Portrait von Barbara Höll
Barbara Höll
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Barbara Höll zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Peter S. •

Frage an Barbara Höll von Peter S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Frau Dr. Höll,

wie stehen Sie zur gegenwärtig geübten deutschen Handhabungspraxis des Strafrechts für
a) überführte Sexualstraftäter und
b) Wiederholungstäter
vor dem aktuellen Hintergrund der Ermordung der kleinen Michelle in Leipzig?

Sollten Sie Verbesserungswürdiges konstatieren, wie beabsichtigen Sie Einfluß auf Veränderungen zu nehmen?

Mit freundlichen Grüßen
P. Schümichen

Portrait von Barbara Höll
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Peter Schümichen,

dies Verbrechen hat mich zutiefst erschüttert. Es ist eine grauenhafte Tat. Es sollte mit der gebotenen Härte und den Möglichkeiten des Strafgesetzbuches geahndet werden.

Doch bin ich nicht der Meinung, dass aus diesem Grunde umgehend Gesetze verschärft oder geändert werden müssten. Ein Blick in die Gesetzte zeigt, dass der Rahmen den das Strafgesetzbuch bietet ausreichend ist, insbesondere durch die freiheitsentziehenden Maßnahmen die durch den § 211 gegeben sind. Der Gesetzgeber hat den Gerichten zudem die Möglichkeit der "Sicherungsverwahrung" gewährt.

Zur Verhinderung von Sexualdelikten plädiere ich für eine therapeutische Betreuung der straffälligen Sexualtäter bereits während und nach dem Strafvollzug. Es ist ein Unding, dass nur ein Bruchteil der Verurteilten therapeutisch betreut wird. Die Rückfallquoten bei Therapieangeboten für Sexualstraftäter sind bedeutend niedriger, dies zeigen auch internationale Studien. Die Strafe sollte immer mit einem Therapieangebot verbunden werden.

Auch der Gedanke der Resozialisierung ist mir wichtig. Ein Sexualstraftäter hat ein Recht auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft, so weit keine Rückfallgefahr besteht. Doch das Restrisiko eines Wiederholungsfalls kann eine demokratische Gesellschaft niemals ausschließen. Aber eine Gesellschaft kann und sollte Therapiemöglichkeiten schaffen. Menschen mit sexuellen Störungen sollten Angebote gemacht werden, wie sie beispielsweise derzeit die Berliner Charite für Pädophile bietet. Bei nicht therapierbaren Personen und/oder einer Gefahr für die Bevölkerung besteht schon heute die Möglichkeit der Einweisung in eine (geschlossene) Psychiatrie.

Leider werden diese Maßnahmen Michelle nicht helfen können, aber sie könnten die Anzahl zukünftiger Straftaten eingrenzen..

Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen hinreichend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Barbara Höll