Frage an Bärbel Kofler von Horst K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Bärbel Kofler,
nachdem am 18.11.2020 das "3. Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" ansteht, die entscheidende Grundgesetze aushebeln wird, bitte ich Sie und die Fraktion der SPD um eine Fakten- und Gewissensbasierte Abstimmung. Gibt es bei so einer fundamentalen Abstimmung, bei der es um extreme Einschränkungen von wichtigen Grundgesetzen geht, eigentlich so etwas wie einen Fraktionzwang? Auf welcher Grundlage (RKI-Faktenbasiert - siehe "Dashboard RKI" oder Bauchgefühl?) treffen sie ihre Abstimmungsentscheidung? !?
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kirschner,
vielen Dank für Ihre Frage über Abgeordnetenwatch.
Durch das von Ihnen angesprochene Gesetz werden keine Grundrechte ausgehebelt. Es geht um den Gesundheitsschutz der Menschen in Deutschland. Wissenschaftler weltweit sehen Kontaktbeschränkungen als sinnvollste Maßnahme zur Eindämmung der aktuellen Pandemie.
Das Gesetz hat drei wesentliche Punkte als Zielsetzung: Erstens soll die Ausbreitung des Virus verhindert werden, zweitens werden die Institutionen wie Krankenhäuser gestärkt und drittens sollen Vorbereitungen getroffen werden, um die Verteilung von Impfstoffen sicherzustellen.
Das Gesetz präzisiert, beschränkt und befristet bisher geltende Regelungen. Es regelt eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Exekutive und mehr schafft mehr Rechtssicherheit im Corona-Krisenmanagement. Bislang sah das Gesetz eine sehr weite Generalklausel vor. Dieser Spielraum wurde nun durch den Deutschen Bundestag auf Drängen der SPD inhaltlich (z.B. durch die Auflistung von 17 konkreten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung) und prozessual eingeengt. Die Bundesregierung wird außerdem dem Bundestag gegenüber einer regelmäßigen Berichtspflicht über die Entwicklung der Pandemie unterworfen.
Künftig müssen die Rechtsverordnungen der Länder, mit denen Corona-Schutzmaßnahmen angeordnet werden, begründet werden. Die Maßnahmen sind in Zukunft auch grundsätzlich auf zunächst vier Wochen zu befristen und können nur mit einer erneuten Entscheidung der Landesregierung verlängert werden. Voraussetzung für das Ergreifen von Schutzmaßnahmen nach § 28a IfSG ist die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag. Durch eine Änderung im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz wird für die epidemische Lage nationaler Tragweite nun zudem eine Definition eingefügt, sodass der Bundestag eine weitere Feststellung des Fortbestehens der Lage nur vornehmen kann, wenn entweder die WHO weiterhin eine Pandemie ausgerufen hat oder eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in Deutschland stattfindet. Das Vorliegen dieser Parameter ist rechtlich überprüfbar.
Ganz generell möchte ich betonen, dass meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion, genauso wie ich, unsere Abstimmungsentscheidungen im Bundestag nach Abwägung der Argumente zu den jeweiligen Themen treffen. Für den Austausch dieser Argumente bietet das parlamentarische Verfahren u.a. mit der Behandlung in den Ausschüssen, den Anhörungen von Expertinnen und Experten oder den Lesungen im Plenum ausreichend Möglichkeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bärbel Kofler, MdB