Was sind die aktuellen politischen Vorgehensweisen, um Betroffenen von Post Covid, Post Vac und ME/CFS zu unterstützen? Was wird getan, um nach Behandlungen, Therapien, Medikamenten etc. zu forschen?
Hallo Herr Lange, warum wird nicht mehr für die Versorgung von PostCovid, PostVac und ME/CFS Betroffenen getan?Wissen Politiker*innen nicht, dass Zeit eine große Rolle beim Verlauf der Erkrankung spielt?Der Zustand von Betroffenen verschlechtert sich zunehmend und die Chance auf Heilung wird geringer.Wir, Betroffene und ihre Angehörigen brauchen Ihre Unterstützung.Sie haben die Macht, die Stimme und die Kraft, die den Betroffenen fehlt.Bitte nutzen Sie diese, so dass hundertausende Menschen nicht ihr Leben lang ans Bett gebunden sind.Es gibt Möglichkeiten: das Medikament BC007, Immundadsorption etc..Bitte sorgen Sie dafür, dass Aufklärungskampagnen starten, so dass die Ärzt*innen Odysee, das ständige Rechtfertigen/ Erklären, der Kampf, um eine Versorgung etc. endet und die Versicherungen unterstützen.Auch die Pflegeversicherung muss greifen.Nicht jede*r hat ein soziales Netzwerk.Ich bin eine verzweifelte Partnerin eines Post Covid Erkrankten und bitte Sie Stellung zu beziehen.
Sehr geehrte Frau E.,
Vielen Dank für Ihre Nachricht.
Sie haben recht - es wird viel zu wenig getan. Die WHO geht davon aus, dass in Europa (EU und Nachbarschaft) 17 Millionen Menschen von Long Covid betroffen sind, weltweit sind es 145 Millionen. Aus Long Covid wird bei nicht wenigen Patient:innen Post Covid, 20 Prozent entwickeln darunter eine ME/CFS.
Die Zahl der Betroffenen mit post-Covid wächst und damit auch Betroffene, die schwere ME/CFS entwickeln. Dabei handelt es sich um Krankheiten, die das Autoimmunsystem betreffen, also keinesfalls, wie anfangs fälschlich behauptet und teilweise immer noch nicht verstanden, um psychosomatische Erscheinungen oder eine allgemeine Erschöpfung. Selbst in Deutschland sind Anlaufstellen vollkommen überlastet, die Wartelisten sind viel zu lang. Ärzte sind oft überfordert, REHA-Kliniken behandeln fälschlicherweise oft immer noch aktivierend (was bei Belastungsintoleranz zu einer Verschlimmerung der Symptome führt). Es bräuchte dringend klinische Studien, wir dürfen uns nicht länger darauf ausruhen, dass man weiter Daten sammeln müsse, bevor man etwas tun kann.
Es bräuchte mehr Aufmerksamkeit, Forschungsgelder, vor allem für klinische Studien, Ausbildung von Ärzten, Anlaufstellen – und finanzielle Unterstützung der Betroffenen. Denn Long Covid, Post Covid, ME/CFS und Post Vac sind gleichzeitig eine Armutsfalle.
Der Expertenrat der Bundesregierung (15. Mai 22) sagt über die chronischen Folgen der Infektion: „Die Bandbreite der Beschwerden reicht von Folgen der Akutinfektion für einige Wochen bis hin zu schweren langwierigen, teils irreversiblen Folgeschäden. Die Auswirkungen dieser potentiell langfristigen Komplikationen auf die Gesellschaft und das Sozialversicherungs- und Gesundheitssystem sind angesichts der hohen Infektionszahlen von hoher gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.“
Karl Lauterbach sagt: "Long Covid wird zu den wichtigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland gehören, und zwar insbesondere auch bei denjenigen der mittleren Lebensphase. Das können wir nicht akzeptieren. Schon alleine deshalb müssen wir gegen die hohe Inzidenz ankämpfen."
Long Covid, Post Covid, ME/CFS und parallel dazu die vergleichbaren Folgen von Post Vac, betreffen signifikant häufiger Frauen, insbesondere in dem Alter, wenn sie Karriere machen und Kinder versorgen. Eine chronische Erkrankung hat also Folgen für die Erwerbstätigkeit, die Rente und für die ganze Familie.
Wir müssen was tun. Deshalb schließe ich mich dem Forderungskatalog meines Fachkollegen Karsten Lucke an: https://www.karstenlucke.eu/aktuelles/meine-politischen-forderungen-zu-long-covid
Weiterhin haben gestern die AOK Niedersachsen und die Rentenversicherung Braunschweig-Hannover sich auf ein Versorgungsmodell geeinigt, mit dem Long-Covid-Patient*innen schnell und unbürokratisch ein geeignetes Reha-Angebot erhalten sollen.
Dr. Thela Wernstedt, Mitglied des SPD-Fraktionsvorstandes sagte zum neuen Versorgungsmodell: "Long-Covid ist eine ernste Erkrankung, die häufig mit großen Beeinträchtigungen verbunden ist. Ich freue mich, dass mit dem neuen Versorgungsmodell den betroffenen Versicherten der Weg zu individuell passenden Angeboten für langfristige medizinische Hilfe eröffnet wird. Die AOK und die Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover kommen damit auch einer Forderung aus unserem Entschließungsantrag zur Verbesserung der Long-Covid-Versorgung nach. Andere Krankenkassen sollten sich dieser Vereinbarung anschließen. Mit der Klinik Teutoburger Wald in Bad Rothenfelde und dem Rehazentrum Oberharz in Clausthal-Zellerfeld bieten bereits zwei Einrichtungen in Niedersachsen besondere Therapien für Long-Covid-Patient*innen an. Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass sich die Versorgungsstrukturen für Betroffene weiter verbessern.“
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Lange