Frage an Beatrix Philipp von Harry G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sie haben gegenüber der Rheinischen Post die sog. Online-Durchsuchung verteidigt ( http://www.rp-online.de/public/article/regional/duesseldorf/duesseldorf-stadt/nachrichten/465106 ):
"Ich verstehe nicht, dass die Bürger dem Staat weniger trauen als Aldi, Plus und Metro, denen sie bedenkenlos sämtliche Daten geben.“
Es gibt nicht wenige Buerger, die - wie ich - keine Online-Einkaeufe taetigen, kein Online-Banking machen und Cookies grundsaetzlich nicht zulassen.
(Anm. ich bin IT-Projektmanager und arbeite seit 1986 im IT-Umfeld, also durchaus technikaffin, aber auch mit den Problemen des Datenschutzes vertraut.)
Ich traue den ´datensammelnden Unternehmen´ keinen Meter weit. Warum also sollte ich dem Staat vertrauen?
Ausserdem hinkt der Vergleich zum Bundestrojaner, da man bei Online-Aktivitaeten die Wahl zwischen unterschiedlichen Anbietern hat, und auch die Kontrolle, welche Daten man preisgibt.
Der heimlichen Online-Durchsuchung fehlt derzeit nach wie vor eine Rechtsgrundlage, die grundgesetzkonform ist. Ein geheim stattfindender Einbruch in die Privatsphäre der Bürger ist ausschliesslich dazu geeignet, das Vertrauen des Buergers in den Staat zu erschuettern.
Im Namen einer nebuloesen Sicherheit (die es nie zu 100% geben kann) wird das Vertrauen der Bürger in den Staat genauso vernichtet, wie die Freiheit, fuer die unsere Vorfahren jahrhundertelang gekämpft haben.
So lange zigtausende Buerger jaehrlich an legalen Drogen wie Alkohol oder bei Verkehrsunfaellen ums Leben kommen, ohne, dass hier jemand ernsthaft die Ursachen bekaempft, bleibt dieser ganze Wahn mit den uns angeblich bedrohenden Terroristen in meinen Augen ein Vorwand, um einen totalitaeren Ueberwachungsstaat zu etablieren.
Gerne lasse ich mich von Ihnen eines Besseren belehren.
mit freundlichen Gruessen
h. graner
Sehr geehrter Herr Graner,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie sich kritisch zur Online-Durchsuchung äußern.
Auch mir ist bewusst, dass das Recht auf Schutz der Privatsphäre zu Recht einen sehr hohen Stellenwert genießt.
Aber ich möchte Sie dennoch auf Folgendes hinweisen:
Mit der Föderalismusreform haben wir dem Bundeskriminalamt die Aufgabe der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus übertragen.
Es geht bei Online-Durchsuchungen um gezielte Maßnahmen gegen einzelne hochprofessionelle schwerkriminelle Terroristen. 99% aller Menschen in Deutschland werden davon nie betroffen sein. Niemand denkt bei Online-Durchsuchungen an eine Schleppnetzfahndung im Internet. Zudem wird eine verfassungskonforme Online Durchsuchung nur auf richterlicher Anordnung erfolgen. Die Privatsphäre des Einzelnen bleibt selbstverständlich gewahrt. Es ist deshalb nicht nur verantwortungslos, sondern völlig abwegig, wenn Ängste in der Bevölkerung vor flächendeckender Ausforschung ihrer Computer -oft wider besseren Wissens- geschürt werden.
Im Übrigen wird zu prüfen sein, inwieweit das Instrument der
Online-Durchsuchung auch zur Aufklärung verabscheuungswürdiger Straftaten wie Kinderschändung und Kinderpornographie herangezogen werden kann. Dazu müsste eine entsprechende Rechtsgrundlage in der Strafprozessordnung geschaffen werden, was Frau Zypries allerdings bislang auch vehement ablehnt.
Ich darf Sie bitten, Ihren Standpunkt noch einmal zu überdenken.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Claudia Berger
(Wiss. Mitarbeiterin)