Frage an Bernd Westphal von Karl-Heinz H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehter Herr Westphal,
wie ist Ihre Einstellung zum Thema TTIP und zur Frackingproblematik?
MfG
K-H Hübner
Sehr geehrter Herr Hübner,
vielen Dank für Frage.
Sie sprechen mit Fracking und TTIP zwei sehr wichtige Themen an.
Zum Thema Fracking:
Innerhalb der Bundesregierung haben sich das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf mehrere Referentenentwürfe zur Regulierung von Fracking verständigt. Derzeit erhalten die thematisch betroffenen Verbände und Organisationen Gelegenheit, umfassend zu den Entwürfen der Bundesregierung Stellung zu nehmen. Es ist durchaus möglich, dass sich an den vorliegenden Texten noch Änderungen ergeben, bevor voraussichtlich im März die Entwürfe im Bundeskabinett beschlossen werden.
Erst mit der Zuleitung der Gesetzentwürfe an den Deutschen Bundestag sind die Bundestagsabgeordneten offiziell zuständig und werden dann die endgültigen Vorlagen im parlamentarischen Verfahren sehr gründlich prüfen und beraten. Darüber hinaus beschäftigen wir uns natürlich auch bereits im Vorfeld sehr intensiv mit dem Thema.
Die jetzt geplanten Gesetzesinitiativen zielen darauf ab, bestehende Regelungen im Berg- und Wasserrecht zu konkretisieren und zu verschärfen.
Fracking zur Gewinnung von Erdgas in Schiefer- und Kohleflözgestein oberhalb von 3.000 Metern soll verboten werden. Ausschließlich wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen zur Untersuchung der Auswirkungen auf die Umwelt sollen unter strengen Auflagen möglich sein. Die dabei verwendeten Frackflüssigkeiten dürfen nicht wassergefährdend sein.
Die Entwürfe sehen vor, ab 2018 das kommerzielle Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein nur dann genehmigen zu können, wenn eine unabhängige Expertenkommission die grundsätzliche Unbedenklichkeit der beantragten Technologie in einer bestimmten geologischen Formation attestiert hat. Die tatsächliche Genehmigung bleibt in der Verantwortung der zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder, die durch das Votum der Expertenkommission nicht gebunden ist. Das heißt, auch wenn die Kommission die Unbedenklichkeit attestiert hat, können die Länder ein Verbot aussprechen.
Das bereits heute praktizierte, so genannte "konventionelle" Fracking zur Gasförderung u. a. in Sandgesteinen soll zwar weiterhin durchführbar sein. Die hier bereits bestehenden Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt, beispielsweise der Umgang mit Lagerstättenwasser, sollen jedoch deutlich verschärft werden. Für alle Frackingvorhaben werden Umweltverträglichkeitsprüfungen verbindlich vorgeschrieben. Damit wird die Transparenz und Beteiligung im Genehmigungsverfahren deutlich verbessert. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist damit zwingend durchzuführen.
Darüber hinaus sind Regelungen zur Vorsorge vor Erdbeben und zur Vermeidung von Methanemissionen vorgesehen. Die Beweislast für mögliche Bergschäden, die von Fracking-Maßnahmen bzw. Tiefbohrungen stammen, soll den Unternehmen aufgelegt werden. Zudem werden Sie erstmals verpflichtet, die von ihnen beim Fracking verwendeten Substanzen offenzulegen.
In Wasserschutzgebieten, Heilschutzquellen, Einzugsgebieten von Talsperren und Seen, die unmittelbar zur Trinkwassergewinnung dienen, wird Fracking untersagt. In den genannten Schutzgebieten wird auch die untertägige Einbringung von Lagerstättenwasser verboten.
Die Regelungen für den Umgang mit Lagerstättenwasser werden insgesamt deutlich verschärft. An die Entsorgung von Rückflüssen werden hohe Anforderungen gestellt. Auch bei der Entsorgung von Lagerstättenwasser wird eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung und damit eine zwingende Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt.
Für Naturschutzgebiete und Nationalparke soll ein Verbot gelten, welches für die Errichtung von Anlagen zum Fracking bzw. zur Ablagerung von Flüssigkeiten gelten soll, um den Schutz dieser besonders empfindlichen Gebiete sicherzustellen. In Natura 2000-Gebieten werden sowohl das Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein als auch die untertägige Einbringung von Lagerstättenwasser von solchen Fracking-Maßnahmen verboten werden.
