Frage an Barbara Sommer von Sven B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Sommer,
wieso halten Sie am dreigliedrigen Schulsystem fest? Welche guten und wissenschaftlich begründeten Gründe gibt es dafür? Ich kann da leider keine erkennen, und dies Schulsystem schafft immerhin die größte soziale Selektion im Schulsystem, bei allen im Pisatest untersuchten nationalen Schulsystemen. Wenn es dafür keine gute Begründung gibt, müssen die Menschen aus sozial schwächeren Schichten doch annehmen, dass die CDU dieses System nur beibehält um die sozial bessergestellten Schichten und deren Kinder zu schützen und von "Pöbel" fern zu halten.
Danke
Sven Benecke
Sehr geehrter Herr Benecke,
Danke für Ihre Frage.
Wir wollen am dreigliedrigen Schulsystem festhalten, denn die Lösung im Bildungsbereich ist nicht im Schulsystem, sondern in der individuellen Unterstützung und Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu suchen. Durch die Einführung von Einheitsschulen käme es zu Schließungen von Schulen im ländlichen Raum und zur Gründung von „Mammutschulen“ mit 1.000 Schülerinnen und Schülern. Die Kommunen müssten Kosten in Milliardenhöhe tragen, was in der jetzigen Lage kaum zu schaffen wäre.
Wir glauben, dass das Einheitsschulsystem nach der Maxime „Für alle Schüler dasselbe“ Pädagogik von gestern ist. Stattdessen brauchen wir ein differenziertes Schulsystem, in dem es für Schülerinnen und Schüler vielfältige Wege und Anschlüsse gibt. Allein durch einen längeren gemeinsamen Unterricht kann man die sozialen Unterschiede nicht ausgleichen.
Durch die erstmals auch im Schulgesetz verankerte individuelle Förderung hat die Landesregierung die Voraussetzungen dafür geschaffen, mehr Schülerinnen und Schülern den Aufstieg in eine höhere Schulform zu ermöglichen. Umgesetzt wird dies durch neu geschaffene und – trotz zurückgehender Schülerzahlen – im System belassene Lehrstellen. Damit gelingt es besser als vorher, den Schülerinnen und Schülern ihre Begabungen entsprechend einen Bildungsweg und somit eine berufliche Zukunft zu ermöglichen.
Diese Durchlässigkeit im nordrhein-westfälischen Schulsystem hat sich seit 2005 kontinuierlich verbessert. Und zwar zum Positiven. Kam in den Jahren 2000 bis 2005 im Mittel auf 15 „Schulabsteiger“ nur ein „Schulaufsteiger“, so lag diese Quote zum Schuljahr 2009/10 etwa bei 7 zu1.
Wir sind uns einig, dass die Probleme in den Schulen NRWs nur mit individueller Förderung der Schülerinnen und Schüler und eben nicht durch die Abschaffung des mehrgliedrigen Schulsystems zu erreichen sind. Selbst PISA 2006 stellte fest: „Insgesamt zeigt sich, dass Jugendliche in gegliederten Schulsystemen im Schnitt weder besser noch schlechter abschneiden als Jugendliche in Systemen mit nur einem Schultyp.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen zufrieden stellend beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Sommer