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Frage von Claus E. •

Frage an Bärbel Kofler von Claus E. bezüglich Soziale Sicherung

Warum werden die Beiträge für die ges. Krankenkasse und die Beiträger zur Arbeitslosenversicherung erhöht? Diese Beträge müssten doch reduziert werden, da es ja nach Aussage der Bundesregierung nahezu Vollbeschäftigung besteht !

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Sehr geehrter Herr Eder,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 12. Januar 2011, in der Sie mich fragen, warum die Beiträge für die gesetzliche Krankenkasse und die Arbeitslosenversicherung steigen.

Durch die Gesetzgebung der schwarz-gelben Bundesregierung werden die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2011 von 14,9 Prozent auf 15,5 Prozent ansteigen. Davon entfallen 8,2 Prozent auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Arbeitgeber zahlen 7,3 Prozent, und dieser Anteil soll eingefroren werden. Alle Kostensteigerungen im Gesundheitssystem werden in Zukunft einseitig auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie auf Rentnerinnen und Rentner abgewälzt. Für sie steigen die Beiträge künftig doppelt so stark, weil die Arbeitgeberbeiträge eingefroren und ungedeckelte Zusatzbeiträge ohne Rücksicht auf das Einkommen erhoben werden. Geringverdiener werden künftig am stärksten belastet und haben kaum Aussicht auf sozialen Ausgleich. Das ist die Einführung der unsozialen Kopfpauschale und der Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die SPD lehnt dieses Gesetz ab, weil es für die Gesetzliche Krankenversicherung keine solide finanzielle Basis stellt und keine sozial gerechte Lastenverteilung bringt. Das Gesetz bedeutet die Abkehr von der solidarischen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung, die sich über Jahrzehnte bewährt hat und auch im internationalen Umfeld als Vorbild dient. Das Gesetz gefährdet die Grundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung, indem er das bewährte Grundprinzip der solidarischen Finanzierung aufgibt.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert eine andere Gesundheitspolitik – ohne Klassenschranken. Das sozialdemokratische Modell: die solidarische Bürgerversicherung. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen sich an der Finanzierung des Gesundheitswesens nach ihrer Leistungsfähigkeit beteiligen. Wohlhabende sollen nicht aussteigen, sondern zur solidarischen Krankenversicherung beitragen. Eine Finanzierung über angemessene Beiträge und über Steuern sorgt auf Dauer für eine gerechte und stabile Finanzierung.
Ob gesetzlich oder privat: Alle Versicherten sollen in den Risikoausgleich einbezogen werden. Das sollte schrittweise erfolgen, denn die erworbenen Rechte der privat Versicherten sollen beachtet werden.
Voraussetzung für ein solidarisches System sind vergleichbare Spielregeln und fairer Wettbewerb für alle Krankenkassen und Versicherungsunternehmen. Auch die privaten Kassen müssen Verantwortung für die Qualität und die Preise der medizinischen Leistungen übernehmen, so wie das die Gesetzliche Krankenversicherung bereits macht. Notwendig ist eine echte Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln, damit die Therapien bezahlt werden, die wirklich wirken.
Das Gesundheitssystem muss wieder voll paritätisch finanziert werden. Nur ein einheitliches Sozialversicherungssystem, dass den Bürgerinnen und Bürgern soziale Sicherheit unabhängig von ihrem Erwerbsstatus bietet, wird dem Anspruch nach sozialer Sicherheit in einer von vielfältigen Lebensmodellen geprägten, modernen Gesellschaft heute und in Zukunft gerecht.

Außerdem fordert die SPD-Bundestagsfraktion gerechte Löhne für gute Arbeit. Jeder Mensch muss in Würde arbeiten können. Dazu gehört auch eine gerechte Entlohnung. Wettbewerb muss über bessere Produkte und Dienstleistungen, effizienteres Management und klügere Ideen stattfinden - nicht aber über Niedriglöhne. Nur so bringen wir den Standort Deutschland voran. Wer Dumpinglöhne zahlt beutet doppelt aus: die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch alle Steuerzahler. Denn sie müssen für die ergänzenden Hilfen des Staates aufkommen. Deshalb machen wir uns für einen flächendeckenden Mindestlohn stark!

Der gesetzliche Mindestlohn sollte so ausfallen, dass eine Arbeitnehmerin, ein Arbeitnehmer sicher sein kann, bei Vollzeittätigkeit ohne öffentliche Hilfe den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der Deutsche Gewerkschaftbund schlägt deshalb zurecht einen Mindestlohn von 8, 50 Euro vor.
20 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten in Deutschland im sogenannten „Niedriglohnsektor“. Über 5 Millionen Menschen arbeiten für weniger als 8 Euro pro Stunde. Mindestens 1,2 Millionen arbeiten für weniger als 5 Euro pro Stunde. Und mindestens 1,4 Millionen Menschen müssen nach der Arbeit noch staatliche Unterstützung erhalten, weil ihre Löhne zu niedrig sind, um wenigstens das gesetzliche Existenzminimum abzusichern.

Auch der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung steigt von 2,8 auf 3 Prozent. Diese Erhöhung teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Unterm Strich müssen Arbeitnehmer also mit einer Mehrbelastung von 0,4 Prozent vom Bruttoeinkommen rechnen (Erhöhung Kranken- und Arbeitslosenversicherung). Beispiel: Bei monatlich 3000 Euro brutto werden 12 Euro mehr abgezogen.
Damit bricht die Bundesregierung ihr zentrales Wahlversprechen: Statt mehr bleibt am Ende weniger Netto vom Brutto im Portemonnaie. Doch nicht nur das. Die Mehrbelastungen sind sozial höchst ungleich verteilt: Während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit hohen Einkommen kaum belastet werden, zahlen vor allem Arbeitslose, Geringverdiener und Bezieher mittlerer Einkommen sowie Familien mit Kindern und Rentnerinnen und Rentner die Zeche. Deshalb wird die SPD weiter für ein solidarisches und sozial gerechtes Sozialversicherungssystem in Deutschland kämpfen.

Ich hoffe, dass ich angemessen auf Ihre Frage eingegangen bin und stehe Ihnen auch gerne weiterhin als bundespolitische Ansprechpartnerin vor Ort zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bärbel Kofler

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