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Beatrix Philipp
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Frage von Helmut S. •

Frage an Beatrix Philipp von Helmut S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Philipp,

wieder einmal war ich entsetzt, als ich heute (05. Juni) im Spiegel (
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,628800,00.html ) und in der Welt (
http://www.welt.de/politik/article3868583/Politiker-nutzen-Killerspiele-als-Waffe-im-Wahlkampf.html ) lesen mußte, wie in diesem Land mit plattem Populismus ganz reale Politik gemacht wird:

Jetzt sollen sogenannte Killerspiele wegen des Amoklauf von Winnenden verboten werden. In meiner persönlichen Anschauung sind Amokläufer in ihrem Innersten zutiefst gekränkte und verletzte junge Männer, die - mangels Alternativen - ihren seelischen Schmerz auf diese entsetzliche Weise ausleben müssen.

Meiner Kenntnis zufolge gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg, daß Computerspiele im wirklichen Leben zu vermehrten Gewalttaten führen.

Ich persönlich kann diesen Spielen rein gar nichts abgewinnen.

Aber nach dem unsäglichen Vorstoß der Familienministerin Frau Dr. v. d. Leyen zur nur scheinbaren Sperrung von Kinderpornoseiten und dem geplanten Verbot von Spielen wie Gotcha und Paintball frage ich Sie:

1) Wie stehen Sie zum geplanten ´Killerspiel´-Verbot?

2) Beabsichtigen Sie, in dieser Frage das Gespräch mit den Innenministern der Länder zu suchen?

3) Wenn ja, mit welchem Ziel?

Mit freundlichem Gruß
Helmut Schibath

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schibath,

gern nehme ich zu Ihrer Anfrage vom 5.6.2009 Stellung, wenngleich sich ein Verbot von Killerspielen und insbesondere von Paintball inzwischen dahingehend gelöst hat, dass man von einem pauschalen Verbot Abstand genommen hat.

Dennoch möchte ich betonen, dass die Ansätze der Diskussion und des nach den Amokläufen von Erfurt im Jahre 2002 und zuletzt in Winnenden empfundenen Handlungsbedarfs sind durchaus unterschiedlich und aufgrund der Unterschiedlichkeit der Blickwinkel meiner Meinung nach auch allesamt ernst zu nehmen waren und weiterhin ernst zu nehmen sind.

Einigkeit besteht sicherlich dahingehend, dass das Risiko solch erschütternder und für uns alle in der Tragweite nachhaltiger Vorfälle, unabhängig von der derzeitigen konkreten Gesetzeslage und von weiteren Verschärfungen im Bereich des Waffenrechts, niemals ganz ausgeschlossen werden kann.

Bereits der Amoklauf in Erfurt vor sieben Jahren hat zu einer erheblichen Verschärfung des Waffenrechts geführt. So dürfen Sportschützen erst ab 21 Jahren Gewehre oder Pistolen besitzen; für Jäger wurde die Altersgrenze für den Besitz von Schusswaffen von 16 auf 18 Jahre angehoben. Bei Personen unter 25 Jahren wird nunmehr zudem ein Eignungstest in Form eines medizinisch-psychologischen Zeugnisses zur Voraussetzung für den Waffenbesitz gemacht.
Mit diesen Maßnahmen versuchte man, den Missbrauch von Waffen dauerhaft zu verhindern. Die o.g. Ereignisse zeigen jedoch, dass sich Missbrauch niemals ganz verhindern lässt; kriminelle Energie und psychisch bedingte gewaltüberschießende Handlungen einzelner Personen oder Personengruppen werden wir auch von staatlicher Seite niemals zu hundert Prozent verhindern können, so schlimm dies für die Hinterbliebenen der Opfer auch klingen mag.
Angestoßen durch die bestürzenden Ereignisse von Winnenden im März 2009 hatten die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD in einem Brief an die Familien der Opfer zugesagt zu prüfen, durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen die Sicherheit im Zusammenhang mit legalen Schusswaffen zu erhöhen sei. Hierbei war den nachvollziehbaren Forderungen der Angehörigen der Winnenden-Opfer Rechnung zu tragen. Gleichzeitig war es wichtig, Jäger und Schützen, deren weit überwiegende Mehrheit einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Waffen pflegt, nicht unter einen Gesamtverdacht zu stellen und unangemessenen Belastungen oder Beschränkungen auszusetzen.

Im Vordergrund stand unser Bestreben, eine praxistaugliche Lösung herbeizuführen. Durch die Erschwerung des Zugangs Unbefugter zu Schusswaffen sowie durch verbesserte Kontrollmöglichkeiten, bei gleichzeitiger Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Rechte von Schützen und Jägern, haben wir mehr Sicherheit geschaffen. Das Ergebnis kann von allen Betroffenen mitgetragen werden. Im Zusammenhang mit Winnenden hat uns weiterhin die Frage nach „Spielen“ wie Laserdome oder Paintball/Gotcha beschäftigt, die das Verletzen oder Töten von Menschen realitätsnah simulieren. Wir halten dieses für besorgniserregend, wenn auch nicht für zwangläufig verbotswürdig. Die CDU/CSU-Fraktion spricht sich für eine wissenschaftliche Prüfung der Gefährlichkeit dieser Spiele aus, um eine Antwort darauf zu bekommen, inwieweit diese Art der Spiele unsere Gesellschaft langfristig „beeinträchtigen“ und die Spieler sich durch die Übung mit waffenähnlichen Gegenständen in einer fingierten, einem der Wirklichkeit durchaus sehr ähnlichen Szenario (durch entsprechende Kleidung und Schaffung eines „realen“ Kampfschauplatzes), im Umgang mit echten Waffen schulen und sich damit im Ergebnis auf reale gewalttätige Auseinandersetzungen vorbereiten. Eine solche Untersuchung muss meiner Meinung nach primäres Ziel bei der Auseinandersetzung mit einem solchen Thema sein, bevor wir uns auf parlamentarischer Ebene mit Verboten, welcher Art auch immer, beschäftigen.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass eine Regulierung von Seiten des Staates in Form der gesetzlichen Generalisierung von Einzelfällen nicht die Lösung sein kann, wenn gesetzliche Tatbestände/Verbote in der Realität und nicht zuletzt aufgrund bestehender Vollzugsdefizite wieder einmal auseinanderfallen und die schrecklichen Folgen einer Tat wie in Winnenden die Bürger und Bürgerinnen zutiefst schockieren.

Bereits vor diesen Änderungen besaß Deutschland eines der strengsten Waffengesetze weltweit. Durch die jetzigen Anpassungen haben wir auf aktuelle Entwicklungen reagiert und so die öffentliche Sicherheit weiter verbessert. Wir haben hierbei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheitsbedürfnis und den Interessen von Schützen und Jägern geachtet. Uns ist bewusst, dass Vorkommnisse wie Winnenden auch durch noch so perfekte Gesetze nicht völlig ausgeschlossen werden können. Auch in Zukunft kommt es in erster Linie auf das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen Waffenbesitzers an.

Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, Geschehnissen wie in Winnenden nicht mit einer übersteigerten Reaktion im Waffenrecht und einem pauschalen Verbot jeglicher Art von „Spielen“ wie Paintball, Laserdome etc. zu begegnen.

Ich hoffe, Ihnen meine Position ausreichend dargelegt zu haben, und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Beatrix Philipp