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Bernd Althusmann
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Frage von René L. •

Frage an Bernd Althusmann von René L. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Althusmann,

vielen Dank für Ihre sehr schnelle Antwort. Erlauben Sie mir bitte noch eine Nachfrage zu Ihren ausführlichen Darstellungen bzgl. Ihrer Forderung nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts – denn Sie haben m.E. nicht konkret auf meine Fragen geantwortet. Mit Ihrer Vermutung, die Anwendung des Jugendstrafrechts bei jungen aber volljährigen Straftätern sei unangebracht und ein Relikt aus der Zeit, als man erst mit 21 Jahren volljährig wurde, liegen Sie falsch. Denn das Jugendstrafrecht ist aus guten Gründen vom Erziehungsgedanken geprägt und es geht neben der Strafe um eine ganze Bandbreite differenzierter Maßnahmen, um junge Straftäter für ein Leben ohne Straftaten zurück zu gewinnen. Diese Maßnahmen gibt es beim Erwachsenenstrafrecht nicht. Die Rückfallquoten junger Straftäter belegen, dass harte Freiheitsstrafen leider keine Garantie für Resozialisierung sind und nicht selten sogar das Gegenteil davon bewirken. Auch eine höhere Abschreckung wird mit härteren Strafen nicht erzielt. Vor diesem Hintergrund kritisiere ich Ihre Forderungen. Vielleicht können Sie mal ganz konkret hierzu Stellung beziehen. Sind Ihnen für Ihr politisches Vorgehen bei diesem Thema Rückfallquoten und die Untersuchungen von Experten denn egal?

Vielen Dank im Voraus
Mit freundlichem Gruß
René Levaslot

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Levaslot,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.

Das gegenwärtige abgestufte Strafrecht hinsichtlich der Altersgrenzen, ab wann "Erwachsenenstrafrecht" anzuwenden ist, stellt noch auf das früher geltende Volljährigkeitsalter von 21 Jahren ab. Insofern gilt meine Behauptung, wenn ich von einem "Relikt aus alter Zeit" spreche. Die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters auf 18 Jahre führte nicht dazu, dass fortan von diesem Alter an das allgemeine Strafrecht galt.

Das Strafrecht sieht eigentlich vor, dass die Gerichte das Jugendstrafrecht bei Tätern zwischen 18 und 21 Jahren (so genannten Heranwachsenden) nur dann anzuwenden haben, wenn der Täter "nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand" oder wenn es sich den Umständen nach um eine "Jugendverfehlung" handelt. Diese Ausnahme wurde in den letzten Jahren ins Gegenteil verkehrt. 2/3 aller Täter im Alter zwischen 18 und 21 Jahren wurden nach dem Jugendstrafrecht verurteilt.

Nicht von der Hand zu weisen ist hier zudem eine Widersprüchlichkeit. Jeder Volljährige möchte in allen anderen Lebensbereichen zu Recht als Erwachsener behandelt werden. Vor Gericht soll diese Wertschätzung aber nicht gelten.

Soweit Sie die Rückfallquoten ansprechen, belegen die Zahlen junger Intensivtäter leider auch, dass wir mit reinen sozialpädagogischen Maßnahmen bei einigen Tätergruppen nicht weiterkommen. Die Frage der Rückfallquoten ist aber nicht nur eine Frage der härteren oder weicheren Strafen. Zu fragen ist auch, ob man Täter einfach wegsperrt oder ihnen im Strafvollzug eine Perspektive für die Zeit danach gibt. In Niedersachsen sorgen wir für eine positive Zukunftsperspektive. Aus diesem Grunde haben wir in Niedersachsen seit dem 1.1.2008 ein neues Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz, dass im Jugendvollzug den Erziehungsgedanken in den Vordergrund stellt. Mit dem Vorrang von Ausbildung im Strafvollzug wollen wir die Eigenverantwortung stärken und ein sozial angemessenes Verhalten fördern.

Wichtig ist natürlich, dass wir junge Menschen gar nicht erst zu Straftätern werden lassen. Daher fordere ich nicht nur Änderungen auf dem Gebiet des Strafrechts. Wir müssen die Bereiche Integration und Prävention stärker ins Blickfeld nehmen. Mit Sprachförderkursen für Migranten, islamischen Religionsunterricht an Schulen, über 900 ehrenamtlichen Integrationslotsen, der Einstellung von Migranten in den Polizeidienst, der Einrichtung von Präventionsteams in den Polizeiinspektionen, dem Projekt "Abschlussquote erhöhen, Berufsfähigkeit steigern" sowie der Einführung von Praxistagen oder dem Landesprogramm für zusätzliche Ausbildungsplätze 2000 x 2500 haben wir in Niedersachsen bereits vielfältige Maßstäbe gesetzt. In diesem Zusammenhang ist auch die von der Bundesregierung gestartete Bildungsoffensive zu erwähnen, die unter anderem darauf zielt, jedem jungen Menschen eine Ausbildung zu geben. Wenn wir die Bildungschancen junger Menschen erhöhen und gleichzeitig den Warnschussarrest einführen, sind das zwei Seiten derselben Medaille.

Mit freundlichem Gruß
Ihr
Bernd Althusmann