Frage an Bernd Murschel von Michael G. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Murschel,
es freut uns sehr, dass in der Verkehrspolitik der Landesregierung der Fußverkehr aufgewertet und ihm in der Verkehrsplanung ein angemessener Raum eingeräumt werden soll.
Aktuell haben wir hier in Schafhausen (Weil der Stadt) die Situation, dass wir einen sicheren Fußweg von einem großen Neubaugebiet (100 Bauplätze) zum Kindergarten benötigen. Hierbei muss die L1189 überquert werden.
Hochrangige Vertreter der Gemeinde (1. Beigeordnete, Leiter Ordnungsamt) haben hier vor Ort erklärt, dass sie gerne im Interesse ihrer Bürger tätig werden würden. Fast alle sinnvollen Abhilfsmaßnahmen würden jedoch bei Landkreis und Regierungspräsidium mit Sicherheit nicht genehmigt. Beispiele hierfür wären die Einführung von Tempo 30 oder die Aufstellung einer Fußgängerampel.
Hieraus ergeben sich für mich folgende Fragen:
1) Ist die mit dem Wechsel zu Grün-Rot verbundene Änderung der Verkehrspolitik hinreichend bei dem Regierungspräsidium Stuttgart angekommen?
2) Könnten die Regierungspräsidien die Gemeinden besser unterstützen, um bundesrechtliche Regelungen kreativer im Sinne von lebenswerteren Ortskernen und einer fußgängerfreundlicheren Verkehrspolitik auszulegen?
3) Wäre es nicht vielleicht sogar möglich im Ortskern von Schafhausen eine "Tempo 20"-Zone einzurichten und auch die Magstadter Straße (L1189) hier aufzunehmen?
4) Oder ist das Regierungspräsidium bei einer möglichen Blockade durch den Landkreis machtlos, obwohl sich die Gemeindverwaltung fußgängerfreundlichere Lösungen wünscht?
Ich freue mich auf Ihre Antwort. Ebenso würde es mich natürlich freuen, wenn Sie sich einmal die Situation vor Ort ansehen könnten.
Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen
Michael Grill
Sehr geehrter Herr Grill,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zu Verkehrsberuhigungsmaßnahmen im Allgemeinen und deren Realisierung in Weil der Stadt/ Schafhausen im Speziellen.
Die Verkehrsreduzierung v.a. in Wohnbereichen, der Schutz vor Lärm und Abgasen und nicht zuletzt die Steigerung der Verkehrssicherheit sind an vielen Stellen im ganzen Land große Anliegen, die wir als Bündnis 90/Die Grünen politisch fördern und unterstützen. Dabei ist anzumerken, dass verkehrsrechtliche Regelungen weitestgehend in der Zuständigkeit des Bundes liegen. Die Landespolitik hat darauf leider nur geringfügigen Einfluss, das Regierungspräsidium ist als Genehmigungsbehörde an die rechtlichen Rahmenbedingungen gebunden.
Beispielsweise gilt nach wie vor bundesrechtlich die innerörtliche Regelgeschwindigkeit von 50km/h. Unsere grüne Forderung, die innerörtliche Regelgeschwindigkeit auf 30 km/h herabzusetzen, können wir nicht landespolitisch umsetzen. Hier muss die Bundesregierung agieren. Für uns besteht lediglich die Möglichkeit, über eine Bundesratsinitiative Druck zu machen. Diese Option prüfen wir.
Nach geltendem Recht gibt es auf kommunaler Ebene drei Möglichkeiten, um eine Verkehrsberuhigung über Tempo 30 oder eine Ampelschaltung herbeizuführen: Sofern eine besondere Gefahrensituation nachgewiesen werden kann, wenn Lärmschutzgründe vorliegen oder wenn die übergeordnete Netzplanung eine Herabstufung der betreffenden Straße zulässt.
Ich kann auch aus der eigenen Erfahrung mit Verkehrsberuhigungsmaßnahmen die Kommunen nur ermuntern, gemeinsam mit dem Regierungspräsidium die bestehenden Möglichkeiten vor Ort auszuloten. Aus meiner Sicht ist dabei der wichtigste Hebel, einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Dieser liegt in der eigenen Zuständigkeit der Kommunen. Wenn eine Grenzwertüberschreitung vorliegt, dann kann die Kommune aktiv werden. Dies ist nicht selten der Fall, leider gibt es aber nach wie vor zu wenige Kommunen, die von der Möglichkeit der Lärmaktionsplanung Gebrauch machen.
Aus der Ferne ist für mich der konkrete Fall bei Ihnen schwer zu beurteilen. Es ist kommunale Aufgabe der Stadt Weil der Stadt, die verkehrsrechtlichen Maßnahmen bei den übergeordneten Stellen zu beantragen. Ich schlage deshalb vor, dass Sie mit der konkreten Forderung nach verkehrsberuhigenden Maßnahmen an der genannten Stelle an die Verwaltung, aber auch an die Fraktionen des Gemeinderates herantreten und hier um Unterstützung bitten. Aus meiner Erfahrung ist die Verwaltung in Weil der Stadt dafür aufgeschlossen. Frau Widmaier kennt aus ihrer Leonberger Zeit die Thematik Verkehrsberuhigung und Tempo 30 sehr genau.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Weil der Stadt und hoffe, dass wir bald auf Bundesebene zu einer neuen Regelung kommen, die die Umsetzung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen vereinfacht.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Murschel