Bernd Rützel
Bernd Rützel
SPD
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Frage von Karin K. •

Frage an Bernd Rützel von Karin K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Herr Rützel,

Ministerin Nahles sagte in Bezug auf die Flüchtlings-Neiddebatte, dass geplanten Leistungskürzungen für Asylbewerber nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Es gebe enge Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Die Karlsruher Richter hätten klar gesagt: "Existenzminimum ist Existenzminimum." http://www.msn.com/de-de/nachrichten/other/nahles-kaum-spielraum-f%C3%BCr-k%C3%BCrzungen-bei-fl%C3%BCchtlingen/ar-AAewCqy

Wie sieht es aber mit den Hartz IV Sanktionen unserer deutschen Arbeitslosen aus? Sind Sie der Meinung, dass dieses Grundgesetz hier nicht gilt?

Weiter ist nun aber im Gespräch den Mindestlohn in Bezug auf die Flüchtlinge doch zu senken. http://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-arbeitsmarkt-107.html
Es hat sich in der Vergangenheit bewahrheitet, dass nicht weniger Arbeiter eingestellt wurden aufgrund des Mindestlohns. https://www.aachener-zeitung.de/news/wirtschaft/der-mindestlohn-hat-sich-nicht-negativ-ausgewirkt-1.1184215 Die Arbeit war also bezahlbar.

Wer würde von dieser geplanten Absenkung des Mindestlohnes profitieren?

Ich befürchte folgendes:

-Flüchtlinge werden bevorzugt eingestellt, da Billiglöhner von der Wirtschaft willkommen.
-Flüchtlinge werden Hartz IV Aufstocker und ebenso unzufrieden wie die deutschen Hartz IVler
-Absenkung des Mindestlohnes-> Schere Arm und Reich wird größer ->es wird massenhaft Aufstände geben.
-Beibehaltung der Hartz IV Sanktionen -> in Deutschland herrschen bald Zustände wie in den USA -> massenhaft Aufstände – ist das noch unser sozialdemokratisches Deutschland?

Und meine letzte Frage: wie werden Sie am 01.10.15 im Bundestag in Bezug auf die Leistungskürzungen und Sanktionen im ALG II abstimmen?

Freundliche Grüße

K. Kluge

Bernd Rützel
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kluge,

zunächst einmal möchte ich gerne auf Ihre Befürchtung eingehen, der Mindestlohn könnte für Flüchtlinge gelockert werden.

Ich bin absolut gegen eine solche Maßnahme, wie sie vereinzelt von Unionspolitikern gefordert wird. Die Diskussion ist abwegig und völlig unverantwortlich, denn sie versucht, die Gesellschaft zu spalten. Die Empfänger des Mindestlohns bekämen dadurch das Signal, dass sie ersetzt werden könnten durch Flüchtlinge, die keinen Mindestlohn bekommen. Das wäre die soziale Spaltung unserer Gesellschaft, die wir unter allen Umständen verhindern müssen. Wir werden nicht zulassen, dass diejenigen, die kommen und diejenigen, die hier sind, gegeneinander ausgespielt werden. Daher wird es mit der SPD keine Senkung des Mindestlohns für Flüchtlinge geben! Niemand darf weniger als 8,50 Euro die Stunde verdienen – und niemand darf abgehängt werden.

Sie fragen mich außerdem nach meiner Meinung zu den bestehenden Sanktionen im SGB II. Dort sehe ich deutlichen Änderungsbedarf. Deshalb haben wir der CDU/CSU im Koalitionsvertrag vereinbart, Rechtsvereinfachungen im SGB II vorzunehmen. Derzeit sind wir aber noch in der Abstimmung mit unserem Koalitionspartner, die Gespräche dazu laufen aktuell.

Kürzungen in die Kosten der Unterkunft, starre Regelungen und unterschiedliche Sanktionierung von Menschen unter 25 Jahren im Vergleich zu über 25-jährigen sind nach Ansicht der SPD-Bundestagsfraktion falsch. Bei einer Anhörung im Juli dieses Jahres haben uns das Sachverständige bestätigt.

Wir brauchen eine bessere Balance des Prinzips „Fördern und Fordern“. Die bisherigen Sanktionsregelungen erfüllen dies nicht. Die Unterschiede bei der Sanktionierung von jungen Menschen unter und über 25 Jahren müssen gestrichen werden. Es ist nicht belegbar, dass junge Menschen einer stärkeren Sanktionierung bedürfen, als Menschen die älter als 25 Jahre sind.

Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass künftig bei den Sanktions-Regelungen im SGB II individueller auf den Einzelfall Rücksicht genommen wird und die Kosten der Unterkunft von Sanktionen ausgenommen sind.

Um eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erreichen zu können, müssen leistungsberechtigte Personen außerdem besser über ihre Rechten und Pflichten aufgeklärt werden. Dies sollte über eine Eingliederungsvereinbarung auf Augenhöhe und in verständlicher Sprache erfolgen. Nur wenn die Eingliederungsvereinbarung von beiden Seiten als gegenseitiger Vertrag, bei gerechter Verteilung von Rechten und Pflichten, verstanden wird, kann sie als verbindliches Instrument zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt wirken. Heute bewirken Sanktionen bei den Betroffenen aber das Gegenteil von dem, was eigentlich gewollt ist: Statt Kooperation erfolgt Resignation.

Auch deshalb steht die SPD-Bundestagsfraktion der Einrichtung eines Ombudssystems aufgeschlossen gegenüber. Eine solche neutrale Stelle könnte die Zusammenarbeit von Jobcenter und Leistungsempfänger unterstützen und so im Vorfeld mögliche Konflikte ausräumen.

Die Anträge zum SGB II, über die in dieser Woche im Plenum verhandelt wird, lehne ich ab, obwohl teilweise auch richtige Ansätze vertreten werden. Ich hoffe aber, dass wir uns bald mit unserem Koalitionspartner auf eine Reform einigen werden, die die oben genannten Punkte verbessert.

Freundliche Grüße
Bernd Rützel

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