfluss nicht überbewerten sollte. Die Finanzmarktkrise ist eine globale Krise, auf die auch globale Antworten gefunden werden müssen. Nationale Regulierungsmechanismen allein, so gut sie auch sein mögen, reichen hier nicht aus. Deshalb hat eine von Peer Steinbrück geleitete Projektgruppe in den vergangenen Wochen sozialdemokratische Antworten auf die Krise entwickelt und in einem Bericht zusammengestellt (http://www.spd.de/menu/1760527/). Darin fordert die SPD unter anderem internationale Standards für den Verbot von Leerverkäufen, eine bessere internationale Zusammenarbeit von Aufsichtsbehörden sowie eine bessere Zusammenarbeit von Internationalem Währungsfonds und dem Forum für Finanzstabilität. Deutschland ist Teil des globalen Wirtschaftssystems. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen in diesem Rahmen aktiv unsere Antworten voranbringen.
Auch auf nationaler Ebene wollen wir die notwendigen Maßnahmen treffen und müssen hier Kompromisse mit unserem Koalitionspartner finden. Leider gibt es in der Union nach wie vor Abgeordnete, die das Hohelied auf den freien unregulierten Markt singen. Wir als SPD setzen dem ein klares Konzept von angemessener Regulierung entgegen. Unter anderem wollen wir die Eigenkapitalanforderungen für Banken und für Kredite an Hedgefonds steigern und individuelles Fehlverhalten deutlicher sanktionieren. Dieses Ziel treibt die SPD nicht erst seit Kurzen voran. Bereits Anfang 2005 warnte Franz Müntefering vor Hedgefods als „Heuschrecken“. Damals beschimpfte der CDU-Generalsekretär Pofalla Müntefering als „Steinzeit-Sozialisten“. Jetzt, wo die Krise da ist, sucht die Union ganz tief in ihren Archiven, um irgendeinen Beleg zu finden, dass sie in Wahrheit schon immer vor der Finanzkrise gewarnt hat - vergeblich! Die Lehre aus der Krise lautet, dass der Markt Regeln braucht. Diese Erkenntnis ist für uns Sozialdemokraten nicht neu – aber zu hoffen ist, dass durch den Sinneswandel und verspäteten Erkenntnisgewinn insbesondere eher konservativer und marktliberaler politischer Kräfte es jetzt neue Mehrheiten in den politischen Gremien für mutige Entscheidungen und strengere Regeln geben mag, als das bisher der Fall war. Jedenfalls hoffe ich das.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten tragen als Partei unseren Teil dazu bei und machen für solche Regeln konstruktive Vorschläge - auf nationaler wie auf internationaler Ebene!
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Selbstverständlich sind die Abgeordneten auch weiterhin verpflichtet, dem Wohl des ganzen Volkes zu dienen. Ich bin überzeugt davon, dass dies auch geschieht und sehe keinen Grund dieses angesichts der Herausforderungen der Finanzmarktkrise in Frage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn