Frage an Barbara Höll von Siamac Alexander R. bezüglich Finanzen
Guten Tag Frau Dr. Höll,
meine Fragen sind eigentlich recht simpel.
Wie stellt sich DIE LINKE vor, wie die Reaktionen der Millionäre, Unternehmer, bessersituierten sein wird?
Warum sollte ich als besserverdienender weiterhin in Deutschland bleiben und vor allem investieren, wenn mir sprichwörtlich solche Steine in den Weg gelegt werden?
Wie sehen Sie die "Gefahr", dass eben dieser Personenkreis Deutschland den Rücken kehren würde?
Mit freundlichen Grüßen
Siamac Alexander Rahnavard
Sehr geehrter Herr Rahnavard,
ich nehme an, Sie beziehen Ihre Frage auf das Steuerkonzept der LINKEN.
Ich denke nicht, dass der von Ihnen genannte Personenkreis aufgrund unseres Steuerkonzeptes Deutschland den Rücken kehren würde. Dies, weil Deutschland aktuell für Unternehmer, Besserverdiener und Kapitalanleger ein Niedrigsteuerland ist. Das zeigen regelmäßig die entsprechenden Statistiken und Veröffentlichungen der OECD. Daraus nur ein Beispiel: Wenn Deutschland nur im OECD-Durchschnitt Vermögen besteuern würde, stünden 25 Milliarden mehr Steuereinnahmen zur Verfügung. Bei einer Besteuerung wie in der Schweiz oder Frankreich wären es 35 Milliarden und wenn Vermögen wie in den USA besteuert würden, wären es sogar über 50 Milliarden Euro mehr pro Jahr. Es besteht also selbst im internationalen Vergleich durchaus Spielraum für eine höhere Besteuerung der hohen Einkommen und Vermögen.
Die nationale Steuerpolitik muss natürlich durch die Eindämmung des internationalen Steuerwettbewerbs flankiert werden. Die Drohung mit dem Wegzug hat in den letzten Jahren maßgeblich zu einer Erosion von Steuerquellen und Steuermoral sowie zu einer Verschiebung der Steuerlast weg von mobilen (Finanzkapital, Großunternehmen, Reiche) hin zu immobilen Steuerquellen und –zahlerInnen (ArbeitnehmerInnen, kleine und mittlere Unternehmen) geführt. Das ist sowohl ungerecht wie ineffektiv. Daher bedarf es international einer stärkeren steuerpolitischen Koordination, angefangen auf der EU-Ebene. Die europaweite Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage und die Einführung von Mindeststeuersätzen für Kapitaleinkommen und bei der Unternehmensbesteuerung wären erste wichtige Schritte in diese Richtung.
Eine Lehre aus der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise ist, dass Investitionen nicht von Steuervermeidung angetrieben sein sollten. Die massiven Steuererleichterungen für Kapitalgeber und Unternehmen durch Rot-Grüne und Große Koalition haben nicht zu einem Mehr an produktiven Investitionen in Deutschland geführt. Stattdessen wurde Kapital vor allem in spekulative Anlagen gepumpt – eine Ursache für die Wirtschafts- und Finanzkrise. Um produktive und langfristige Investitionen anzuregen, bedarf es vor allem einer Stärkung des Binnenmarktes.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Barbara Höll