Frage an Bärbel Kofler von Michael H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
Die permanenten, nicht belegbaren sehr wohl aber wiederlegbaren Aussage Ihrer Parteiführung bezüglich Eurobonds!
Wie Sie mitlerweile aus der Welt.de erfahren
http://www.welt.de/wirtschaft/article13582832/Euro-Bonds-bekaemen-Bonitaet-des-schlechtesten-Landes.html
Die Einführung einer gemeinsamen Anleihe hätte also sehr wohl katastrophale folgen für Deutschland würde die Probleme der PIGS nicht lösen nur verschlimmern!
Da Sie nun mal zu diesen schwierigen Zeiten Abgeordnete sind und in kürze darüber Abstimmen, wollte ich mich vergewissern ob Sie sich der Tragweite dieser Entscheidung bewusst sind oder blind der Meinung Ihrer Partei folgen? mfg
Sehr geehrter Herr Hindlinger,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 04.09.2011, in der Sie die Einführung so genannter Eurobonds kritisieren.
Sie fragen mich, ob ich mir der Tragweite meiner Entscheidung zur Rettung der Schuldenkrise innerhalb der Europäischen Währungsunion bewusst bin. Alle Bundestagsabgeordneten – jeder Fraktion – arbeiten derzeit für den Erhalt eines stabilen und wirtschaftlich erfolgreichen Europas und jeder einzelne Abgeordnete ist sich bewusst, wie wichtig diese Entscheidung für Deutschland und für die gesamte Europäische Union ist. Unterschiedlicher Auffassung sind wir Abgeordneten, wenn es um die Frage geht, wie dies erreicht werden kann.
Der Versuch der Bundesregierung, immer neue Rettungsschirme zu spannen, hat bislang ganz offensichtlich keine Erfolge gebracht. Auch der Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB hat nicht zu der gewünschten Beruhigung der Märkte geführt - obwohl natürlich mittelbar auch hier die Steuerzahler das Risiko tragen. Ein "weiter so" verbietet sich damit aus meiner Sicht.
Deutschland hat ein eigenes Interesse daran, dass die Ungleichgewichte in Europa nicht noch weiter auseinandergehen. Das Auseinanderbrechen des Euro würde Deutschland eine sehr hohen politischen und wirtschaftlichen Preis abverlangen. Wirtschaftlich lebt Deutschland wie kaum ein anderes Land in der Europa vom Austausch der Waren und Dienstleistungen. Fast Zweidrittel unseres Exportes geht in die Europäische Union, mehr als 40% direkt in die Eurozone. Nur in einem wirtschaftlich gesunden Europa werden wir unsere Produkte oder unsere Dienstleistungen verkaufen.
Was derzeit fehlt, ist der politisch Wille in Europa, jetzt ein ambitioniertes Projekt des Aufbruchs zu formulieren und ein Europäisches Wachstumsprogramm auf den Weg zu bringen, das der Größe der europäischen Idee gerecht wird.
Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel haben in einem Brief an die Bundeskanzlerin die Forderungen der SPD klar dargestellt. Dort werden u. a. folgende Punkte benannt:
1. Die Gläubiger von Griechenland werden auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen. Im Falle Griechenlands ist eine Umschuldung unausweichlich geworden. Über die Möglichkeit, Anleihen mit einem Abschlag vom Nennwert zurückzukaufen, kann das Land eine erhebliche Entlastung von untragbaren Zinskosten realisieren. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass sich die davon betroffenen Banken und Versicherungen refinanzieren können.
2. Wir brauchen eine limitierte Gemeinschaft der gesamten Euro-Zone für die Anleihen ihrer Mitglieder. Sie ist erforderlich, um auf Dauer eine Beruhigung der Finanzmärkte zu bewirken. Über intelligente Modelle kann ein Teil der Schuld gemeinschaftlich besichert werden, während exzessive Verschuldung weiter im nationalen Risiko verbleibt.
3. Wir müssen den betroffenen Staaten eine Perspektive für das Wiedererstarken ihrer Wirtschaft geben. Wir brauchen ein Europäisches Modernisierungs- und Wachstumsprogramm. Ohne Unterstützung durch die Europäische Union wird Griechenland nicht auf die Beine kommen.
4. Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer. Sie dämmt auch spekulative Finanzgeschäfte ein. Vor allem aber leistet damit der Finanzsektor einen Beitrag zur Bewältigung der Krise, an der viele Marktteilnehmer lange gut verdient haben. Und wir müssen endlich die Regulierung der Finanzmärkte beherzt angehen.
Wer ein soziales Europa für die Menschen will, darf es nicht zulassen, dass einzelne europäische Mitgliedsstaaten zum Spielball von internationalen Finanzmarktspekulationen werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in der Zukunft mehr statt weniger Europa brauchen! Dafür werde ich mich auch weiterhin einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bärbel Kofler