Frage an Bärbel Höhn von Michael P. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau MdB Höhn !
I. Zum GVO-Tatbestand :
„Versuche mit Gen-Raps verschwiegen
Schwerin (dpa) In Mecklenburg-Vorpommern sind nach einem Bericht des Verbandes Bioland bereits zwischen 1997 und 2001 ohne Wissen der Öffentlichkeit genveränderter Raps und Zuckerrüben angebaut worden. Das Bundessortenamt habe jetzt deutschlandweit Versuche mit neun veränderten Rapssorten an jeweils zwölf bis 20 Standorten eingeräumt. Die Flurstücke seien bis heute nicht veröffentlicht, kritisierte Geschäftsführerin Carola Ketelhodt. Raps ist demnach in MV an acht Standorten zwischen Malchow (Nordwestmecklenburg) und Sanz (Ostvorpommern) ausgebracht worden, Zuckerrüben in Reutershof bei Demmin."
(Quelle:) http://www.ostsee-zeitung.de/archiv/index.phtml?Param=DB-Artikel&ID=00002648248&Code=
II. Meine Fragen hierzu :
Ist es in unserem Bundesland NRW etwa auch möglich, dass
genmanipulierter Rapspollen - im Freisetzungsversuch (!) - und im Zuge des sog. „vereinfachten Verfahrens" - in unseren NRW-Rapshonig gelangen kann --- aber die Bürger dieses möglichst niemals erfahren soll(t)en ?
Ist es in der Realität überhaupt zu verhindern, dass Bienen den nicht für den Verkehr / Verzehr zugelassenen genmanipulierten Rapspollen - im Freisetzungsversuch - sammeln können --- und dieser Versuchs-Genraps-Pollen unter gar keinen Umständen in die menschliche und / oder tierische Nahrungskette gelangen kann (d. h.: 0,0 Prozent Verunreinigung durch GVO im Freisetzungsversuch) ?
Müssen wir Bürger / Verbraucher faktisch Genraps-Honig essen - und soll(t)en das aber niemals erfahren, Frau MdB Höhn ?
Dem nachstehenden Internet-Link ist die offizielle Stellungnahme des zust. Landwirtschaftsministers Dr. Till Backhaus (SPD) zu diesem Skandal zu entnehmen :
(Quelle/pdf:) http://www.abgeordnetenwatch.de/images/attachments/161438/schreiben_backhaus_13_01_09.pdf
III. Fazit :
Somit sind wir - als mündige Staatsbürger - demnach faktisch die Versuchs-Subjekte einer unsäglich "verschwiegenen" Gen-Lobby, Frau MdB Höhn !
MfG
M. Pfeiffer
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sie wissen sicherlich, dass ich in der Zeit als Umweltministerin in NRW einen klaren Kurs gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft gefahren habe. Deshalb ist der Anbau in NRW von gentechnisch veränderten Pflanzen auch extrem gering und auch heute noch viel geringer als in anderen Bundesländern. Es gibt eine Karte von Greenpeace wo Sie die Standorte abfragen können.
In der Tat fanden früher jahrelang Sortenprüfungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland statt, ohne dass diese Anbauflächen den Landwirten bekannt waren. Diese Geheimhaltung der Standorte war in der Vergangenheit nur möglich, weil es kein öffentliches und transparentes Standortregister im Gentechnikgesetz gab - dieses wurde in der rot-grünen Regierungszeit 2005 mit der Novelle des Gentechnikgesetzes eingeführt. Bündnis90/Die Grünen haben - nachdem erste Meldungen über diese Sortenprüfungen im Jahr 2007 in der Öffentlichkeit bekannt wurden - die Regierung aufgefordert diese offenzulegen. Informationen über diese Wertprüfungen vor der Zeit des Standortregisters rückte das zuständige Bundessortenamt trotz unserer Nachfragen jedoch nur "scheibchenweise" heraus.
