Frage an Bernd Lucke von Tom B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Professor Lucke,
das Wahlprogramm der AfD bleibt in der Frage alles Sozialen ziemlich karg und unkonkret, auch in Ihren Reden ist darüber nur wenig zu hören. Daher hier einige direkte Fragen zu diesem Thema, mit der Hoffnung auf direkte Antworten.
Im Hamburger Appell von 2005 haben Sie sich für eine weitere Lohnspreizung ausgesprochen. Angesichts der heutigen Situation der Ungleichheit in Deutschland wird die Position zur Lohnpolitik zu einer wichtigen Frage. Die Lohnquote sinkt beständig seit Jahrzehnten, was man als eine Umverteilung von unten nach oben interpretieren kann, wodurch die Massenarbeitslosigkeit jedoch nicht beseitigt wurde. Eine weitere Lohnspreizung bedeutet weitere Umverteilung von Arbeits- zu Besitzeinkommen. Bei der bestehenden Ungleichheit - die umfassendste Rechnung legte beim Vermögen einen Gini-Koeffizienten von 0,8097 vor (SOEP Papers 397) - scheint diese Politik geradezu gefährlich. Vertreten Sie diese Position nach wie vor?
Ich vermute, Sie vertreten eine angebotsorientierte, monetaristische Wirtschaftspolitik, wie sie sich in den letzten Dekaden zunehmend durchgesetzt hat. Im Hamburger Appell schreiben sie von "Wahrheiten", die Sie dort präsentieren, und davon, dass jeder, der anderer Meinung sei, "unredlich oder ignorant" handle. Sehen Sie hier noch die in der Wissenschaft übliche Vielfalt, den kritischen Blick auf die eigenen Theorien, die Akzeptanz anderer Meinungen und die eigentlich etablierte Erkenntnis, dass Wissenschaft keine Wahrheiten bieten kann? Nach der starken Zunahme der Ungleichheit, der Existenznot selbst in Deutschland, wie stehen Sie zur Ihrer Wissenschaft und ihren Erfolgen, "Wohlstand für alle" zu schaffen?
Bitte legen Sie diesbezüglich ihre heutige Position zu sozialen Fragen etwas ausführlicher dar und geben Sie etwas konkrete Auskunft über die Sozial- und Wirtschaftspolitik, die Sie vertreten.
mit freundlichen Grüßen,
Tom Berthold