Frage an Bärbel Höhn von Peter V. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Höhn,
ich engagiere mich für die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie und spreche Sie als Vorsitzende des Bundestagsausschusses Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit an.
Der Nitratbericht 2012 (BMEL und BMUB) veranlasst die EU zu einer Klageandrohung. Die öffentliche Diskussion der Landwirte vermittelt deren Unzufriedenheit über die Interpretation der Messergebnisse in unterschiedlichen Messnetzen. Die Nichtberücksichtigung von Emissionen aus dem Anbau energieliefernder Pflanzen (Förderung durch EEG) und undichten Abwassersystemen wird mit Verweis auf Ausführungen von Georg Keckl (Agraringenieur im Niedersächsischen Landesamt für Statistik) besonders kritisch gesehen. Insgesamt erscheinen die Veröffentlichungen zum Thema, nicht nur für den Normalbürger, unüberschaubar und widersprüchlich. Bitte beantworten Sie deshalb folgende Fragen:
1. Hat der im Zusammenhang mit dem EEG angestrebte Energiepflanzenanbau zu einer Erhöhung von Stickstoffemissionen im Belastungsmessnetz geführt? Welche Rolle spielt dabei Grünlandumbruch zu Gunsten von Ackerbau (Energiepflanzen)?
2. Wie werden Stickstoffemissionen durch undichte Abwassersysteme erfasst. Durch welche Maßnahmen werden dbzgl. Fehlentwicklungen i.S. der Koalitionsvereinbarungen zum Schutz des Grundwassers korrigiert?
3. Auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen basieren Auswahl der Messnetze und Interpretation der Ergebnisse besonders im Hinblick auf eine Differenzierung zwischen landwirtschaftlichen Quellen (91/676/EWG) und anderen Quellen.
4. Sind Auswahl der Messnetze und Interpretationen der Ergebnisse im EU-Vergleich bzgl. ihrer Schutzwirkung qualitativ gleichwertig?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Vollmer
Sehr geehrter Herr Vollmer,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Mit den Fragen zur Datenlage, Interpretation der Meßergebnisse etc. würde ich Sie bitten, sich an die zuständigen Fachministerien zu wenden - hier habe ich in meinem Bundestagsbüro nicht die personellen Kapazitäten, das im Detail zu beantworten.
Als Grüne Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses möchte ich aber politisch Stellung nehmen zu Ihren Fragen: die Nitratbelastung des Grundwassers ist in Deutschland viel zu hoch, Deutschland gehört mit Malta mit Abstand zu den Schlusslichtern in Europa. Die Bundesregierung hat das Vertragsverletzungsverfahren und damit das Anlastungsverfahren der EU wegen des Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie bisher negiert und riskiert damit eine hohe Geldstrafe. Sie lässt eine Frist nach der anderen verstreichen. Der lange angekündigte Gesetzentwurf zur Novelle der Düngeverordnung steht aus, eine geeinigte Version zwischen den Häusern wurde offenbar vom Bundeslandwirtschaftsministerium dann doch wieder zurückgewiesen. Die Länder sind mangelhaft eingebunden. Die Forderung, die aus NRW erhoben wurde, dass in diesem Fall der Bund alleine für eventuelle Strafzahlungen aufkommen soll, unterstütze ich voll und ganz.
Es ist nicht verantwortungsvoll, wenn Landwirtschaftsvertreter sagen: wir müssen nur anders und an mehr Stellen messen, dann werden die Werte besser.
Ein wirksames Verbot des Gründlandumbruchs, wie es einige grüne AgrarministerInnen für ihre Bundesländer auf den Weg gebracht haben, hat die Bundesregierung für ganz Deutschland bei der Umsetzung der GAP-Reform blockiert.
Ansatzpunkte gäbe es aus unserer Sicht viele, sie sind in der Debatte. Aber an entscheidender Stelle blockiert die Bundesregierung.
Im Umweltausschuss hatten wir im 1. Halbjahr 2014 ein sehr gutes Fachgespräch, zu dem wir auch die VertreterInnen des Landwirtschaftsausschusses eingeladen hatten. Die Vorsitzende, Frau Connemann, war ebenso zugegen wie der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Peter Bleser. Das Umweltbundesamt hat in dieser Sitzung klar die Probleme und den Handlungsbedarf benannt. Hier jetzt in die Umsetzung zu kommen, ist dringende Aufgabe der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen. Wir werden als Opposition nicht locker lassen und immer wieder die Themen zur Sprache bringen, bis sich etwas bewegt.
Mit freundlichen Grüßen,
Bärbel Höhn