Zunächst waren es "nur" Prüfungen von gentechnisch veränderten Maissorten, die die Regierung auf Nachfrage von Bündnis 90/Die Grünen für die Jahre von 1998 bis 2005 zugab. Dann stellte sich nach unserem weiterem hartnäckigen Bohren heraus: Auch mit gentechnisch veränderten Raps und Zuckerrüben führte das Bundessortenamt Wertprüfungen durch. Wir haben die Fragmente aus den verschiedenen Antworten der Regierung in einer Liste nach Bundesländern und Pflanzenart zusammengestellt (siehe unsere Zusammenstellung Sortenprüfungen unter diesem Link
http://www.gruene-bundestag.de/cms/agrogentechnik/dokbin/169/169405.papier_wertpruefungsstandorte_agrogentec.pdf ).
Mit einer gewissen Häme wird in dem Zusammenhang der Wertprüfungsstandorte vor der Einrichtung des öffentlichen Standortregisters im Jahr 2005 darauf verwiesen, dass diese Sortenprüfungen ja auch schon in der rot-grünen Regierungszeit stattgefunden hätten. Das stimmt. Die Pflanzen, mit denen das Bundessortenamt die umstrittenen Wertprüfungen durchführte, erhielten bereits in den Jahren 1996-1998 von der EU-Kommission die gentechnikrechtliche Zulassung, also vor rund neun bis elf Jahren, in diesen Jahren war übrigens der Unionspolitiker Horst Seehofer für diesen Bereich in der Regierung zuständig. Wenn eine gentechnikrechtliche Genehmigung der EU-Kommission vorliegt, können Agro-Gentechnik-Firmen wie zum Beispiel Monsanto oder Pioneer die Zulassung von Sorten aus diesen Linien beim Bundessortenamt veranlassen, das dann daraufhin verpflichtet ist, die Zulassung der Sorten zu prüfen. Diese Sortenprüfungen fallen nicht unter das Gentechnikgesetz (wie z.B. Freisetzungsexperimente), sondern unter das Saatgutgesetz. Und es gab bis 2005 - wie oben erwähnt - keine Vorschrift, wonach das Bundessortenamt Flächen, auf denen mit gentechnisch veränderten Organismen Sortenprüfungen durchgeführt werden, öffentlich bekannt geben musste. Erst mit der Novellierung des Gentechnik-Gesetzes in der rot-grünen Regierungszeit haben wir - gegen erhebliche Widerstände der Gentechniklobby in Bund und Ländern und auch in Teilen der SPD - dafür gesorgt, dass nun jeder Standort, an dem gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, flurstücksgenau öffentlich angegeben werden muss - unabhängig davon, ob es sich um ein Freisetzungsexperiment nach dem Gentechnikgesetz, um eine Sortenprüfung nach dem Saatgutgesetz oder um kommerziellen Anbau handelt. Diese Transparenz, die seit 2005 mit dem Inkrafttreten der Gentechnikgesetz-Novelle gilt, ist für alle Landwirte, die gentechnikfrei produzieren wollen - von existenzieller Bedeutung und hat sich gut bewährt.
In NRW sind auch einige, wenn auch wenige, Sortenprüfungen von der Landwirtschaftskammer durchgeführt worden, die allerdings erst 2005 - also nach meiner Ministerzeit - dem Ministerium bekannt wurden.
Zu ihrer Frage zu den Bienen: Es ist nicht möglich zu verhindern, dass Bienen nicht für den Verkehr/Verzehr zugelassene Pollen (egal ob Raps oder Mais) sammeln. Das ist ja auch der Grund, warum derzeit Imker vor Gericht klagen, weil ihr Honig mit MON810-Maispollen verunreinigt ist, und weil sie den Honig dann teuer vernichten müssen, weil Mon 810 nicht für den Verzehr zugelassen ist. Der Verkauf von MON810-Saatgut wurde erstmalig von dem ehemaligen Landwirtschaftsminister Horst Seehofer zugelassen. Bündnis90/Die Grünen haben erst Anfang Januar 2009 eine Fachanhörung mit Imker, Experten vom Bundesamt für Naturschutz und weiteren Sachverständigen durchgeführt. Einen Bericht über diese Tagung können Sie unter folgendem Link finden, ebenso ein Positionspapier der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen sowie eine Antwort der Regierung auf eine Anfrage von uns zur Problematik Imker und Agro-Gentechnik ( http://www.gruene-bundestag.de/cms/agrar/dok/269/269081.stummer_fruehling.html ). Sie sehen, wir Grünen sind sehr engagiert gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Höhn