Frage an Barbara Judith Bruhn von Clemens J. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Bruhn,
Herr Mappus hat gestern in Heilbronn gesagt, er würde den Rückkauf der EnBW-Anteile wieder genauso machen.
Würden Sie als Abgeordnete nicht gern bei einem solchen Milliarden-Deal gefragt, wenn Sie für die Grünen im Landtag säßen? Gibt es Ihrer Auffassung nach Regierungsaufgaben, die am Parlament vorbei getätigt werden sollten?
Über eine Antwort hier auf abgeordnetenwatch.de freue ich mich sehr.
Vielen Dank für Ihre Zeit, mit besten Grüßen.
Clemens Jacob
Sehr geehrter Herr Jacob,
vielen Dank für Ihre Frage.
Bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich bezüglich dieser Thematik nicht immer den richtigen Ton treffe. Das Einzige, was ich bislang über den Auftritt von Herrn MP Mappus in der Zeitung gelesen habe, war dieser von Ihnen zitierte Satz. Für mich ein absoluter Skandal. Selbstverständlich möchte ich als Parlamentarier über diese Dinge entscheiden, wozu ist denn ein Parlament ansonsten da? Doch wohl kaum, um zu allem Ja und Amen zu sagen. Das ist jedenfalls mein Verständnis von Demokratie. Ich will ja ins Parlament, um zu gestalten.
Die Aufgaben zwischen Parlament und Landesregierung sind - eigentlich - durch die Verfassung klar geregelt. Über den Haushalt befindet üblicherweise das Parlament und nicht die Regierung. Insofern gehe ich auch davon aus, dass der Staatsgerichtshof entsprechend entscheiden wird. Der Deal ist aber leider bereits gelaufen.
Der EnBW-Deal ist aus meiner Sicht auch inhaltlich ein ganz großer Fehler. Erst werden die Aktien verkauft, dann mit einem Riesenverlust wiedergekauft (auf Pump, versteht sich) mit der Aussicht auf weitere bittere Verluste. Das nennt man dann Wirtschaftskompetenz. Jeder Sparkassen-Azubi würde durch die Prüfung fallen, wenn er so ein Geschäft auch nur andenken würde. Dann noch die Dreistigkeit der Landesregierung, das als Erfolg zu verkaufen.
Um es zu verdeutlichen: Das Land überweist der EdF pro Aktie 41,50 Euro. Das sind 18 Prozent mehr als die EnBW-Aktien zuletzt an der Börse wert waren, obwohl nur 2% der Aktien überhaupt in Streubesitz sind. Wenn Sie sich den Kursverlauf der EnBW-Aktie ansehen, können Sie erkennen, dass dieser just mit dem hochgelobten Deal in die Höhe schnellt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Kein normal denkender Mensch würde zudem in ein Unternehmen mit überkommenem Geschäftsmodell investieren, mit einen so hohen Anteil an Atomkraft an der Stromproduktion. Die Gewinne werden einbrechen, weil die EnBW im Gasbereich schlecht aufgestellt ist und vor allem für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht die schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung für AKWs für verfassungswidrig erklärt. Die Folge: Sinkt der Ertrag der EnBW, müssen am Ende die SteuerzahlerInnen für den Kauf aufkommen. Die Financial Times Deutschland schrieb wegen des riskanten Vorgehens bereits: „Mappus macht auf «Heuschrecke».“ Dies hätte eine Debatte im Landtag zutage gebracht und jeder Parlamentarier hätte sich überlegen müssen, wie er abstimmt. Er hätte dann zumindest die persönliche moralische Verantwortung übernommen.
Natürlich ist es nicht Aufgabe des Parlaments, über jede einzelne Handlung des MP zu beraten und abzustimmen. Artikel 27 der Landesverfassung besagt in Abs (2): Der Landtag übt die gesetzgebende Gewalt aus und überwacht die Ausübung der vollziehenden Gewalt nach Maßgabe dieser Verfassung. Während es in Artikel 45 Abs. (1) heißt: die Regierung übt die vollziehende Gewalt aus. Aber selbstverständlich auf der Grundlage von (vom Parlament beschlossenen) Gesetzen, nicht im luftleeren Raum. Die Frage, wofür werden die vorhandenen Mittel ausgegeben, wird im Haushaltsgesetz geregelt. Dieses berät und verabschiedet das Parlament. Deshalb musste auch MP Mappus formal die Vorschriften einhalten, weshalb er sich (bzw. sein Finanzminister) auf den Notstandsartikel 81 der Landesverfassung beruft.
Für mich ist Demokratie nichts, woran man sich nur bei schönem Wetter hält. Mir persönlich ist es damit sehr ernst, auch wenn ich akzeptieren muss, dass ich nicht immer das umsetzen kann, was ich für richtig halte (siehe Hamburger Schulreform).
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Bruhn