Fracking ist umstritten. Viele Bürgerinnen und Bürger teilen uns ihre Sorgen und Ängste mit. Diese nehme ich, genauso wie alle meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion, sehr ernst.
Deshalb werden wir uns für eine Lösung einsetzen, die einen breiten gesellschaftlichen Konsens ermöglicht. Es ist klar, dass wir mit dem potentiellen Einsatz der Fracking-Technologie in Deutschland weder unsere Energieversorgung sichern noch unsere Klimaschutzziele erreichen werden. Gleichwohl wird Erdgas auch in Zukunft einen wichtigen Teil unserer Versorgung ausmachen. Vor diesem Hintergrund wollen wir die Chance eröffnen, dass innovative Technologien, die verantwortbar sind und höchste Umweltstandards erfüllen müssen, auch genutzt werden. Mit den geplanten Regelungen wird eine Technologie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht generell verboten.
Wir sollten auch die ökologischen Folgen der Erdgasförderung in anderen Ländern in die Ökobilanz von Fracking in Deutschland einbeziehen. Das in Deutschland betriebene Fracking ist nicht vergleichbar mit dem Fracking, wie es in den USA gehandhabt wird - und wird es auch nicht geben. Fracking-Maßnahmen in Sandstein werden seit den 1960er Jahren in Deutschland durchgeführt und dürfen bereits nach geltendem Recht keine Gefahr für das Trinkwasser und die Gesundheit der Menschen darstellen.
In den parlamentarischen Beratungen wird die SPD-Bundestagsfraktion darauf achten, dass der Schutz der Umwelt, der Gesundheit sowie des Schutzgutes Trinkwasser absoluten Vorrang erhalten.
Zum Thema TTIP:
Grundsätzlich sind internationale Handelsabkommen für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und die davon abhängenden Arbeitsplätze von großer Bedeutung. Bislang gibt es kein Handelsabkommen mit den USA. Aufgrund der Bedeutung des großen US-amerikanischen Marktes für unsere Hersteller von Industriegütern, landwirtschaftlichen Produkten und unsere Dienstleistungsunternehmen unterstützen wir die Europäische Kommission in dem Versuch, ein transatlantisches Freihandelsabkommen mit den USA auszuhandeln.
Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich unter bestimmten Bedingungen für ein Handelsabkommen mit den USA aus. Die Weltwirtschaft braucht verlässliche Regeln. Wir wollen globale Standards für einen fairen und nachhaltigen Welthandel setzen und den Abbau von tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnissen im gegenseitigen Interesse voran bringen. Denn viele technische Standards in den USA und der EU unterscheiden sich, obwohl sie einen ähnlichen Zweck dienen, z.B. im Automobilbau. Wir erwarten deutliche Kostensenkungen durch die gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren, die das gleiche Ziel verfolgen. Es geht dabei nicht um die Absenkung von Standards, sondern um eine Vereinfachung des Exports, wovon gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren.
Wir wollen eine Einigung - aber nicht um jeden Preis. Rote Linien dürfen nicht überschritten werden. Die Arbeitnehmerrechte und Arbeitsstandards, das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie dürfen nicht in Frage gestellt werden. Dies heißt: Nationale Gesetze oder Vorschriften eines EU-Mitgliedsstaates für Beschäftigung oder soziale Sicherungsmaßnahmen, die Vorschriften über Lohnverhandlungen, das Streikrecht, Mindestlöhne und Tarifverträge bleiben unberührt. Schmutzigen Wettbewerb durch Lohndumping lassen wir nicht zu. Es soll ein Mechanismus zur wirksamen Anwendung der ILO-Kernarbeitsnormen in einem eigenen Kapitel geschaffen werden. Bestimmungen zur Unterstützung international anerkannter Standards zur verantwortlichen Unternehmensführung (CSR-Standards) dürfen ebenso nicht fehlen.
Auch die Daseinsvorsorge darf nicht gefährdet werden. Das hohe Schutzniveau für grundlegende Dienstleistungen in Bezug auf Wasser, Gesundheit oder Bildung wird nicht angetastet.
