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Bärbel Kofler
SPD
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Bärbel Kofler von Wolfgang S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kofler,

wir Bürgerinnen und Bürger sind der demokratische Souverän. Mit unserer Forderung nach einem bundesweiten Abstimmungsgesetz stehen wir voll auf dem Boden des Grundgesetzes. Darin heißt es in Artikel 20, dass alle Staatsgewalt von der Bevölkerung ausgeht und von ihr „in Wahlen und Abstimmungen“ ausgeübt wird. Der Bundestag hat bis heute seine Pflicht nicht erfüllt, die Abstimmungen gesetzlich zu regeln. Wir fordern vom Bundestag, in der nächsten Legislaturperiode ein Abstimmungsgesetz auf den Weg zu bringen, das sicherstellt, dass die Bevölkerung in wichtigen Fragen mittels einer bundesweiten Volksabstimmung seine Meinung kundtun und die Entscheidungen der Politik direkt beeinflussen kann.

Meine Frage an Sie lautet:
Wie stehen Sie zu dieser Frage persönlich und wie steht Ihre Partei dazu? Werden Sie sich für dieses Ziel einsetzen?

Mit freundlichen Grüßen
W. S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Volksabstimmungen auf Bundesebene, die ich Ihnen gerne beantworten möchte.

Grundsätzlich befürworten die SPD und ich persönlich die direkte Demokratie auch auf Bundesebene. So heißt es im Hamburger Grundsatzprogramm der SPD von 2007: „Der Verbindung von aktivierendem Staat und aktiver Zivilgesellschaft dient auch die direkte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksentscheide. In gesetzlich festzulegenden Grenzen sollen sie die parlamentarische Demokratie ergänzen, und zwar nicht nur in Gemeinden und Ländern, sondern auch im Bund.“

Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass Volksabtimmungen auf Bundesebene nur durch eine Verfassungsänderung möglich sind. Denn bisher sieht das Grundgesetz Volksabstimmungen nur im Falle einer neuen Verfassung (Art. 146 GG) oder bei der Neugliederung des Bundesgebietes (Artikel 29 Abs. 2 GG) vor. Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage auf den Artikel 20 Abs. 2 GG und die Staatsgewalt, die vom Volk in „Wahlen und Abstimmungen“ ausgeübt wird. Nach herrschender Meinung beziehen sich die an dieser Stelle erwähnten „Abstimmungen“ nur auf die laut Grundgesetz möglichen Abstimmungen über eine neue Verfassung oder die Neugliederung des Bundesgebietes. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine repräsentative Demokratie, auf Bundesebene treffen Bürgerinnen und Bürger politische Entscheidungen nicht selbst, sondern überlassen sie auf Zeit gewählten Vertreterinnen und Vertretern, die für sie als Stellvertreter tätig sind. Die Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich aber an Wahlen und wirken in Parteien, Verbänden und Initiativen mit. Daher wäre eine Änderung der Verfassung nötig, um Direkte Demokratie auf der Bundesebene einzuführen.

Bereits 1993 hat die SPD-Bundestagsfraktion einen ersten Entwurf eingebracht, um Volksentscheide auf Bundesebene zu ermöglichen. Die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat kam aber schon im Bundestag nicht zustande, weil sich die CDU/CSU-Fraktion dagegen sperrte. Im Jahr 2002 gab es gemeinsam mit dem damaligen Koalitionspartner Bündnis90/Die Grünen erneut einen Gesetzentwurf, der aber ebenfalls an der benötigten Zweidrittelmehrheit im Bundestag scheiterte.
Bei den letzten Koalitionsverhandlungen 2013 mit der CDU/CSU konnte zu dem Thema keine Einigung herbeigeführt werden. Ein Versuch, über die insoweit etwas offenere CSU auf die CDU einzuwirken, hatte leider keinen Erfolg.

Wir als SPD werden weiter für Elemente direkter Demokratie werben, im aktuellen Regierungsprogramm der SPD heißt es dazu: „Zur Unterstützung der parlamentarischen Demokratie wollen wir direkte Demokratiebeteiligung auf Bundesebene stärken.“
Für mich persönlich ist im Falle von Volksentscheiden bedeutend, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Bürgerpflicht wahrnehmen und sich intensiv über die zu entscheidenden Themen informieren und sich in die Materie einarbeiten.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantworten konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Bärbel Kofler

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