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Bernd Lange
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Frage von Simon K. •

Frage an Bernd Lange von Simon K. bezüglich Naturschutz

Sehr geehrter Herr Lange,
angesichts der dramatischen Umstände in Brasilien, sehe ich Handlungsbedarf. Ein Despot, der Brandrodung des Beantmungsgerätes der Welt (Amazonas) zulässt und durch Kürzung von Geldern fördert, muss die EU handeln. Was kann getan werden? Gerade durch das Mercosur-Abkommen kann die EU Druck aufbauen. Angesichts der Lage empfinde ich nur noch Weltschmerz.
Ist eine Blauhelm Mission notwendig?

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Sehr geehrter Herr Klanke,

vielen Dank für Ihre E-Mail zur aktuellen politischen Situation in Brasilien und der wirtschaftlichen Ausbeutung des Amazonas. Die Entwicklungen der letzten Jahre sind in der Tat äußerst besorgniserregend. Die aktuelle Diskussion zum EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen, das Sie als mögliches Druckmittel anführen, ist eng mit der aktuellen Lage in Brasilien und im Amazonas verknüpft. Als Vorsitzender des Handelsausschuss des Europäischen Parlaments möchte ich Ihnen insbesondere zu den Chancen und Risiken dieses Abkommen schreiben:

Für mich ist klar: Handel ist ein kein Selbstzweck. Mein Ziel ist es durch Handelsabkommen die Lebensbedingungen von Menschen verbessern. Handelsabkommen sind der zentrale Hebel, um die Globalisierung gerecht zu gestalten. Wir brauchen regelbasierten, nachhaltigen und fairen Handel, damit Umwelt- und Sozialstandards eingehalten und Wohlstandsgewinne gerecht verteilt werden.
Das seit Juli 2019 vorliegende Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung im Mercosur-Abkommen enthält eine klare Sprache zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens sowie Verpflichtungen in Bezug auf Handel und nachhaltige Waldbewirtschaftung. Ebenso werden die Arbeitnehmerrechte durch das Abkommen gestärkt und die Vertragspartner verpflichten sich sogenannte ILO-Kernarbeitsnormen zu ratifizieren und umzusetzen. Das EU-Mercosur-Abkommen enthält also bereits wichtige Punkte und legt hohe Standards fest, kaum ein anderes Abkommen besitzt ein solch explizites Nachhaltigkeitskapitel.

Dennoch: Gerade in Brasilien beobachten wir wie die Abholzung und Brandrodungen im Amazonas in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Bolsonaro treibt die wirtschaftliche Ausbeutung des Regenwaldes voran, er legalisiert illegale Abholzungen per Präsidentendiskret und behindert die Umweltschutzbehörde. Außerdem wurden durch Bolsonaro die Gewerkschaften geschwächt und Arbeitnehmerrechte systematisch abgebaut.
Die Corona-Pandemie verschärft die soziale Lage zusätzlich und bedroht die Indigenen Völker Brasiliens in ihrer Existenz. Bolsonaros Umweltminister kündige sogar an im Schatten der Corona-Krise die Abholzungen und Brandrodungen noch weiter zu erhöhen.
Es ist klar, dass ich ein Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur nicht unterstützen werde, wenn die Verpflichtungen in Bezug auf Klima, nachhaltige Forstwirtschaft und Arbeitnehmerrechten, nicht einhalten werden. Das Abkommen bedarf deswegen robuster Kontroll- und Durchsetzungsmechanismen. Ebenso sind weitere Fragen, gerade in der Industriepolitik, weiterhin offen, weswegen wir dringend Nachverhandlungen benötigen.

Nicht vergessen dürfen wir, dass Brasilien nicht nur aus Präsident Bolsonaro besteht. Viele Brasilianerinnen und Brasilianer stehen dem Präsidenten kritisch gegenüber und auch Gouverneure der Bundesstaaten widersprechen Bolsonaros Politik. Mit diesen zivilgesellschaftlichen und politischen Gruppen müssen wir weiterhin zusammenarbeiten.

Außerdem setze ich mich für ein verbindliches Lieferkettengesetz auf europäischer Ebene ein. Unternehmen, die beispielsweise in Brasilien tätig sind, müssen zu Nachhaltigkeit, Einhaltung von Menschenrechten und Krisenresistenz verpflichtet werden. Die Initiative von Bundesarbeitsminister Heil und Bundesentwicklungsminister Müller, mit einem solchen Gesetz in Deutschland voranzugehen, begrüße ich. Allerdings sollte das Ziel eine europäische Umsetzung bleiben. Als größter Binnenmarkt der Welt können wir Europäer*innen hier Maßstäbe setzen.

Durch ein regelbasiertes, faires und nachhaltiges Abkommen werden die EU und der Mercosur wirtschaftlich profitieren, der Regenwald geschützt und die Lebensbedingungen der Menschen verbessert. So können wir die Globalisierung gerecht gestalten.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Lange

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