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Bettina Hagedorn
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Frage von Frank M. •

Frage an Bettina Hagedorn von Frank M. bezüglich Energie

Sind sie unter nachweislich begründeten Informationen bereit, die Preisentwicklung für Kraftstoffe in der Automobilindustrie mitzutragen? Wenn Benzin auch kost 2,10 Euro ist da meine Idee.
Klar muss eine endbare Ressurse teurer werden.
Das muss in alle Köpfe und verinnerlicht werden. Wir müssen uns von der Vorstellung, dass wir so weiter machen können wie vor 25 Jahren, lösen. Veränderungen tuen weh. Aber nicht der Umwelt. Nicht dem Planeten Erde. Bitte Klimaschutz sofort und für veflixt alle. Wirklich alle und jeden. OHNE AUSNAHME VON DER Ausnahme.
Moin und Grüße
aus Stormarn
Frank Meyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 3. Juni 2021 hinsichtlich der aktuellen Diskussion um den Benzinpreis. Sie schlagen vor, zum Schutz des Klimas den Benzinpreis auf 2,10 Euro pro Liter zu erhöhen – auch wenn Sie nicht erläutern, wie Sie diese konkrete Zahl begründen. Sie meinen, die für den Klimaschutz erforderlichen Maßnahmen und Veränderungen müssten „weh tun“ und „sofort und für verflixt alle“ gelten. Das sehe ich ausdrücklich differenzierter.

Ich stimme Ihnen zwar ausdrücklich zu, dass es angesichts der jetzt schon dramatischen Konsequenzen des Klimawandels mehr als höchste Zeit ist, schnell, spürbar und effektiv zu handeln. Dass der Klimaschutz eine der zentralen Herausforderungen für Deutschland, für Europa und weltweit ist, habe ich in meinem politischen Leben allerdings bereits in den 90er Jahren (in der Kommunalpolitik z.B. als ehrenamtliche Bürgermeisterin) vertreten und zu meinem persönlichen Schwerpunkt („Global denken – lokal handeln!“) – auch in Verantwortung für die Zukunft meiner eigenen drei Kinder und inzwischen vier Enkelkinder – gemacht. Seitdem wurden leider mehr als zwei Jahrzehnte Zeit im politischen Kampf gegen den Klimawandel „vertrödelt“, wobei es nie ein Erkenntnisdefizit gab, sondern stets nur ein Handlungsdefizit. Nicht erst seit dem weltweiten Pariser Klimaschutzabkommen vom Dezember 2015 ist klar: Beim Stopp des CO2-Anstiegs und beim Einhalten des 1,5-Grad-Ziels geht es schon längst nicht mehr um das OB, sondern um das WIE und die Durchsetzung von politisch glaubwürdigen, ehrgeizigen und überprüfbaren CO2-Reduktionsschritten, die vor allem in den Schlüssel-Ministerien wie Verkehr, Landwirtschaft, Bau – und natürlich auch Umwelt – zu teils drastischen Kurskorrekturen führen müssen. Wie schwierig diese energische und unpopuläre „Kurskorrektur“ in einer Regierung umzusetzen ist, hat sich in der Bundesregierung 2019 bei dem von Umweltministerin Svenja Schulze gegen massiven Widerstand aus den CDU/CSU-Ressorts durchgesetztem Klimaschutzgesetz gezeigt. Es war zwar Ende 2019 ein Erfolg, dass der Bundestag überhaupt dieses Klimaschutzgesetz verabschiedet hat, aber im Vorwege mussten dafür in der GroKo viele – teils „faule“ – Kompromisse geschlossen werden.

Insofern hat mich – und uns Abgeordnete in der SPD-Bundestagsfraktion insgesamt – auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 2021 gefreut, das dieses „alte“ Klimaschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt und zu Nachbesserungen aufgefordert hat. Für uns Sozialdemokraten ist dieses Urteil „Rückenwind“, den wir sofort mit unserer Umweltministerin Svenja Schulze genutzt haben, um binnen einer Woche einen neuen, schärferen Entwurf vorzulegen, der quasi schon „in der Schublade“ lag und so im Herbst 2019 noch von der Union blockiert worden war. Das Bundeskabinett hat auf ihren Vorschlag bereits am 12. Mai – nur 2 Wochen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes – das neue, verschärfte Klimaschutzgesetz verabschiedet, das bereits am 10. Juni in 1. Lesung ins parlamentarische Verfahren startete und in der letzten Sitzungswoche des Bundestages am 24. Juni in 2./3. Lesung im Bundestag verabschiedet wird, damit es noch VOR der Bundestagswahl (!) in Kraft treten kann.

