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Bettina Hagedorn
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Frage von Jan Henrik W. •

Frage an Bettina Hagedorn von Jan Henrik W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hagedorn,
ich danke Ihnen für die Bereitschaft, auf dieser Seite Stellung zu nehmen. Ich habe einige Fragen, die sich auf das beschlossene Gesetz zur Einführung sog. Internet-Sperren beziehen.

1. Die Frage, warum Verbrechen einfach hinter "Stoppschildern" versteckt werden sollen, würden Sie wohl mit dem Prinzip "Löschen statt Sperren" beantworten, daher spare ich sie mir. Nun heißt es aber, eine Internetseite lande auch dann auf der Sperrliste, wenn eine Löschung "nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend" ist. Was bedeutet "in angemessener Zeit erfolgversprechend", wer nimmt diese Beurteilung vor?
2. Wird, wenn ein Fall als "nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend" eingestuft worden ist, trotzdem versucht, die Urheber der illegalen Inhalte zu belangen oder bleibt es dann bei dem Verstecken hinter dem Stoppschild?
3. Über die Liste vom BKA werden Ermittler, ich zitiere Thomas Knüwer im Handelsblatt, "ganz ohne Richterspruch entscheiden, was ungesetzlich ist und was nicht." - sehen Sie hier ebenfalls ein Aushebeln der Gewaltenteilung? Würde das Gesetz somit überhaupt einer Prüfung des Bundesverfassungsgerichts standhalten?
4. Bei vielen Menschen, denen der Rechtsstaat am Herzen liegt, besteht der Verdacht,die Bekämpfung von Kinderpornografie sei in dieser Form nicht wirksam und nur vorgeschoben, um langfristig eine "Zensur-Infrastruktur" zu erschaffen. Können Sie diesen Verdacht hinreichend widerlegen?
5. Man hört von Koalitionären gelegentlich die Aussage, das Internet dürfe "kein rechtsfreier Raum" sein. Finden Sie, dass das Internet derzeit ein rechtsfreier Raum ist bzw. können Sie mir erklären, wie einige Damen und Herren Volksvertreter darauf kommen?
6. Hatten Sie Kenntnis von der Initiative "Missbrauchsopfer gegen Internetsperren" sowie von der E-Petition "Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten"? Wenn ja, warum haben Sie dennoch für das Gesetz gestimmt?

In geduldiger Erwartung Ihrer Antwort freundlich grüßend
Jan Wulf

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Wulf,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen.

Die angesprochene Initiative und die E-Petition sind nicht die einzigen Informationsquellen, die zu meiner Entscheidung für das Gesetz geführt haben. In den vergangenen Jahren haben wir bereits das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornografie lückenlos unter Strafe gestellt. Das Internet ist in dieser Zeit zu einem Medium geworden, durch das Inhalte anonym, schnell und ohne soziale Kontrolle verbreitet werden können. Aus diesem Grund ist für mich die Bekämpfung der Kinderpornografie auch im Internet ein wichtiges Thema, und das Gesetz leistet einen guten Beitrag dazu. Das möchte ich Ihnen im Folgenden gerne näher erläutern.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, rechtswidriges Verhalten ist dort ebenso strafbar und wird zivilrechtlich verfolgt. Daher mussten bereits vor dem Gesetz Kinderpornografie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, heruntergenommen werden. Dies ist im Ausland nicht möglich, und nur deshalb stellte sich überhaupt die Frage nach einer Zugangssperre von ausschließlich derartigen Angeboten.

Sie sprechen von einer Zensur-Infrastruktur. Etwas Derartiges wird es nicht geben, da das ausschließliche Ziel des Gesetzes die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten ist. Eine Ausweitung auf andere Inhalte ist ausgeschlossen und wird durch die Überführung aus dem Telemediengesetz in eine spezialgesetzliche Regelung sichergestellt.

Die Kritik an der alleinigen Entscheidungshoheit des BKA bei der Sperrung von Internetseiten haben wir angenommen und das Gesetz entsprechend überarbeitet. Es wurde ein unabhängiges Expertengremium beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit geschaffen. Die Mitglieder dieses Gremiums müssen ein Richteramt ausüben dürfen und können die Sperrlisten des BKA jederzeit einsehen und überprüfen. Zudem findet alle vier Monate eine Stichprobenprüfung der Sperrliste statt, bei der das Gremium durch Mehrheitsentschluss den entsprechenden Eintrag streichen lassen kann. Das Expertengremium beurteilt ebenfalls, ob eine Maßnahme in angemessener Zeit erfolgversprechend ist. Wie bereits gesagt, können Kinderpornografie-Seiten auf deutschen Servern bereits heute gesperrt werden. „In angemessener Zeit erfolgversprechend“ ist daher in Hinsicht auf ausländische Kinderpornografie-Seiten zu sehen. Besonders bei Betreibern von Kinderpornografie-Seiten, die sich auf Servern im EU-Ausland befinden, hat Deutschland keine rechtliche Handhabe, sondern muss mit den Behörden des entsprechenden Landes zusammenarbeiten und auf ein Verbot hinwirken. Dies kann viel Zeit in Anspruch nehmen und ist nicht immer von Erfolg gekrönt, auch da die Anbieter der Seiten ihre Domains und damit Server schnell wechseln können und somit schwer zu fassen sind. Die Sperrung einer Seite wirkt hingegen sofort. Aus meiner Sicht ist das Expertengremium eine gute Antwort auf die Kritik im Allgemeinen und auf Ihre Frage nach mangelnder Gewaltenteilung.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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