Frage an Bernd Althusmann von René L. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Althusmann,
entgegen jedweden Rat von Experten („Harte Strafen schrecken die Täter nicht ab“, Landeszeitung vom 4. Januar 2008) fordern Sie in der Presse Warnschussarrest für jugendliche Mehrfachstraftäter in Lüneburg. Ebenso verlangen Sie eine verstärkte Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht, Ihre Partei will gar ein schärferes Jugendstrafrecht schaffen. – Können Sie sich vorstellen, dass all diese Forderungen angesichts der brutalen Überfälle vor kurzem und wenige Wochen vor den Landtagswahlen als purer Populismus und Instrumentalisierung aufgefasst werden? Wissen Sie eigentlich, dass diese Ansätze ein „alter Hut“ sind und Ihre Formel „härtere Strafen gleich höhere Abschreckung“ schlichtweg falsch ist? Und dass Ihr Parteifreund, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, diese Vorschläge für eine Verschärfung genau aus diesem Grund als „überflüssig“ bezeichnet hat? Muss es nicht vielmehr darum gehen, die Polizei und Gerichte zu stärken, damit der Gesetzesvollzug schneller als bisher erfolgen kann – wie es Ihre Konkurrentin von der SPD fordert?
Mit freundlichem Gruß
René Levaslot
Sehr geehrter Herr Levaslot,
die Forderung zur Abschaffung des Jugendstrafrechts für junge Straftäter zwischen 18 und 21 Jahren wird bereits seit Jahren von der CDU auf Bundes - und Länderebene erhoben.
Der Bundesrat hat die Gesetzesinitiative von Niedersachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen bereits im Juni 2003 verabschiedet (Drucksache 312/03). Hintergrund war der seit Beginn der neunziger Jahre stetige Anstieg der Jugendkriminalität, insbesondere der Gewaltkriminalität. Neben der Einführung des Warnschussarrestes beinhaltete diese Initiative die grunsätzliche Anwendung des allgemeinen Strafrechts auf Heranwachsende und die Anhebung des Höchstmaßes einer schweren Jugendstrafe bei Heranwachsenden von 10 auf 15 Jahre.
Die Bundesratsinitiative konnte aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen des Deutschen Bundestages nicht mehr entschieden werden und wurde deshalb u.a. von Niedersachsen im Februar und März 2006 erneut in Bundesrat und Bundestag eingebracht. Es handelt sich also nicht um eine populistische oder gar den Wahlen geschuldete Position der CDU, sondern um eine Forderung seit vielen Jahren, die aber bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD auf Bundesebene nicht durchsetzbar war und an deren Widerstand scheiterte.
Grundsätzlich gilt für mich, dass natürlich das bestehende Recht zunächst in seinem Rahmen voll ausgeschöpft werden sollte und Präventions- Integrations- und Bildungsmaßnahmen parallel genutzt werden müssen um jugendliche Straftäter von ihrem Handeln abzubringen. Einsichtig ist mir jedoch nicht, warum junge und ansonsten volljährige Mehrfachstraftäter nach Jugendstrafrecht verurteilt werden sollen. Dies ist m.E. ein Relikt aus der Zeit, als man erst mit 21 Jahren volljährig wurde.
Ein ebenso notwendiges Mittel ist unsere Forderung nach sofortiger oder möglichst zeitnaher Strafe bei jugendlichen Straftätern, um diesen die Folgen ihrer Straftat umgehend vor Augen zu führen. Der sog. Warnschussarrest ist in diesem Zusammenhang nicht zu verwechseln mit einer allgemeinen Unterbringung in einem Gefängnis, sondern vielmehr einer Unterbringung ohne Kontakt zu anderen Häftlingen. Damit relativiert sich so manche öffentliche Behauptung, dass dadurch die jungen Ersttäter noch krimineller würden.
Zu guter letzt lassen Sie mich darauf hinweisen, dass wir gerade in Niedersachsen seit dem Regierungswechsel 2003 mehr als je zuvor in Bildung, Prävention und Integration investiert haben. Die Schulabbrecherquote konnte von über 10 % zu SPD-Zeiten auf unter 7-8 % gesenkt werden. Nie zuvor waren gerade in sozialen Brennpunkten mehr Sozialpädagogen z. B. an Hauptschulen im Einsatz als heute. Über 170 Kriminalprävationsräte arbeiten landesweit vorbildlich. Wir haben 15 Leitstellen für Integration, u.a. eine in Lüneburg, sowie eine eigene Integrationsbeauftragte für Niedersachsen eingerichtet und Integrationsprogramme sowie insbesondere vorschulische Sprachförderprogramme fur junge Migranten gleich zu Beginn unserer Regierung neu geschaffen und finanziell unterlegt. Die Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen ist auf dem niedrigsten Stand seit rund 15 Jahren. Der Landkreis Lüneburg hat Landesmittel in in Höhe von über einer halben Million Euro zur gezielten Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit erhalten.
Zusätzlich wurden etwa 1000 neue Stellen im Polizeibereich landesweit geschaffen, die für mehr Sicherheit auf unseren Straßen sorgen. Gleichzeitig haben wir neue Strafrichterstellen eingerichtet. Alle Maßnahmen zusammen bilden einen geeigneten Rahmen zur angemessenen Bekämpfung der Jugendkriminalität auch in Niedersachsen.
Gerne stehe ich Ihnen für ein Gespräch zur Verfügung.
Ihr Bernd Althusmann