Frage an Bernd Lange von Felicia W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Lange,
mit meiner Frage möchte ich das Thema "BAföG" ansprechen.
Insbesondere die Ausbildungsförderung für ein Studium im Ausland.
Die Zustände sind extrem schwierig für Studenten ohne Unterstützung seitens der Familie.
Ich bin Studentin und absolviere gerade ein Semester im europäischen Ausland.
Die Förderung dazu habe ich vor 7 Monaten beantragt und alle Unterlagen fristgerecht eingereicht.
Bis heute, über einen Monat nach meiner Ausreise, habe ich jedoch keinen Bescheid, bzw. eine Förderung erhalten.
Zu diesem Zweck hatte ich einen zusätzlichen Kfw-Kredit beantragt, die maximale Höhe von 600€ monatlich ist jedoch nicht ausreichend, um den Lebensunterhalt zu decken. Ich möchte auch darauf verweisen, dass die Lebenshaltungskosten in Ländern wie Norwegen, Dänemark etc. höher sind als in Deutschland.
Nun stehe ich vor dem Problem, hier in einem fremden Land meine Miete nicht zahlen zu können.
Dieser Zustand scheint vom Amt für Ausbildungsförderung bewusst in Kauf genommen zu werden.
Denn die Bearbeitung einzelner Unterlagen, die der Student normalerweise erst nach der Ausreise erhält, nimmt mehrere Monate in Anspruch. Obwohl ich mich um die Immatrikulationsbescheinigung der ausländischen Hochschule noch vor meiner Ausreise bemüht habe (dies ist unüblich und normalerweise nicht möglich), habe ich bisher immer noch keinen Bescheid erhalten.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es mir unmöglich gemacht wurde, ein finanzielles Polster anzusparen, da ein Verdienst über 450€ monatlich zur Kürzung des Inlands-BAföG führt.
Es wird Studenten also prinzipiell nicht gestattet, selbst Ersparnisse zur Überbrückung anzulegen.
Die Förderung durch ein ERASMUS-Stipendium deckt leider nur einen minimalen Teil der erforderlichen Gelder ab. Da diese nicht monatlich, sondern zu 70% vor dem Auslandsaufenthalt (und 30% erst nach der Rückreise) ausgezahlt wird, um Kautionen etc. zu bezahlen.
Meine Frage: Wann ändert sich dieser unhaltbare Zustand?
Sehr geehrte Frau W.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Die von Ihnen geschilderten Probleme sind mir sehr wohl bekannt. Seit Jahren erhalten immer weniger Studierende Bafög und gerade die lange Bearbeitungsdauer bringt viele Auszubildenden, vor allem die im Auslandsaufenthalt, in finanzielle Unsicherheit.
Bundesbildungsministerin Karliczek hat vor einigen Wochen ihren Gesetzentwurf zur Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAFöG) vorgestellt. Die Änderungen sollen diesen Herbst in Kraft treten und beinhalten einige wesentliche Verbesserungen zum momentanen Bafög.
Unter anderem wird der Wohnzuschlag um 30 Prozent von derzeit 250 Euro auf 325 Euro monatlich erhöht. Auch der Förderungshöchstsatz erhöht sich um 17 Prozent von derzeit 735 Euro auf künftig insgesamt 861 Euro monatlich im Jahr 2020.
Die von Ihnen erwähnten Einkommensfreibeträge werden auch angehoben, bis 2021 schrittweise um insgesamt 16 Prozent. Der Freibetrag für eigenes Vermögen von Auszubildenden beträgt ab 2020 8.200 Euro statt den momentanen 7.500 Euro.
Mit diesen Verbesserungen will das Bundesministerium für Bildung und Forschung etwa 100.000 junge Menschen mehr fördern.
Diese Änderungen gehen in die richtige Richtung - aber reichen uns bei Weitem noch nicht aus. Vor allem werden administrative Probleme der Bearbeitungsdauern und die hinterherhinkende Digitalisierung der Beantragungsprozesse nicht angegangen.
Eventuell können Sie bei Ihrem zuständigen Bafög-Amt einen Vorschuss beantragen. Dieser Vorschuss würde 80 Prozent des zu erwartenden Förderbetrages betragen und für maximal vier Monate gezahlt werden. Allerdings beträgt auch dort die Bearbeitungszeit in der Regel einige Wochen.
Die Europäische Union kann im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung nur unterstützend und im grenzüberschreitenden Austausch tätig werden. Das Erasmus+-Programm der Europäischen Union soll die mit dem Auslandsaufenthalt verbundenen zusätzlichen Kosten decken. Es ist nicht dafür gedacht, die Bafög-Förderung im Ausland komplett zu ersetzen.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns für eine Verdreifachung der Mittel für das Erasmus+-Programm ein. Damit werden wir in Zukunft mehr Menschen einen Auslandsaufenthalt ermöglichen.
In Ihrer momentanen Situation hilft Ihnen dies nicht. Eine Möglichkeit könnte sein, sich an das Sozialreferat Ihrer Studierendenvertretung zu wenden. Diese haben die Möglichkeit, Studierenden in solchen Notsituationen auszuhelfen.
Außerdem sollten Sie sich möglichst erneut bei Ihrem Bafög-Amt melden und Ihre Notsituation nochmals schildern, auch wenn Sie dies bereits getan haben.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Lange