Frage an Barbara Schleicher-Rothmund von Oliver L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Schleicher-Rothmund,
wie stehen Sie zu den besonderen Loyalitätspflichten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft, die weit über jene des Tendenzschutzes hinausgehen und das Privatleben der Menschen zum Gegenstand von Arbeitsverträgen machen? Stimmen Sie der Aussage zu, dass beispielsweise die Rechtmäßigkeit einer Kündigung aufgrund einer Scheidung oder anderer privater Lebensverhältnisse, zumal bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Tätigkeit nicht im direkten Zusammenhang mit der Verkündigungsarbeit der betreffenden Kirche steht, mit den Grundwerten der Sozialdemokratie nicht in Einklang zu bringen ist?
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Lösch
Sehr geehrter Herr Lösch,
der Schutz von Arbeitnehmerrechten spielt bei Sozialdemokraten eine hohe Rolle. Und natürlich hat jeder Mensch das Recht auf sein Privatleben. Das wird im Übrigen durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert. Gleichwohl haben Religionsgemeinschaften, die unter dem Schutz der Religionsfreiheit stehen, das Recht die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren.
Somit muss in jedem Einzelfall abgewogen werden zwischen den vereinbarten Loyalitätspflichten und den gegenläufigen Interessen, bei denen auch die vom Beschäftigen ausgeübte Tätigkeit und die berufliche Entwicklung berücksichtigt werden.
Der EGH für Menschenrechte hat im vergangenen Herbst die Rechte der ArbeitnehmerInnen in diesem Sinn gestärkt.
Mit freundlichem Gruß
Barbara Schleicher-Rothmund