Frage an Bärbel Höhn von Wolfgang H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Höhn,
vor ca. drei Jahren, damals waren Sie noch Umweltministerin in Düsseldorf, haben Sie gesagt: "Die Bauern werden die Ölscheichs von morgen sein".
In der Tat, die Preise für Getreide, Raps, Milch sind gestiegen, z. T. sogar beachtlich (Dass die Preise für Zuckerrüben erheblich gefallen sind, wird verschwiegen). Aber Dünger- und Pflanzenschutzmittel haben im Preis auch erheblich angezogen, so dass das Endergebnis für die Bauern gar nicht so rosig aussieht, wie es zunächst erscheint.
Die Futterpreise sind im gleichen Zeitraum in einem Maße gestiegen, dass insbesondere Schweinehaltern und Geflügelbetrieben die Luft auszugehen droht. Eine ganze Reihe von Biogasanlagen sind bereits in Konkurs gegangen, weil deren Beschickung unrentabel geworden ist. Da sind riesige Investitionen in den Sand gesetzt worden.
Die Reispreise sind, wie sie wissen, im Laufe eines Jahres um 50 % gestiegen, die Weltvorräte an Reis nehmen rapide ab. Seit 7 Jahren ist das auch beim Weizen der Fall.
Der Rapsanbau ist erheblich ausgeweitet, so dass der Nahrungsmittelerzeugung Hundertausende von Hektar verloren gehen.
Jetzt lese ich in Welt-Online vom heutigen Tage die Überschrift: "Politiker verdammen Biosprit als Hungerursache".
Wenn die Bauern dieser Welt sich so verhalten wie die Ölscheichs, dann befürchte ich, dass sie eines Tages mit Knüppeln erschlagen werden, wie das den Ölscheichs (und den amerikanischen Energieverprassern, die sich aber wohl eher an den eigenen Tankstellen massakrieren, wie sich bereits in der ersten Ölkrise gezeigt hat) passieren könnte.
1. Halten sie Ihre damalige Aussage noch für aktuell, und wenn nicht, wie sehen Sie aus heutiger Sicht die Ernährungslage in der Welt und die Zukunft der deutschen Bauern?
2. Gehören Sie auch zu den Politikern bzw. Politikerinnen, die den Biosprit verdammen, und wenn nein, warum nicht?
Ich danke im Voraus für substantielle Antworten.
MfG
Wolfgang Haars
Lieber Herr Haars,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Grünen und auch ich als Landwirtschaftsministerin in NRW haben frühzeitig auf Chancen der Bauern bei der Energieerzeugung hingewiesen. Wer in Windkraft oder Photovoltaik investiert hat oder nur die Pacht für Windkraftanlagen auf seinen Feldern erhält, hat eine gute zusätzliche Einnahmequelle erschlossen. Leider hat sich die Entwicklung bei Biosprit durch den Wegfall der Steuerbefreiung durch die große Koalition sehr zum Nachteil entwickelt. Die kleinen mittelständischen Betriebe, die Bauern, die investiert hatten, mussten zum Teil aufgeben. Dafür hat die große Koalition den Mineralölkonzernen den Schlüssel über die Beimischungsquote in die Hand gegeben. Damit sind die ganzen Probleme auf internationaler Ebene entstanden: "leere Teller - volle Tanks", weil die großen Konzerne sich natürlich auf dem internationalen Markt bedient haben. Leider hat die große Koalition in diesen Bereichen dramatische Fehler gemacht, die der ganzen Bewegung schaden, wie auch Maismonokulturen in Deutschland. Zur detaillierten Information füge ich die Position der Grünen zu Bioenergie mit dem Beschluss der Bundestagsfraktion vom 26.11.2007 bei.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Höhn