Wie stehen Sie zur Problematik der Intransparenz hinsichtlich Lobbyismus im Parlament und bei Regierunsmitgliedern ?
Sehr geehrte Frau Kofler,
das demnächst in Kraft tretende Lobbyregister hat nach meiner Ansicht lediglich eine Alibi-Funktion. Es fehlen effektive Transparenzpflichten, so dass Lobbyakteure weiterhin vor der Öffentlichkeit verborgen ihrer Arbeit nachgehen können.
Wer wann und worüber mit wem redet, muss darin nicht veröffentlicht werden.
Insbesondere frühere Parlaments-Abgeordnete oder Ex-Regierungsmitglieder können nach wie vor im Verborgenen als "Türöffner" für Konzerne agieren und im Sinne ihrer Auftraggeber auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Das zum 1. Januar 2022 in Kraft tretende Lobbyregister-Gesetz ist aus meiner Sicht ein richtiger Schritt für mehr Transparenz. Lobbyistinnen und Lobbyisten müssen umfassende Angaben zu ihrer Identität und zum Gegenstand sowie zur Finanzierung der Interessenvertretung machen. Auch müssen sie sich an einen verbindlichen Verhaltenskodex halten. Bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht droht ein Bußgeld bis zu 50 000 Euro. Verstöße gegen den Verhaltenskodex werden im Register veröffentlicht. So gewährleistet das Gesetz mehr Transparenz über die Einflussnahme von Interessensvertreterinnen und -vertreter auf Parlament und Regierung. Gemeinsam mit meiner Fraktion kämpfe ich weiter für einen sog. "exekutiven Fußabdruck", der Einflussnahme durch Konzerne, Interessenverbände oder Organisationen auf die Gesetzgebung sichtbar macht. Dieser exekutive Fußabdruck wäre ein wichtiger Beitrag zur Schaffung von Transparenz im Bereich der Gesetzgebung gewesen, war aber mit unserem Koalitionspartner nicht umsetzbar.
Bei der Entstehung des Gesetzes wurden so auch die unterschiedlichen Haltungen in der Koalition deutlich: Die Union wollte das Register ausschließlich auf Kontakte von Lobbyisten zu Bundestagsabgeordneten beschränken und nicht auf die Bundesregierung ausweiten. Diese Beschränkung hat die SPD aus unserer Sicht erfolgreich verhindert. Über 90 Prozent der Gesetze werden in den Ministerien verfasst. Natürlich wenden sich Lobbyisten daher in erster Linie an die Ministerien. Künftig werden sie nun auch erfasst.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bärbel Kofler