Frage an Barbara Sommer von Birgitt F. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Ministerin Sommer,
hier meine Fragen:
1.Wenn an dem KsF die Kinder sind,die für den GU nicht geeignet sein werden,wie stellen Sie sicher,dass es keine "Restschule" wird,die dann wahrscheinlich noch stärker stigmatisiert sein wird,als die Förderschule (FS) heute?
2.Wie sollen kleinere Klassen entstehen,wenn Schulen geschlossen o. zu Verbundschulen werden?
3.Plant das Ministerium die endgültige Schließung der FS in ca.10 Jahren,wie viele es fordern?
4.Bisher hat man,wenn Förderschulpädagogen an die allg. Schulen versetzt wurden, Lehrer/innen im allg. Unterricht abgezogen,damit der Schüler-Lehrer-Schlüssel gleich blieb und damit es nicht zu teuer wurde.Wird sich das ändern?
5.Wo kommen diese FS-Pädagogen her?An den FS darf der Unterricht nicht gekürzt werden oder ausfallen!
6.Werden verbindliche Konzepte für alle GU-Schulen ausgearbeitet,an dem zukünftige Ausbilder sich orientieren können (Zeugnis)?
7.Bleibt die Zusammenarbeit mit der Reha-Abteilung/Arbeitsamt ? Wie erfahren Eltern von den Rechten f. ihre Kinder (Schwerbehindertengesetz)?
8.Warum sollen sich die Förderschulen LB für SQ und ES öffnen?Wäre es nicht sinnvoller,wenn die allg. Schulen dies tun würden und die FS weiter als Experten für den jeweiligen Fördeschwerpunkt bestehen blieben?
9.Was geschieht mit den Kindern, wo schon in der ersten Klasse oder sogar im KiGa schon abzusehen ist,dass ein Kind Förderbedarfe hat u. den Schonraum FS braucht? Wird dann das AO-SF-Verfahren früher eingeleitet und ggf. die Förderschule in Betracht gezogen oder wird das Kind im GU „durchgezogen“?
10.Müssen diese Kinder auch in den GU,obwohl die Eltern die FS wollen?Wenn GU wie geplant so forciert wird,dann wird es in ca. 3-4 Jahren an den Förderschulen keine 1.bis 3. Klasse mehr geben.Was dann?
11.Warum sollen FS-Pädagogen,Kinder unterrichten,die sie menschlich überfordern(z.B.bei ES-Förderbedarf)?
12.Wie klappt der Nachteilsausgleich im GU?Wie wird Neid/Mobbing vorgebeugt?
VIELEN DANK! Mit freundl.Gruß!
Sehr geehrte Frau Ferrier,
Ihre Fragen betreffen sowohl die Zukunft der sonderpädagogischen Förderung angesichts der Herausforderungen der seit März 2009 in Deutschland geltenden UN-Behindertenrechtskonvention als auch das Modell der Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung in Nordrhein-Westfalen. Ich erlaube mir, im Zusammenhang darauf einzugehen:
Die Landesregierung beabsichtigt als Antwort auf die UN-Behindertenrechtskonvention unter anderem ein grundsätzliches Elternwahlrecht auf den schulischen Förderort für ein behindertes (sonderpädagogisch zu förderndes) Kind einzuführen. Dabei sollen Eltern – nach einer entsprechenden Umsetzung in Landesrecht das grundsätzliche Recht erhalten, zwischen Förderschule und allgemeiner Schule in zumutbarer Entfernung zu wählen. In der Konsequenz geht die Landesregierung davon aus, dass dies zu einer deutlichen Ausweitung des gemeinsamen Lernens von behinderten und nicht behinderten Kindern in den allgemeinen Schulen führen wird, sich aber gleichwohl auch künftig viele Eltern für eine Förderung ihrer Kinder in Förderschulen aussprechen werden. Insofern ist auch künftig von einer Pluralität der Förderorte auszugehen – wobei es zwischen den unterschiedlichen Förderschwerpunkten Unterschiede geben mag.
Zur Umsetzung dieses Ziels und zu weiteren Fragen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind (Folgen für die Schulträger, Akzeptanz in der allgemeinen Schule, Mentalitätswechsel, Unterstützungsbedarfe, Fort- und Ausbildung etc.) habe ich einen Gesprächskreis ins Leben gerufen, an dem Eltern- und Lehrerverbände, Schulträger, Fachverbände, Wissenschaft und Politik beteiligt sind. In diesem Zusammenhang sind auch einige der von Ihnen aufgeworfenen Fragen zu klären, die letztlich in ein Konzept der Landesregierung fließen sollen, das dann Antworten auf diese Fragen gibt. Keinesfalls ist es beabsichtigt, den Ausbau des gemeinsamen Lernens zum Nachteil der Kinder, die eine Förderschule besuchen, zu forcieren – etwa indem dort unverhältnismäßig Stellen abgezogen werden und die Unterrichtsversorgung gefährdet wird.
Maßstab des Veränderungsprozesses soll demnach der Elternwille werden. In 30 Pilotregionen mit Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung (ab Sommer können es bis zu 50 werden) werden derzeit bereits neue Wege beschritten, um zu einem regionalen Gesamtkonzept der sonderpädagogischen Förderung zu kommen. Weiterführende Informationen dazu, in denen viele Ihrer Fragen beantwortet werden, finden Sie auf der der Homepage des Schulministeriums ( http://www.schulministerium.nrw.de ).
Lassen Sie mich auf eine Sorge eingehen, die Sie besonders zu beschäftigen scheint: Wenn tatsächlich künftig mehr und mehr Kinder in den allgemeinen Schulen „inklusiv“ gefördert werden, dann wird das sicherlich dazu führen, dass in den Förderschulen weniger Kinder unterrichtet werden. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass dies dann die besonders schweren Fälle sind (da Maßstab ja der Elternwunsch sein soll), dies ist aber auch nicht auszuschließen.
Wenn die Zahl der Kinder, die eine Förderschule besuchen wollen bzw. sollen, in einer Region deutlich sinkt, dann dürfte das tatsächlich zur Folge haben, dass sich die Zahl der Förderschulstandorte mittelfristig verringert. In Ballungsräumen dürfte das keine schwerwiegenden Nachteile für die Eltern, die für ihr Kind eine Förderschule wünschen, mit sich bringen. Im eher ländlichen Raum wird man über die Möglichkeit nachdenken müssen, ehemals selbstständige Schulen als eine Schule mit verschiedenen Standorten zu führen. Grundsätzlich denkbar wäre auch die Möglichkeit, in einer solchen Situation „Außenklassen-Modelle“ an allgemeinen Schulen einzurichten für die Kinder jener Eltern, die keinen gemeinsamen Unterricht wünschen. Hier sollte vor Ort über Lösungen nachgedacht werden. Auch dazu bietet das Konzept der Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung besonders gute Voraussetzungen. Derzeit ist es aber doch noch so, dass erst 16,6 Prozent aller Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen gefördert werden und 83,4 Prozent in Förderschulen. Die von Ihnen als Anhängerin der Förderschulen befürchtete Situation dürfte also so bald nicht eintreten.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen konkret beantworten und Ihnen die Sorge um die Zukunft der Förderschulen nehmen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Sommer