Frage an Barbara Höll von Albrecht W. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Blick auf die Bundestagswahl im September habe ich mir Ihr Wahlprogramm "Für eine neue soziale Idee" von der ersten bis zur letzten Seite durchgelesen.
Dabei stellten sich mir einige Fragen, ich hoffe Sie können mir diese beantworten.
In ihrem Bundestagswahlprogramm stellen Sie folgende Forderungen auf, die Sie den Wählern in Aussicht stellen:
-Ausweitung von Öffentlichen Dienstleistungen
-Massive Ausweitung von öffentlichen Investitionen durch ein Investitionsprogramm im Umfang von 30 Mrd. Euro mit Lohnkostenzuschüssen im Niedriglohnbereich
-Wiederherstellung der längeren Bezugsdauer des Arbeitslosengeld I
-Anhebung des Arbeitslosengeldes II auf 420 Euro in Ost und West
-Aufstockung des steuerfreien Existenzminimums auf 12000 Euro
-800 Euro Grundrente für alle
-Gebührenfreiheit in Schule, Lehre und Universität
-Gebührenfreie Kita-Plätze für alle Kinder
-Erhöhung des Kindergeldes auf 250 Euro, keine Anrechnung des Kindergeldes bei Beziehern von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe
-Abschaffung der Kaffee-, Bier-, Feuerschutz- und Weinsteuer
-Ermäßigte Mehrwertsteuer beim Handwerk und apothekenpflichtigen Medikamenten
-Anhebung der Fahrtkostenpauschale auf 40 Cent/km
-Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7% des BIP
Ich frage Sie, sehr geehrte Frau Höll, wie möchten Sie diese Wahlgeschenke gegenfinanzieren angesichts einer Staatsverschuldung von 1,4 Billionen Euro (1400 Milliarden Euro)?
Da in Ihrem Wahlprogramm keinerlei Sparmaßnahmen genannt werden, gehe ich davon aus dass diese Wahlgeschenke ausschließlich über Steuererhöhungen und Neuverschuldung finanziert werden sollen. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass die Spitzenverdiener in unserem Lande (ich gehöre leider nicht dazu) wohl kaum bereit sind noch weitere Steuererhöhungen hinzunehmen und ihr Kapital schleunigst ins Ausland schaffen werden, wenn sie das nicht schon längst getan haben. Angesichts dieser Aussichten dürften die von Ihnen geplanten Steuererhöhungen doch eher Kapitalflucht als zusätzliches Geld in die Kassen für Ihre sozialen Wohltaten bringen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir mitteilen würden, wie Ihre Wahlversprechen gegenfinanziert sind.
Des Weiteren ist es für mich intellektuell nicht nachvollziehbar, wie Sie in Ihrem Wahlprogramm schreiben können: "Der Trend, die Arbeitszeiten wieder zu verlängern, meist ohne Lohnausgleich, muss gestoppt und umgekehrt werden. Er bedeutet Lohnsenkung und führt zu mehr Arbeitslosigkeit."
Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Löhne sinken, dann wird es auch für den Unternehmer rentabel neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Arbeitslosigkeit sinkt. Das hat schon Karl Marx vor über 100 Jahren gewußt (als ehemalige ML-Studentin brauche ich Ihnen doch nichts zur Mehrwerttheorie zu erklären), und das beweisen die vielen Unternehmen, die Arbeitsplätze ins billigere (osteuropäische) Ausland verlagern.
Da Sie Ihr Wahlprogramm hoffentlich nicht nur für die Opposition geschrieben haben, denn warum sollte man dann Ihre Partei wählen, wäre ich erfreut, wenn Sie mir meine Fragen beantworten könnten.
Mit freundlichen Grüßen und herzlichem Dank
Albrecht Walther
Sehr geehrter Herr Walther,
das Thema Gegenfinanzierung ist zugegebenermaßen sehr komplex und würde an dieser Stelle den Rahmen einer üblichen e-mail sprengen. Grundsätzlich kann ich Ihnen jedoch versichern, dass vor allem bezüglich der Wiedererhebung der Vermögenssteuer sowie der Börsensteuer für einen gegenfinanzierten Ermessensspielraum gesorgt ist. Diese Form der Gegenfinanzierung ist damit auch ganz im Sinne einer sozial gerechten Umverteilung von oben nach unten - wie sie die Linkspartei vorsieht.
Sollten sich daraus für Sie weitere Fragen ergeben und auch bezüglich Ihrer übrigen Fragen, möchte ich Sie hiermit gern an unseren Steuerexperten Herrn Andreas Schuster (unter: www.andreas.schuster.de) verweisen. e-Mail: schuster@pds-fraktion-thueringen.de
Mit freundlichen Grüßen
B. Höll