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Bernd Lange
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Frage von Jens W. •

Frage an Bernd Lange von Jens W. bezüglich Humanitäre Hilfe

Sehr geehrter Herr Lange,

ich nehme mit Entsetzen zur Kenntnis, dass an der türkisch-griechischen Grenze Kinder, Frauen und Männer mit Waffengewalt daran gehindert werden, die EU zu betreten und unter katastrophalen Verhältnissen und ohne Zukunftsperspektive im frühen März auf offenem Feld und unter freiem Himmel bleiben müssen. Ich wende mich daher an Sie als meinen gewählten Abgeordneten mit der Frage, wie Sie die Situation einschätzen und ob und wie Sie sich dafür einsetzen, dass diese unchristliche und inhumane Vorgehensweise der EU sofort beendet wird und dass die Menschen vor Ort die notwendige Versorgung erhalten sowie die Möglichkeit, ihr Recht auf Asyl wahrzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen,
Jens Wehrmann

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Sehr geehrter Herr Wehrmann,

die Lage an den Land- und Seegrenzen Griechenlands, immerhin den Außengrenzen der EU, ist völlig unakzeptabel. Es gibt Gewalt durch Behörden aber auch durch die lokale Bevölkerung gegen Schutzsuchende. Asylsuchende werden inhaftiert und das verbriefte Recht auf einen Asylantrag wird illegalerweise „ausgesetzt“. Schutzsuchende werden instrumentalisiert und geraten zwischen zwei Fronten. Jegliche gewalttätige staatliche Übergriffe müssen umgehend aufhören. Griechenland ist, wie alle EU-Mitgliedstaaten, dazu verpflichtet, alle nationalen, EU- und internationalen Gesetze einzuhalten. Dazu gehört die Verpflichtung, Schutzsuchenden legalen Zugang zu seinem Hoheitsgebiet und einem Asylverfahren zu gewähren. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Falle Spaniens hat unterstrichen, dass Grenzschutz immer im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen muss. Die EU-Kommission ist verpflichtet als Hüterin der EU-Verträge, hier gegenüber Griechenland tätig zu werden und rechtswidrige Praktiken der Grenzsicherung anzugehen. Allerdings lassen die anderen EU-Mitgliedstaaten Griechenland seit Jahren bei der Migrationspolitik alleine, mit einer verfehlten EU Gesetzgebung (sog. Dublin-Regeln) im Hintergrund. Auf Drängen der Sozialdemokrat*innen hat das Europäische Parlament eine klare Position für eine grundsätzliche Reform des EU-Asylsystems erarbeitet. Außerdem haben wir eine Reform ausgearbeitet, die das Ziel der gemeinsamen Verantwortung für Flüchtlinge in allen EU-Mitgliedsstaaten verfolgt. Bereits 2017 hat das

Europäische Parlament mit Mehrheit eine europäische Lösung zur fairen Flüchtlingsverteilung verabschiedet. Seit mehreren Jahren blockieren jedoch einige Mitgliedstaaten jegliche Gesetzgebung und damit Fortschritt in der Frage. Diese Mitgliedstaaten müssen unter Druck gesetzt werden und die willigen EU-Mitgliedstaaten müssen notfalls alleine voranschreiten. Die EU muss ihrer humanen und menschenrechtlichen Verantwortung gerecht werden. Insbesondere für nichtbegleitete Kinder und Jugendliche in den griechischen Lagern muss schnellstmöglich eine Evakuierung organisiert werden. Langsam scheint es eine relevante Zahl von EU-Ländern zu geben, die hier dabei sind. Luxemburg hat vorgeschlagen, dass pro halbe Million Einwohner der Länder der Europäischen Union zehn dieser Kinder und Jugendlichen aufnehmen könnten, und zwar direkt und sehr schnell. Frankreich scheint bereit, Finnland auch. Immer noch weigert sich Innenminister Seehofer (CSU) hier voranzugehen und mit Kommunen zusammenzuarbeiten, die Hilfe anbieten. Diese Blockade muss schnellstmöglich durchbrochen werden. Österreich ist Vorreiter derjenigen, dass man nichts machen soll. Je mehr Länder dabei sind, desto besser ist das. Das letzte Maß der Menschlichkeit in der EU Migrationspolitik darf sich nicht davonstehlen.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Lange

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