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Bärbel Kofler
SPD
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Frage von Michael K. •

Frage an Bärbel Kofler von Michael K. bezüglich Wirtschaft

Sehr verehrte Frau Kofler,

ich habe folgende Fragen zur Wirtschafts- und Finanzkrise:

1. Halten Sie es für richtig, daß Banken, die Staatsunterstützung in jedlicher Form erhalten, den Kunden weiterhin Optionen, Pfandbriefe und Derivate als sichere Anlageform den Kunden anbieten?

2. Wann wird der Verbraucherschutz in Bezug auf die Bankberatungen geändert?

3. Wie werden Sie persönlich sich für die Fragen 1+2 einsetzen?

4. Warum sitzen bei den Beratungen für das 2.Hilfspaket nur die Dax-Konzerne mit am Tisch? Wer vertritt den Mittelstand.

5. Warum werden nicht mehr mittelständische Unternehmer (1bis 100 Mitarbeiter) bei diesen so wichtigen Entscheidungen eingebunden? (Anmerkung: Laut dem Statistischen Bundesamt sind über 70% der Arbeitnehmer in Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern beschäftigt).

6. Was werden Sie persönlich dafür tun, daß bei den anstehenden Entscheidungen mehr mittelständische Unternehmen eingebunden werden?

7. Haben Sie sich schon einmal detailliert mit der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 auseinandergesetzt?

8. Warum werden die Verantwortlichen der Finanzkrise nicht moralisch an den Pranger gestellt? Juristisch seh ich leider keine Handhabe.

Ich bedanke mich für die Beantwortung meiner Fragen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kinza,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Wirtschafts- und Finanzkrise, auf die ich gerne eingehen möchte. Sie haben unter anderem den Verbraucherschutz angesprochen, der mir sehr am Herzen liegt. Für mich ist klar: Wir brauchen mehr Transparenz und mehr Qualität in der Beratung. Zwar sind hohe Renditeaussichten generell ein Indiz für hohes Risiko, dennoch gibt es einige "Produkte", die ich für sehr bedenklich halte. Sogenannte "Leerverkäufe" beispielsweise sollten abgeschafft werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich deswegen bereits Gedanken zu einem umfassenderen Verbraucherschutz gemacht. Wir brauchen etwa einen unabhängigen "Marktwächter", der im Interesse der Verbraucher Finanzprodukte und deren Vertrieb unter die Lupe nimmt, Missstände aufdeckt und dagegen vorgeht.

Experten haben festgestellt: Den Verbraucherinnen und Verbrauchern wurden zu oft Produkte verkauft, die weder ihren Bedürfnissen entsprochen haben, noch von diesen oder sogar dem Verkaufspersonal selbst verstanden wurden, Kosten und Provisionen werden nicht offengelegt, Risiken verschleiert und auf Andere verlagert. Unmittelbarer Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen und der Möglichkeiten, wie Anleger ihre Interessen durchsetzen koennen. Die SPD hat deshalb bereits im Dezember angekündigt, dass die Verjährungsfristen verlängert und die Dokumentation des Beratungsgespraechs verbessert werden sollen. Die konkreten Gesetzesvorschläge werden derzeit erarbeitet und sollen zügig verabschiedet werden.

Wichtig ist uns, dass es dabei allein nicht bleiben darf. Es geht nicht um ein Mehr an Informationen für Verbraucher. Kosten und Merkmale von Produkte werden zu oft in einem Wust von Papieren versteckt. Wir brauchen vielmehr geeignete, verständliche und vergleichbare Kriterien. Produkte und Vertriebswege müssen aus der Sicht der Verbraucher betrachtet werden. Wir wollen sicherstellen, dass es keine unregulierten Bereiche gibt, die geltenden Regeln auch eingehalten und Verstöße gegebenenfalls sanktioniert werden. Anmerken möchte ich noch, dass es mir nicht allein um Banken geht, die Staatshilfen erhalten, sondern um mehr Kontrolle auf dem Finanzsektor im Allgemeinen.

Für Ihre Sorgen um den Mittelstand habe ich ebenfalls Verständnis. Sie dürfen mir glauben, dass die Fachpolitiker der Bundestagsfraktion selbstverständlich in ständigem Kontakt mit Unternehmern stehen. Auch mir ist es sehr wichtig, in meinem Wahlkreis so oft wie möglich mit Unternehmern, aber auch Beschäftigten des Mittelstands zu sprechen und mit über deren Situation direkt zu informieren. Gerade das Konunkturpaket II, das ja sehr bald beschlossen werden soll, zielt eindeutig auf eine Stärkung des Mittelstands. Über 13 Milliarden Euro Investitionsmittel werden für Projekte der kommunalen Infrastruktur zur Verfügung gestellt, wovon heimische Mittelständler direkt profitieren werden - seien es Planungsbüros, Handwerksbetriebe oder produzierendes Gewerbe. Sollten Sie hierzu weitere Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte an mein Traunsteiner Wahlkreisbüro.

Nur am Rande möchte ich anmerken, dass ich mich mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 detailliert auseinandergesetzt habe. Schließlich haben Sie noch die "moralisch Verantwortlichen der Finanzkrise" angesprochen und warum diese nicht an den Pranger gestellt werden. Für meinen Teil darf ich festhalten, dass ich hier noch nie ein Blatt vor dem Mund genommen habe. Und gerade in den Medien wurden die Entscheidungsträger von Krisenbanken nicht unbedingt mit Samthandschuhen angefasst und das meines Erachtens auch zu Recht. Einige Banker haben ihre Aufgaben und ihre Verantwortlichkeit aus den Augen verloren. Nebenbei bemerkt brauchen wir auch bei den zum Teil völlig überzogenen Boni-Zahlungen eine andere Transparenz und Verantwortung.

Ich hoffe, dass ich angemessen auf Ihre Fragen eingegangen bin und stehe Ihnen natürlich auch weiterhin gerne als bundespolitische Ansprechpartnerin vor Ort zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bärbel Kofler

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