Was für Maßnahmen werden ergriffen, um Armut angesichts der wirtschaftlichen Lage zu bekämpfen und um Bürgerinnen und Bürgern finanzielle Sicherheit zu ermöglichen?
Die Erhöhung des Mindestlohn auf 12€ bietet inzwischen kaum noch Potenzial, Armut zu bekämpfen und wird sich angesichts der ständig steigenden Lebenserhaltungskosten (Lebensmittel, Drogerieartikel, Sprit, Mieten und Immobilienkäufe, Energie,...) (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2550/umfrage/entwicklung-des-verbraucherpreisindex/) quasi auflösen. Man kann nicht davon ausgehen, dass dadurch tatsächlich die Zahlungskraft steigt. Gleichzeitig plagt uns die Inflation, die das Geld entwertet, wodurch weitere Erhöhungen dieser Dynamik nur Auftrieb bieten würden (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/inflation-161.html). Wie lässt sich diese Situation sinnvoll lösen? Wäre eventuell ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Lage, das Problem zu lösen?
Sehr geehrter Herr W.,
die Bundesregierung hat ein erstes Paket beschlossen, dass die Belastungen vieler Bürgerinnen und Bürger auffangen soll. Folgende Maßnahmen wollen wir so schnell wie möglich umsetzen:
• Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags bei der Einkommensteuer um 200 Euro auf 1.200 Euro
• Anhebung des Grundfreibetrags für 2022 um 363 Euro auf 10.347 Euro
• Vorziehen der bis 2026 befristeten Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler
Im Bereich Arbeit und Soziales haben wir uns darüber hinaus auf einen Corona-Zuschuss von 100 Euro für Bedürftige und einen Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder von 20 Euro pro Monat ab 1. Juli 2022 geeinigt.
Darüber hinaus wird der Heizkostenzuschuss für Wohngeldbeziehende, Studierende, Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende mit unterstützenden Leistungen verdoppelt. Single-Haushalte mit Wohngeldberechtigung sollen 270 Euro erhalten, für einen Zwei-Personen-Haushalt gibt es 350 Euro, für jedes weitere Familienmitglied 70 Euro. Menschen, die BAföG beziehen und Auszubildende, die staatliche Hilfen erhalten, bekommen 230 Euro. Die Auszahlung erfolgt automatisch, ohne extra Antrag.
Außerdem wird die EEG-Umlage vorzeitig abgeschafft. Die Preissenkung muss an die Kunden weitergegeben werden.
Das alles sind wichtige Schritte, denen aus meiner Sicht weitere folgen müssen, damit wir uns den krisenbedingten finanziellen Herausforderungen entgegenstellen können.
Ich möchte dennoch auch sagen, dass die sehr deutliche Erhöhung des Mindestlohns keine Kleinigkeit ist. Gewerkschaften und Forschungsinstitute bestätigen uns, dass Deutschland mit der deutlichen Erhöhung des Mindestlohns im Vergleich zu anderen Ländern in Europa vom Nachzügler zum Vorreiter aufsteigt. Eine Untergrenze von 12 Euro entspricht in Deutschland in etwa 60 Prozent des Medianlohns. Diese Schwelle gilt international als Richtwert für ein angemessenes Mindestlohnniveau.
Die Antwort der SPD auf die aktuellen Herausforderungen ist nicht das bedingungslose Grundeinkommen. Wir wollen stattdessen gute Arbeit garantieren. Gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen habe ich mich immer ausgesprochen. Warum? Weil ich will, dass die Menschen ein Recht auf Arbeit haben. Ordentlich bezahlte Arbeit, die sie nicht krankmacht, die sie am besten gerne machen. Arbeit, die mit mindestens zwölf Euro pro Stunde vergütet wird. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen gerät die Beziehung zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden meines Erachtens stattdessen in eine Schieflage. Arbeit würde zunehmend als Nebentätigkeit zum Grundeinkommen betrachtet werden. Anstelle der direkten Verteilung des Profits über die erkämpften Löhne würde die indirekte steuerliche Umverteilung treten.
Die SPD will dafür sorgen, dass Menschen ihr Leben frei und sicher in die Hand nehmen können. Ich wünsche mir eine Arbeitswelt, in der die Menschen mit ihren beruflichen Aufgaben und Kontakten in die Gesellschaft eingebunden sind. Dafür arbeite ich.
Freundliche Grüße
Bernd Rützel