Wenn unterschiedliche Schutzniveaus existieren, dürfen diese durch das Abkommen nicht nivelliert werden. Dies betrifft zum Beispiel den Umwelt- und Verbraucherschutz oder auch den Datenschutz. Das Abkommen soll durch hohe Standards für Verbraucherschutz, Nachhaltigkeit und die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen Maßstäbe auch für andere Handelsabkommen setzen.
Die Hauptkritik bei TTIP richtet sich gegen mögliche Regelungen zum Thema Investitionsschutz. Deutschland hat mit über 130 Staaten Investitionsförderungs- und -schutzverträge abgeschlossen. Bei den Partnern handelt es sich größtenteils um Schwellen- und Entwicklungsländer mit zumeist unsicherer Rechtslage. Deshalb bedarf es einen Rechtsschutz insbesondere für deutsche Unternehmen, um sie vor Enteignung oder willkürlicher Ungleichbehandlung zu bewahren. Grundsätzlich ist zunächst also nichts gegen ein solches Abkommen einzuwenden. Da sowohl Deutschland als auch die USA über ein funktionierendes Rechtssystem verfügen, halten wir einen Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren in diesem Abkommen deshalb für nicht notwendig.
Vor einigen Tagen hat die EU-Kommission die Ergebnisse ihrer europaweiten Konsultation der Öffentlichkeit zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren veröffentlicht.
Im Oktober 2014 wurde das Verhandlungsmandat zu TTIP veröffentlicht. Anfang Januar 2015 folgten weitere wichtige Texte. Vor einigen Tagen hat die EU-Kommission die Ergebnisse ihrer europaweiten Konsultation der Öffentlichkeit zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren veröffentlicht. Die Verhandlungen stehen also derzeit noch ganz am Anfang und werden uns die nächsten 2 bis 4 Jahre begleiten.
Ich denke, ein Abkommen zwischen der EU und den USA kann einen positiven Beitrag zum nachhaltigen Wachstum und für die Beschäftigung in Europa leisten. Es kommt allerdings auf den Inhalt an.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Bundesminister für Wirtschaft und Energie haben gemeinsam Ziele und Anforderungen an die Verhandlungen zu TTIP formuliert, die auch für das europäisch-kanadische Abkommen CETA gelten. Dies wurde von einem Parteikonvent der SPD aufgegriffen und beschlossen.
In den anstehenden Verhandlungen wird sich die SPD für die Durchsetzung der beschlossenen Ziele einsetzen und auch gegenüber unseren europäischen Partnern dafür werben. Dies tun auch unsere Abgeordneten im Europäischen Parlament im Rahmen der dortigen Verhandlungen.
Sehr geehrter Herr Hübner, TTIP soll den Bürgerinnen und Bürgern nutzen und nicht schaden. Dadurch, dass das bisherige Verfahren lange Zeit sehr intransparent und für uns alle nicht nachvollziehbar verlaufen ist, sind sehr viele Missverständnisse entstanden. Ich kann die Sorgen und Ängste, die an mich herangetragen werden, sehr gut nachvollziehen. Deshalb ist ein offener, transparenter Dialog, der sowohl die Risiken aber auch die Chancen, die ein solches Handelsabkommen mit sich bringt, umso wichtiger. Nur so können auch die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Ein Abkommen, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger nicht berücksichtigt, darf und wird es nicht geben.
Falls Sie weiteren Gesprächsbedarf auch zu anderen Themen haben, können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden. Gerne stehe ich Ihnen auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Einen Gesprächstermin in meiner Bürgersprechstunde können Sie mit meinen Bürgerbüros in Hildesheim oder Alfeld vereinbaren.
Direkt erreichen können Sie mich unter folgenden Kontaktdaten:
Berlin
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: 030 / 227 79115, Fax: 030 / 227 76117
E-Mail: bernd.westphal@bundestag.de
Bürgerbüro Hildesheim
Osterstraße 39A, 31134 Hildesheim
Telefon: 05121 / 40 85 340, Fax: 05121 / 40 85 341
E-Mail: bernd.westphal.ma03@bundestag.de
Bürgerbüro Alfeld
Kalandstr. 5, 31061 Alfeld
Telefon 05181 - 3131
Fax 05181 - 25623
E-Mail: bernd.westphal.ma04@bundestag.de
Mit besten Grüßen
Bernd Westphal, MdB