Frage an Bärbel Höhn von Peter H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Frau Höhn,
Warum hört man zur Vorgehensweise der Bundesregierung in der aktuellen Finanzkrise so wenig von den Grünen - vor allem zu den unten stehenden Fragen??
wie kann es sein, dass mit zweistelligen Milliardenbeträgen die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank durch den Bund gefördert wird, man auf der anderen Seite jedoch den Bürgern erzählt, dass kaum Raum für Steuererleichterungen sei bzw. der Staat sich nicht weiter verschulden und kein Geld für Dinge ausgeben dürfe, die man sich nicht leisten kann??
Warum stellt der Staat den angeblich bedürftigen Banken Gelder bzw. Garantien in Höhe von ca. 500 Mrd Euro zur Verfügung, obwohl abzusehen ist, dass die Gelder, die zur Kompensation von Not leidenden Krediten in Anspruch genommen werden, in Zukunft uneinbringlich sein werden?
Der jährliche Staatshaushalt beträgt ca. 250 Mrd Euro, die Neuverschuldung – unter großen Diskussionen – ca. 50 Mrd. Wie ist es möglich , dass für Banken innerhalb kürzeseter Zeit die zehnfache !!! Summe aufgebracht werden kann?
Woher nimmt der Staat diese Summen? Leiht er sie sich von den Banken, um sie den Banken dann wiederum zur Verfügung zu stellen und die Zinsen den Bürgern aufzuladen? Und von welchen Banken wird dieses Geld ausgeliehen?
Wie kann es sein, dass der Staat den Banken, die derzeit ihrer Aufgabe der Kreditvergabe an die Wirtschaft nicht nachkommen, trotzdem überhaupt Gelder zur Verfügung stellt?
Warum gründet man staatlicherseits nicht statt dessen selbst eine Bank, die diese Gelder direkt und ohne Umweg in die Realwirtschaft vergeben, anstatt sie Banken zu überantworten, die sich eben dieser Funktion verweigern und dieses Geld dem Wirtschaftskreislauf entziehen?
Schlußendlich: wie will man diese Vorgehensweise gegenüber den Bürgern rechtfertigen, die so mit ansehen müssen, wie ihre Steuergelder Spekulanten zur Verfügung gestellt werden, anstatt sie dem Gemeinwohl zur Verfügung gestellt werden?
mit freundlichen Grüßen
Peter Hoppe
Sehr geehrter Herr Hoppe,
herzlichen Dank für Ihre Fragen. Ich habe diese Fragen auch. Entscheidend ist, wie wir die Verursacher zur Rechenschaft ziehen können. Denn es scheint mir so, dass vor allem die Anderen, die nichts für die Krise können, die Leidtragenden sind. Das ist ungerecht und nicht verständlich.
Deshalb lassen Sie mich einige grundsätzliche Anmerkungen voranschicken: Das internationale Bankensystem ist in einer tiefen Krise. Ausgelöst durch sogenannte "faule" Kredite in Amerika hat sich eine Vertrauenskrise in das gesamte System entwickelt. Mit dem Kollaps der amerikanischen Bank "Lehmann Brothers" wurde das Misstrauen der Banken untereinander so groß, dass der Inter-Banken-Verkehr quasi zum Erliegen kam - und zu einem großen Teil noch immer blockiert ist. Hier musste der Staat eingreifen, da sonst unüberblickbare Folgen für die Wirtschaft und damit auch für die Menschen in Deutschland gedroht hätten.
Die Bundesregierung hat - wie viele andere Staaten - ein Rettungspaket für Banken aufgelegt. Leider hat die Regierung sich für einen falschen Weg entschieden: Statt sich direkt an den angeschlagenen Banken zu beteiligen und eine stärkere Kontrolle über die Geschäftspraktiken zu erlangen, hat die Regierung den Bankern einen Blankocheck gegeben. Ohne eine Überprüfung der Bilanzen und Risiken hat sie enorme Geldmengen als Sicherung in Aussicht gestellt. Damit hat sie das alte und fahrlässige Wirtschaften unterstützt. Es blieb unklar, wie groß die Risiken der einzelnen Banken noch sind - und das Misstrauen bestehen.
Wir Grünen hätten uns gewünscht, dass der Staat offensiver auf Beteiligungen und Sicherheiten bestanden hätte. Über diese Beteiligungen wäre es auch möglich, verstärkt auf die Kreditvergabe Einfluss zu nehmen. Ein Überspringen der Finanzkrise auf die "Real"-Wirtschaft wäre vielleicht abgemildert worden. Deswegen haben wir das Banken-Rettungspaket im Bundestag abgelehnt.
"Hätte", "Wenn" und "Wäre" bringen uns jetzt allerdings nicht weiter. Die Bundesregierung ist dabei, einige ihrer Fehler zu korrigieren und ermöglicht jetzt die zeitweilige Verstaatlichung von Banken. Bei der "Hypo Real Estate" - Bank wird sie nun mehr diesen Weg gehen. Ich erwarte, dass dies zu einer Änderung der Geschäftspolitik führt: eine gesicherte Kreditvergabe, mehr Verbraucherschutz, Einstellen der Zusammenarbeit mit Steueroasen, Kappung der Managergehälter. Die HRE-Bank gilt durch die Verstaatlichung als sicherer Schuldner - und kann somit wieder zu günstigen Konditionen Geld leihen. Dies ist ein Beitrag zur Sicherung des Inter-Banken-Verkehrs und sollte Schule machen.
Sie fragten, woher das Geld für diese Rettungspakete kommt. Es kommt von Bundesanleihen. Der Staat gilt als sicherer Schuldner, denn im Zweifelsfall können Steuern erhöht, Vermögenswerte verkauft und Sozialleistungen gekürzt werden. Diese Sicherheiten ermöglichen es der Bundesregierung im Moment zu relativ günstigen Konditionen Geld auszuleihen - sehr viel günstiger als dies die privaten Banken können. Dennoch müssen die Zinsen für diese Schulden von künftigen Generationen gezahlt werden. Deswegen ist es so wichtig, dass die neuen Schulden in Zukunftsinvestitionen investiert werden. Wir wollten das Konjunkturpaket vor allem auf diese Bereiche konzentrieren: Bildung, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Damit würden Arbeitsplätze geschaffen und die zukünftigen Generationen besser gestellt. Leider hat die große Koalition auch hier einen anderen Weg beschlossen. Vor allem Subventionen in alte Technologien und Steuersenkungen sollen aus dem Tal führen. Ich bin skeptisch, ob dies gelingen kann.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Antworten weiter geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
Bärbel Höhn