Bernd Rützel
Bernd Rützel
SPD
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Frage von Rolf M. •

Frage an Bernd Rützel von Rolf M.

Sehr geehrter Herr Rützel,

wenn ich es richtig sehe, dann haben Sie für das Verhandlungsmandat für weitere Griechenland-Hilfen mit JA gestimmt, wohingegen ihr CSU-Kollege aus Ihrem Wahlkreis mit NEIN gestimmt hat, was meiner eigenen Meinung wesentlich näherkommt, obwohl ich nie Im Leben CSU gewählt habe. Kann es sein, dass Sie hier unter erheblichem Fraktionszwang der SPD standen und stehen? - Der Schlingerkurs von Sigmar Gabriel in dieser Frage trägt ja auch nicht gerade dazu bei, das Profil der SPD zu schärfen.
Es ist doch für jeden einigermaßen gebildeten Menschen ersichtlich, dass man sich hier wieder einmal nur Zeit gekauft hat, um weiterwurschteln zu können wie bisher. Wie bitte soll Griechenland jemals aus der Krise kommen, wenn selbst Tsipras öffentlich sagt, dass er nicht hinter diesen sogenannten Reformen steht? - Mehrwertsteuer rauf, ansonsten "sparen", und alles wird gut?
Das glaubt doch kein Mensch mehr! Ich vermisse (und das nicht nur in dieser Frage) ein klares Konzept der SPD. - Vielen Dank im voraus für Ihre Antwort.

Bernd Rützel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

Ihre Bedenken hinsichtlich eines weiteren Hilfspakets für Griechenland kann ich gut nachvollziehen. Dennoch bin ich erleichtert, dass es gelungen ist, einen Kompromiss mit Griechenland zu erzielen und die griechische Regierung zu einem Nachweis ihrer Reformwilligkeit zu bewegen. Es darf keinen Verbleib Griechenlands im Euroraum um jeden Preis geben - aber es muss uns auch stets bewusst sein, dass der Schaden, der durch einen Ausstieg Griechenlands entstünde, enorm wäre.

Nachdem das griechische Parlament dem Reformpaket – und damit den Bedingungen der Euro-Gruppe für weitere Gespräche - mit großer Mehrheit zugestimmt hat, habe ich der Bundesregierung meine Stimme für ein Verhandlungsmandat geben. Die Bundesregierung erhält damit die parlamentarische Legitimation für weitere Verhandlungen über die näheren Details eines ESM-Hilfsprogramms. Das Verhandlungsergebnis bedarf dann der erneuten Zustimmung des Deutschen Bundestages.

Erste Reformmaßnahmen wurden in Griechenland bereits beschlossen. Dazu gehören die Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems und erste Rentenreformen. Weitere Maßnahmen müssen unbedingt folgen. Wichtig ist außerdem, dass die griechische Regierung alles daran setzt, verlorenes Vertrauen wiederaufzubauen.

Ich bin überzeugt, dass ein Programm zur Rettung Griechenlands funktionieren kann. Den Beleg, dass wirtschaftliche Anpassungsprogramme funktionieren, liefern nicht nur andere „Programmländer“ wie Irland, Portugal und Spanien, sondern in Ansätzen auch Griechenland selbst. Denn trotz aller Probleme, die es bisher bei der Umsetzung von Reformen gab, war 2014 in Griechenland eine positive Entwicklung erkennbar: Es gab erstmals wieder ein gewisses Wirtschaftswachstum, der griechische Staat konnte mit den laufenden Einnahmen zwar seine Schulden noch nicht zurückzahlen, aber immerhin schon wieder seine laufenden Ausgaben bestreiten. Es kam dann aber in den letzten zwölf Monaten zu einer Lockerung der Reformmaßnahmen, die zu einer Verschlechterung der Wirtschaftslage in Griechenland geführt hat. Jetzt muss dringend an die vorherige positive Entwicklung angeknüpft werden.

Deutschland ist das wirtschaftlich stärkste Land in Europa. Gerade deswegen hätten wir bei einem Grexit und dessen Folgen am Meisten zu verlieren. Kein anderes Land profitiert so von der europäischen Einigung, vom Binnenmarkt und vom Euro wie wir. Hinzu kommt, dass eine Bewältigung der Krisen unserer Zeit nur möglich ist, wenn Europa geschlossen und gemeinsam agiert. Das gilt für die Situation in der Ukraine genauso wie für die Flüchtlingskrise, aber auch für globale Themen wie den Klimawandel. Ein Auseinanderbrechen Europas hätte schwerwiegende Folgen und muss deswegen vermieden werden.

Mir ist bewusst, dass weitere Hilfen für Griechenland auch auf Kosten des deutschen Steuerzahlers gehen werden. Die Zustimmung war deshalb für mich keine leichte Entscheidung. Ich denke aber auch an die Menschen in Griechenland – nicht nur an die Regierung oder die Reichen und Mächtigen in diesem Land. Wir sind Europäer und das beinhaltet für mich die Bereitschaft solidarisch füreinander einzustehen. Wenn die griechische Regierung durch die Zuspitzung der letzten Wochen endlich die Ernsthaftigkeit der Situation begriffen hat, dann bin ich weiter zur Solidarität mit den griechischen Bürgerinnen und Bürgern in der Europäischen Union bereit.

Übrigens ist das Meinungsbild in der CSU keineswegs einheitlich. Von den fünf unterfränkischen CSU-Abgeordneten haben nur zwei, Alexander Hoffmann und Paul Lehrieder, am vergangenen Freitag mit Nein gestimmt, Dorothe Bär, Andrea Lindholz und Anja Weisgerber haben dem Verhandlungsmandat zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Rützel

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