Frage an Bärbel Kofler von Andreas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr verehrte Frau Kofler,
Durch das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist klar, daß 1,7 Millionen Kinder durch Hartz IV in Ihrer Würde verletzt worden sind.
Auszug aus der Urteilsbegründung:
"4. Die Regelleistung von 345 Euro ist nicht in verfassungsgemäßer Weise
ermittelt worden, weil von den Strukturprinzipien des Statistikmodells
ohne sachliche Rechtfertigung abgewichen worden ist."
In umgangsprachlichem Deutsch kann man doch davon ausgehen, das man die HartzIV-Kinder betrogen hat.
Wie fühlen Sie sich als Politikerin, der die Einhaltung der Menschen- und Frauenrechterechte weltweit einfordert aber die Würde der eigentlich schutzbedürftigen Menschen im eigenen Land missachtet? Schließlich haben auch Sie mit Ihrer Stimme (vielleicht auch aus Parteidisziplin) für die Einführung von Hartz IV gestimmt.
Werden Sie §1 des Grundgesetz gemeinsam mit der CDU jetzt auch ändern, wie sie das Grundgesetz in Bezug auf die Arge verändern wollen?
Ich empfehle Ihnen einmal nicht als Frau Kofler - Bundestagsabgeordnete - sondern ingognito eine solche Arge zu besuchen, damit sie erleben, wie dort viele weitere schutzbedürftige Menschen behandelt werden. Nach dem jetzigen System ist jeder Schutzbefohlene einem Sachbearbeiter den Launen nur einen Sachbearbeiters ausgesetzt. Viele können sich nicht dagegen wehren, weil sie einfach schutzbedürftig sind und nicht um IHre Rechte wissen.
Glauben Sie wirklich, daß wir noch in einer Demokratie leben oder leben wir nicht schon eher in einer Timokratie?
Ich freue mich auf Ihre Antwort und werde nicht locker lassen, sollte ich keine Antworten erhalten.
Mit besten Grüßen
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Aufgrund des Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wurde eindeutig, dass die Ermittlung und Bemessung der Regelsätze transparent und sachgerecht erfolgen muss. Kindern muss darüber hinaus eine bessere Teilhabe an Bildung ermöglicht werden. Beides sehen wir durch die Vorschläge der Bundesarbeitsministerin nicht umgesetzt. Die Berechnungen erscheinen willkürlich. Damit die Regelsätze möglichst gering ausfallen wurde beispielsweise einfach die Bezugsgruppe verkleinert.
Die SPD wird dem Vorschlag in der vorliegenden Form daher weder im Bundestag noch im Bundesrat zustimmen. Die SPD fordert die Bundesregierung vielmehr auf, gemeinsam mit den Bundesländern und Kommunen einen "Pakt für Bildungschancen - gegen Kinderarmut" zu schließen.
Als stellvertretende entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion gehören für meine politische Arbeit auch Themen wie Armut bekämpfen, Frieden sichern, Klima schützen, Partizipation und Gleichstellung fördern sowie Globalisierung sozial gerecht gestalten dazu. Für mich ist es wichtig, dass diese Punkte weiter vorangebracht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bärbel Kofler