Was ist das Ziel? Deutschland soll damit bis 2045 klimaneutral werden. Das Gesetz sieht auf dem Weg zur Klimaneutralität zwei Stufen vor: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 65 Prozent reduziert werden. Bis 2040 müssen sie bereits um 88 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr zurückgegangen sein. Außerdem werden wir auf Vorschlag von Olaf Scholz in der Bundesregierung noch im Sommer ein „Klimaschutz Sofortprogramm 2022“ beschließen, das 8 Mrd. Euro zusätzlich an Fördermitteln für den engagierteren Umstieg in klimaneutrale Technologien bereitstellen wird. Das Programm soll zudem eine Brücke in die nächste Wahlperiode schlagen. Und es ist eine logische Ergänzung zu den in dieser Legislaturperiode bereits beschlossenen Maßnahmen: Klimaschutzprogramm 2030, Regelungen zum Kohleausstieg und solidarische Stärkung der (ehemaligen) Kohleregionen und Konjunkturprogramm. Die Schwerpunkte liegen auf den Bereichen, in denen die Herausforderungen am größten sind: Industrie, Gebäude und Verkehr.

Sie sehen: Für einen sozialverträglichen Klimaschutz ist ein ganzheitliches Vorgehen notwendig. Es ist einfach nicht damit getan, von „jetzt auf gleich“ Kraftstoffpreise anzuheben, die „unterm Strich“ eher Frust als Akzeptanz auslösen. Daher werbe ich weiterhin für konsequente Investitionen in nachhaltige Mobilität, die eine sinnvolle und vor allem auch bezahlbare Alternative zu fossilen Kraftstoffen darstellt!

Denn Fakt ist: Die Benzinpreise werden langfristig bis einschließlich 2026 schon über die CO2-Bepreisung um insgesamt 16,5 Cent im Vergleich zu heute steigen. Der kontinuierlich und verlässlich ansteigende Preis setzt dabei Anreize für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, in den kommenden Jahren auf klimafreundlichere Lösungen umzusteigen – und das sozial deutlich verträglicher. Denn: Eine zu starke Erhöhung des Preises hätte zur Folge, dass das Autofahren für viele Menschen kaum mehr bezahlbar wäre. Das kann nicht unser Ziel sein beim Klimaschutz, den wir konsequent aber eben auch sozialverträglich gestalten müssen!

Fakt ist: Teil des 2019 beschlossenen Klimaschutzplans ist ein nationaler Preis für das Treibhausgas CO2. Seit dem 1. Januar 2021 wird für jede Tonne CO2 im Bereich Wärme für Gebäude (Heizöl, Erdgas) und Verkehr (Benzin, Diesel) ein CO2-Preis fällig. Er beträgt derzeit 25 Euro pro Tonne. Damit haben sich Heizöl und Diesel um knapp 8 Cent, Benzin um 7 Cent pro Liter und Erdgas um 0,6 Cent pro Kilowattstunde verteuert. Der Preis steigt in den nächsten Jahren in Stufen an. 2025 wird er 55 Euro je Tonne CO2 betragen und soll ab 2026 über Auktionen festgelegt werden, zunächst in einem Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro pro Tonne. Der Zweck des Preises ist es, Anreize zu setzen: Statt klimaschädliche Brennstoffe zu verwenden sollen klimafreundlichere Alternativen verstärkt genutzt werden. Was gut ist fürs Klima, soll günstiger werden – was schlecht ist, teurer. Der kontinuierlich und verlässlich ansteigende Preis setzt Anreize für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, in den kommenden Jahren auf klimafreundlichere Lösungen umzusteigen.

Doch wenn umgesteuert und gelenkt werden soll, muss es Alternativen geben: Wer normal verdient und beruflich und privat mobil sein muss, wo kein öffentlicher Nahverkehr ist, hat sie derzeit häufig noch nicht. Denn ein Elektroauto ist trotz Förderung teuer. Normalverdiener kaufen gewöhnlich Gebrauchtwagen, die es in der Elektrovariante aber noch kaum gibt. Und der Ausbau von U- und S-Bahnen dauert sehr lange. Wer in einer wenig gedämmten Mietwohnung mit Ölheizung wohnt, hat keine Alternative, vor allem nicht kurzfristig. Denn hier kann nur der Vermieter für die Dämmung sorgen und die Heizung austauschen. Den höheren CO2-Preis muss aber die Mieterin zahlen. Darum wollen wir, dass der Vermieter den zusätzlichen CO2-Preis übernimmt. Dass sich CDU/CSU bislang selbst einer hälftigen Teilung verweigern, zeigt, wie aus einem sinnvollen Instrument eine reine Mehrbelastung ohne echten Lenkungseffekt werden kann. Mieterinnen und Mieter können in der Regel nur weniger heizen, aber keine klimafreundliche Heizung einbauen.
Aus meiner Sicht ist der CO2-Preis ein wichtiges Instrument, aber eben nur eines unter mehreren. Der Preispfad, der im Konsens zwischen den verschiedenen Parteien inklusive Bündnis 90/Die Grünen Ende 2019 vereinbart wurde, sorgt dafür, dass alle beim Umstieg mitmachen können und eben gerade nicht kurzfristig finanziell überfordert werden. Außerdem gibt ein verlässlicher Preispfad Planungssicherheit beim Investieren im privaten und im gewerblichen Bereich. Die Aufkündigung des 2019 beschlossenen Pfades sowie sonstiger getroffener Entscheidungen oder ein Wettbewerb um immer neue Preise bewirkt aber genau das Gegenteil: So wollen die Grünen und Teile der CDU von dem gemeinsam vereinbarten Preispfad abweichen und schon ab 2023 einen CO2-Preis von 60 Euro pro Tonne. Die Rede ist zugleich von einem Energiegeld pro Kopf von 75 Euro, wobei ungeklärt ist, wie dieses finanziert werden soll und ob dann noch hinreichend Mittel zum Beispiel für die Abschaffung der bestehenden Umlage für erneuerbare Energien zur Verfügung stehen würden. Zunächst einmal würde Benzin schon 2023 um zusätzliche 7 Cent pro Liter im Vergleich zum beschlossenen Preispfad teurer.

