Frage an Barbara Becker von Linus P.
Sehen Sie die Reaktivierung der Steigerwaldbahn als Chance, oder eher als Problem für die Region. Sind Sie für oder gegen die Reaktivierung?
Falls Nein, was schlagen Sie dann vor, sollte mit den Schienen passieren?
Schnellradweg drüber?
Lieber Linus Pecher,
danke für diese Frage. Ich beantworte sie gerne:
Grundsätzlich bin ich ein Fan von Bahn-Reaktivierungen.
Nach zweieinhalb Jahren Erfahrung im Bayerischen Landtag hier meine Einschätzung:
In meinem Stimmkreis gibt es zwei Bahnlinien, die man theoretisch reaktivieren könnte.
1. Die Mainschleifenbahn von Volkach-Astheim zum Hauptbahnhof in Würzburg und
2. die sogenannte "Steigerwald-Bahnstrecke".
Bei der Mainschleifenbahn stehen die Chancen sehr gut: Alle Beteiligten sind sich einig, dass sie die Reaktivierung wollen: Gemeinden, Mainschleifenbahnverein, die drei (!) beteiligten Landkreise. Die Bahnstrecke ist sehr gut gepflegt und kann jederzeit befahren werden. Das BEG-Gutachten bescheinigt, dass auf der Strecke um die 1400 Fahrgast-KM zusammenkommen (1000 ist die Grenze, ab der es sich einigermaßen lohnt, das Angebot von Busverkehr auf Bahn umzustellen). Alle wollen, und doch ist es unglaublich komplex. Der nächste Schritt: Eine Weiche in Seligenstadt bauen, damit die Strecke wieder bis Würzburg durchführt. Wenn alle Schritte reibungslos klappen, rechnen wir mit einer Reaktivierung im Jahr 2027, sehr optimistisch schon 2026.
Bei der Strecke von Sennfeld bis Großlangheim, also bei der sogenannten „Steigerwaldbahn“, sind die Voraussetzung anders. Die Beteiligten sind sich nicht einig. Die Strecke ist in keinem guten Zustand. Die Strecke hört in Großlangheim auf. Es ist also weitaus komplizierter als bei der Mainschleifenbahn.
Welche Ideen gibt es?
1. Ein Teil der Bürger/innen bevorzugt eine Reaktivierung. Das ist bei Weitem die komplexeste Lösung. Und wird wohl am längsten dauern. Alle Fragen, die bei der Mainschleifenbahn längst geklärt sind, stehen noch am Anfang. Die Reaktivierung ist auch die Lösung mit den höchsten Gesamtkosten.
2. Ein Teil der Bürger/innen möchte eine sehr niederschwellige Lösung: einen Schnellradweg. Diese Lösung wäre von den Gesamtkosten her sehr günstig. Die Strecke könnte sich tendenziell eher als Naherholungsgebiet entwickeln.
3. Wieder ein anderer Teil der Bevölkerung arbeitet an einer Lösung, bei der wir die Strecke für Schnellbusse nutzen könnten. Du hast es vielleicht in den Zeitungen verfolgt. Wir von der CSU arbeiten an einer Lösung mit autonom fahrenden Bussen. Auch bei diesem Konzept sind noch viele Fragen zu beantworten. Wir hoffen, dass diese Lösung schneller und unkomplizierter zu verwirklichen ist als eine Reaktivierung, zugleich mehr Nutzen für Pendler/innen bringt als ein Radweg. Außerdem ermöglicht diese Lösung die unkomplizierte direkte Anbindung an den Bahnhof Kitzingen und die Innenstadt von Schweinfurt. Was ich mir von dieser Lösung erhoffe? Das Konzept der (autonom fahrenden) Schnellbusse könnte von den Gemeinden eher akzeptiert werden. Denn: Dass Menschen, die mitten in einer Siedlung sehr nah an den alten Gleisen wohnen, Sorge haben vor schnell vorbeifahrenden Zügen, kann ich nachvollziehen. Eine Busstrecke könnte in Einzelfällen auch einen Streckenverlauf nehmen, der diese Siedlung ausspart. Die Umsetzung dieser Lösung wäre von den Gesamtkosten her deutlich günstiger, als die Bahn wider instand zu setzen. Und wir haben die Partner DB Regio Bus und das Unternehmen ZF aus Schweinfurt schon an Bord. Wir könnten ein bundesweites Vorzeigeprojekt realisieren, von dem wir Erkenntnisse ableiten können, wie wir guten ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr) im ländlichen Raum innovativ gestalten können.
Lieber Linus, ich freue mich sehr, wenn Schüler/innen aus „meiner“ Schule (ich war vor gefühlt ewigen Zeiten im LSH mal Schülersprecherin ;-) sich für politische Fragen und regionale Projekte interessieren. Vielleicht hast du auch eine Idee, wie man mit dieser Frage umgehen könnte. Vielleicht wohnst du an der alten Strecke und sorgst dich um die Sicherheit, falls irgendwann wieder Züge fahren sollten. Vielleicht sorgst du dich, dass weder Bahn noch Busse ausgelastet werden und sich die Investition nicht lohnen wird. Vielleicht kennst du den Stand der Planungen zu dem Projekt autonome Busse noch nicht und möchtest gerne mehr dazu wissen. Vielleicht hast du eine Idee dazu, die noch kein Anderer hatte. Wie auch immer, ich freue mich, wenn du mir weiterhin schreibst. Du kannst das gerne über abgeordnetenwatch tun oder auch direkt: info@barbarabecker.net.
Herzlich,
Barbara Becker, MdL