Frage an Bernd Rützel von Ernst V. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Rützel,
mit Verwunderung musste ich heute lesen dass die letzte Rate des 3. Hilfspaketes für Griechenland ausbezahlt wird obwohl der IWF sich nun sicher nicht daran beteiligen wird.
Dies entspricht nicht dem Beschluss des Bundestages von 2015 und den Versprechungen der Bundesregierung. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgten und erfolgen dann diese Zahlungen?
Müsste das Geld nicht wieder zurückgefordert werden weil es unter falschen Vorraussetzungen frei gegeben wurde und neue Zahlungen unterbunden werden?
Fühlen Sie sich als Bundestagsabgeordneter hier nicht hintergangen und Ihrer Rechte beraubt? Wenn dem so ist was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?
Außerdem wurde ein weiterer Schuldenschnitt in Form von späteren Zins- und Rückzahlungen von alten Krediten beschlossen. Wie hoch sind die Kosten für die Bundesrepublik (auch verminderte Einnahmen sind Kosten)?
Braucht die Bundesregierung hierzu nicht einen Beschluss des Bundestages?
Für eine Antwort bin ich Ihnen dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
E. V.
Sehr geehrter Herr V.,
nachdem wir in den vergangenen Jahren schon mehrmals zu diesem Thema Kontakt hatten, wissen Sie: Ich bin überzeugter Europäer. Die Verantwortung für Deutschland verliere ich dabei aber keineswegs aus den Augen.
Die Finanzminister des Euro-Raums haben sich am 22.06.2018 über das weitere Vorgehen in Sachen Hilfsprogramm für Griechenland geeinigt. Nach acht Jahren soll Griechenland wie geplant in diesem August das Rettungsprogramm verlassen. Im Gegenzug wird die griechische Haushaltspolitik länger und strenger als bisher beabsichtig überwacht.
Griechenland hat in den vergangenen Monaten große Anstrengungen unternommen, um die Auflagen des Hilfsprogramms zu erfüllen. Viele Maßnahmen bedeuteten eine enorme Belastung für die griechische Bevölkerung. Um den Staatshaushalt auszugleichen hat Griechenland seine Staatsausgaben seit 2009 um 30 % reduziert und gleichzeitig die Steuern erhöht.
Die Herausforderungen, die vor Europa liegen, sind groß - von der Reform der Währungsunion bis hin zu einer gemeinsamen Linie in der Flüchtlingspolitik. Wir sollten in dieser Lage umso mehr alles daran setzen, eine Lösung für Griechenland zu finden, die dauerhaft Vertrauen schafft und Griechenland neue Spielräume für Wachstum und Investitionen eröffnet. Europa kann es sich im Moment nicht erlauben, lösbare Aufgaben immer weiter vor sich herzuschieben. Mit Blick auf Griechenland ist jetzt der Moment gekommen, um ein schwieriges Kapitel für Europa mit einer vernünftigen Lösung im Interesse aller abzuschließen. Entscheidend wird dabei sein, dass Griechenland auf dem eingeschlagenen Reformpfad bleibt und die eingegangenen Verpflichtungen einhält.
Der IWF hat erklärt, dass er aus seinem bisher im Grundsatz beschlossenen Programmen keine Auszahlungen mehr leisten wird. Das hätten wir uns anders gewünscht, entscheidend ist aber, dass der bestehende IWF-Kredit nicht abgelöst wird und der IWF mit seiner Expertise an der Nachprogramm-Überwachung teilnimmt.
Der Deutsche Bundestag wird diesen Freitag über seine Zustimmung in Namentlicher Abstimmung entscheiden.
Interessant finde ich, dass Deutschland als Gläubiger von den Hilfszahlungen an Griechenland finanziell profitiert. Mindestens 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen sollen dem Bundeshaushalt seit 2010 zugeflossen sein.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Rützel