Derartige Maßnahmen dürfen dabei aus meiner Sicht nicht durchgesetzt werden BEVOR es saubere und sozialverträgliche Alternativen in der Mobilität gibt. Daher fördern wir die Elektromobilität sowie entsprechende Ladeinfrastruktur, binden Großstädte ans Fernbahnnetz an und stärken den ÖPNV im ländlichen Raum. Denn erst mit bezahlbaren Alternativen haben die Menschen auch die Möglichkeit richtig umzusteigen. Daher möchte ich Ihnen auch in dem Punkt widersprechen, dass Veränderungen wehtun müssten. Denn für mich als überzeugte Sozialdemokratin ist klar: Klimaschutz darf NICHT dazu führen, dass ihn sich nur bestimmte Gruppen leisten können! Gerade Gering- und Normalverdiener und vor allem der ländliche Raum, wo viele Menschen auf ihr Auto angewiesen sind, dürfen hier nicht abgehängt werden!

Dazu gilt es, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Aktuell geschieht dies über Zuschüsse zur Umlage auf die Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage), die Erhöhung des Wohngeldes und die Fernpendlerpauschale. Zudem haben wir die Mehrwertsteuer für Bahntickets gesenkt.

In unserem Wahlprogramm sehen wir vor, die EEG-Umlage bis 2025 abzuschaffen. Das kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute, da jede und jeder Strom verbraucht und die Umlage von allen gezahlt wird. Diese Umlage ist bisher ein Aufschlag auf jede Stromrechnung und beträgt für ganz Deutschland inzwischen über 24 Milliarden Euro bzw. 6,5 Cent pro Kilowattstunde; für eine dreiköpfige Familie sind das ca. 230 Euro im Jahr. Wenn wir die Umlage abschaffen, hilft das, den Kampf gegen den Klimawandel sozial verträglich auszugestalten. So wird Strom günstiger – auch für kleine und mittelständische Unternehmen, die häufig im Wettbewerb mit Unternehmen aus anderen Ländern stehen, in denen die Energiekosten geringer sind. Strom aus immer mehr erneuerbaren Quellen kann sich, wenn er günstiger wird, immer besser gegen fossile Energien durchsetzen. Die Abschaffung der EEG-Umlage unterstützt somit den Umstieg auf klimafreundliche Technologien wie die Elektromobilität oder Wärmepumpen. Deshalb liegt unsere klare Priorität auf der zügigen Abschaffung der EEG-Umlage und einer Senkung der Stromkosten. Auch ein kluger Pfad der Reduzierung von (steuerlichen) nicht klimafreundlichen Subventionen kann ein wichtiges Preissignal sein.

Darüber hinaus möchte ich auch noch mal betonen, dass die Bundesregierung 2021 so viel wie noch nie in den Klimaschutz investiert hat. Es ist durchaus so, dass wir hier sehr mutige Schritte gehen!

Konkret bedeutet das eine deutliche Erhöhung des Etats für den Energie- und Klimafonds auf insgesamt knapp 27 Milliarden Euro und eine Verdreifachung (!) im Vergleich zum vorhergehenden Jahr! Das zeigt, wie ernst die Bundesregierung den Klimaschutz nimmt!

Und nicht nur auf Bundesebene haben wir wichtige Mittel für den Klimaschutz mobilisiert. Auch im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) wird die Europäische Union (EU) in den kommenden sieben Jahren so viel wie noch nie in den Klimaschutz investieren. Im Zuge des MFRs sind das in den kommenden Jahren knapp 356 Milliarden Euro – weit mehr als vorher. Dazu kommt noch der Aufbaufonds „Next Generation EU“, der nicht nur die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie bekämpfen soll, sondern auch zu 37 Prozent gezielt in den Klimaschutz fließen soll.

Ich hoffe, dass Sie einige wichtige Informationen aus meinem Schreiben entnehmen können und bedanke mich noch einmal für Ihre Anfrage.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

 

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