Frage an Bärbel Höhn von Michael S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Höhn,
da Sie im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit tätig sind haben Sie sich vermutlich schon mit dem Thema beschäftigt:
Die Umrüstung des Forschungsreaktors FRM II in Garching bei München vom hochangereicherten, atomwaffentauglichen Uran (HEU) auf den niedrig angereicherten Brennstoff (LEU).
In der Genehmigung für den Betrieb des Garchinger Forschungsreaktors wurde die Technische Universität München verpflichtet, den Betrieb bis zum Jahr 2010 auf niedrig angereichertes Uran umzustellen.
Wie dem Münchner Merkur vom 19.02.09 zu entnehmen ist
( http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/verlaengerung-garchinger-reaktor-78040.html ) soll nach den Plänen des Bundesforschungsministeriums der Betrieb mit atomwaffentauglichem Uran bis ins Jahr 2016 ermöglicht werden.
Welche Probleme mit diesem atomwaffenfähigen Uran verbunden sind zeigte ein Fall in unserem Nachbarland Schweiz. Die Schweizer Regierung hat im Jahr 2007 Akten von mutmaßlichen Atomschmugglern vernichten lassen, um zu verhindern, dass dieses "gefährliche Material" in falsche Hände gerät. Die Papiere enthielten Baupläne für Nuklearwaffen, Gasultrazentrifugen und Lenkwaffensysteme.
Angesichts dieser Berichte und dem Ziel der Bundesregierung, die weltweite Verbreitung von atomwaffenfähigem Material zu unterbinden, halte ich es für angebracht, die Inhalte des Genehmigungsbescheids für den Forschungsreaktor Garching strikt einzufordern.
Ist es rechtlich zulässig, einen derartigen Genehmigungsbescheid nachträglich in dieser Form abzuändern?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Schropp
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Quelle: swissinfo "Schweizer Regierung liess Atom-Akten vernichten" - vom 23. Mai 2008 http://www.swissinfo.org/ger/startseite/Schweizer_Regierung_liess_Atom_Akten_vernichten.html?siteSect=109&sid=9126787&cKey=1212476228000&ty=st
Sehr geehrter Herr Schropp,
herzlichen Dank für ihre Anfrage.
Die Vorgänge um den Forschungsreaktor Garching sind in der Tat besorgniserregend. Die Grünen im bayrischen Landtag haben bereits im Jahr 2007 publik gemacht, dass die Staatsregierung versucht, die Vorgaben für die Technische Universität München zur Umrüstung zu unterlaufen. Offenbar hat die Universität jahrelang auf "das falsche Pferd" gesetzt und neuere Forschungen - etwa aus Darmstadt - ignoriert. Dort haben die Forscherinnen und Forscher Methoden entwickelt, dass mit einem anderen Brennstoff, anderen Brennelementen und geringfügigen bautechnischen Umrüstungen die Urananreicherung so weit zu senken, dass man in den Bereich des nicht-atomwaffenfähigen Urans kommt.
Es ist ein Skandal, dass die bayrische Staatsregierung aus diesen unbefriedigenden Ergebnissen der Forschung nur den Schluss zieht, die Betriebsgenehmigung mit hochangereicherten Uran unbegrenzt zu verlängern. Das ist der falsche Weg: Vielmehr muss nun der Druck auf die Betreiber erhöht werden, den Stichtag des 31.12.2010 noch zu erreichen. Gelingt dies nicht, muss aus meiner Sicht der Betrieb eingeschränkt werden, und mit einem niedriger angereicherten Material gearbeitet werden - auch wenn dann der Elektronenfluss entsprechend geringer ausfällt. Ist die Universität dazu nicht bereit, muss die Betriebsgenehmigung entzogen werden und der Reaktor stillgelegt werden. Hier ist auch die Atomaufsichtsbehörde auf Bundesebene gefragt, ihr Weisungsrecht einzusetzen. Jede Änderung der Betriebsgenehmigung bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Wir werden darauf achten, ob die Behörde ihren Pflichten an dieser Stelle nachkommt.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiter geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
Bärbel Höhn