Frage an Bärbel Kofler von Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr verehrte Frau Kofler,
da viele Bürger bei den letzten Wahlen den Eindruck hatten, ein wenig verschaukelt worden zu sein habe ich zwei Fragen an Sie:
1. Halten Sie nach Ihrem Demokratieverständnis zu es für korrekt, daß Frau Merkel und Herr Steinmeier zwei bereits geplante Fernsehsendungen bei ARD und ZDF kurzfristig abzusagen? Haben wir Bürger kein Recht darauf uns ausreichend direkt zu informieren?
Ich persönlich und auch mein Freundeskreis haben zu diesem Thema die Vermutung, dass Frau Merkel und Herr Steinmeier sich in diesem Punkt verhalten wie es Honeker und Co. zu DDR-Zeiten in Bezug auf die Medien gehandhabt haben.
2. Sie wollen den Mindestlohn. Das finde ich auch gut, weil auch in diesem Landkreis Betriebe teilweise Stundenlöhne von nur 3,50 zahlen. Ich halte dies für sittenwidrig. Die jetzige Gesetzgebung nicht. Nach dem letzten Sonntag gehe ich davon aus, daß die SPD/CDU auch die nächsten vier Jahre regieren wird. Wollen wir wetten das dies auch der Fall ist, auch wenn es eine Mehrheit für CDU/FDP oder andere Koalitionen möglich wären?
Halten Sie die Wahl nicht auch für eine Frace?
Mit besten Grüßen
Michael K.
Sehr geehrter Herr Kinza,
vielen Dank für Ihre Fragen, zu denen ich natürlich gerne Stellung nehme. Um eins vorweg zu nehmen: Die Bundestagswahl ist selbstverständlich keine Farce. Ganz im Gegenteil ist dies eine wichtige Gelegenheit für alle Bürgerinnen und Bürger, ihre Aufgabe als Souverän wahrzunehmen und den Kurs unseres Landes in den nächsten vier Jahren maßgeblich zu bestimmen. Zudem zeigen die jüngsten Umfragen, dass noch nichts entschieden ist und der Wahlausgang völlig offen ist. Ich hoffe sehr, dass möglichst viele Menschen am 27. September von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.
Zu Ihrer Frage nach den abgesagten Fernseh-Gesprächsrunden mit den Spitzenpolitikern gestatten Sie mir zunächst eine kurze Erläuterung des Hintergrunds. Meinen Informationen zufolge wollte oder konnte Bundeskanzlerin Angela Merkel keinen der vom ZDF vorgeschlagenen Termine wahrnehmen. Stattdessen wollte sie sich von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff vertreten lassen. Daraufhin sagte auch Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier ab, weil er keinen Sinn darin sah, mit einem Landespolitiker, der nicht für den Bundestag kandidiert, die Zukunftsfragen Deutschlands zu diskutieren.
Es ist natürlich unglücklich, wenn TV-Runden so kurzfristig abgesagt werden. Einen Mangel an Demokratieverständnis möchte ich trotzdem nicht hineininterpretieren. Es gab neben dem "großen" TV-Duell zwischen Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel bereits auf verschiedenen Sendern mehrere sogenannte "Elefantenrunden" mit Spitzenpolitikern aller im Bundestag vertretenen Parteien, wobei mehrfach sämtliche relevanten politischen Themen kontrovers und ausführlich diskutiert wurden. Insofern haben die Bürgerinnen und Bürger natürlich die Möglichkeit gehabt, sich auch im Fernsehen umfassend zu informieren. Aus persönlicher Sicht möchte ich anfügen, dass ich selbst bei vielen Veranstaltungen und Info-Ständen das direkte Gespräch mit den Bürgern gesucht habe und natürlich auch über die Medien sowie über den Postversand über meinen Ziele sowie die Inhalte der SPD informiert habe. Es gibt also - neben dem Fernsehen - viele Möglichkeiten, die verschiedenen Parteien und Kandidaten zu bewerten und sich ein Bild zu machen.
Völlig Recht gebe ich Ihnen bei Ihrer Einschätzung eines gesetzlichen Mindestlohns. Das ist für mich eine Herzensangelegenheit, bei der wir als SPD in der Großen Koalition viel erreichen konnten. Leider noch nicht genug. Für einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland ist eine Regierungsbeteiligung der SPD unabdingbare Voraussetzung. Schwarz-Gelb will zurück in die 90er Jahre, und dagegen kämpfen wir bis zum 27. September um 18 Uhr mit aller Kraft. Für schwierig halte ich es, zum jetzigen Zeitpunkt - mit einem völlig offenen Wahlausgang - über die nächste Regierungskoalition zu spekulieren. Ganz klar ausschließen kann ich eine rot-rot-grüne Bundesregierung, denn die Linkspartei ist nicht regierungswillig, wie sie selbst erklärt hat, und konnte sich auf Bundesebene noch nicht einmal auf ein Parteiprogramm einigen. Mit solchen Unwägbarkeiten ist die Zusammenarbeit in einer Koalition auf Bundesebene undenkbar.
Ich hoffe, dass ich angemessen auf Ihre Fragen eingegangen bin und stehe Ihnen selbstverständlich auch weiterhin gerne als bundespolitische Ansprechpartnerin vor Ort zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bärbel Kofler, MdB