Frage an Bärbel Höhn von Norbert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Bärbel Höhn,
die Mehrheit der Bundesbürger hält Volksentscheide auch auf Bundesebene für sinnvoll.
Ich unterstütze die Vorschläge des Vereins Mehr Demokratie e. V. zur Einführung der Volksabstimmung in Deutschland.
Die Vorschläge sehen ein dreistufiges Verfahren vor:
- Volksinitiative: Mit 100.000 Unterschriften kann dem Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt werden.
- Volksbegehren: Lehnt der Bundestag die Volksinitiative ab, kann ein Volksbegehren eingeleitet werden. Für dessen Erfolg müssen in sechs Monaten eine Million Unterschriften zusammenkommen.
- Volksabstimmung: Hier entscheidet - wie bei Wahlen - die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jeder Haushalt bekommt im Vorfeld eine Abstimmungsbroschüre mit wichtigen Informationen und allen Pro- und Kontra-Argumenten.
Zusätzlich sollen die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, eine Volksabstimmung gegen Beschlüsse des Bundestages einzuleiten (fakultatives Referendum) und bei wichtigen EU-Reformen und Grundgesetzänderungen mitzuentscheiden (obligatorisches Referendum).
Sehr geehrte Frau Bärbel Höhn, bitte teilen Sie mir Ihre Ansicht zu diesen Fragen mit.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Thema direkte Demokratie ist in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit sehr präsent gewesen. Ich denke da zum Beispiel an die Proteste gegen Stuttgart 21 und die Forderung über das Projekt in einer Volksabstimmung abzustimmen.
Wir Grünen bemühen uns schon seit Jahren um die Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene. Wir wollen, dass Gesetzesvorschläge durch die Volksinitiative auch von außen das Parlament erreichen. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger direkter in politische Entscheidungen einbezogen sind. Und wir wollen, dass die Bevölkerung in Deutschland die Möglichkeit bekommt, wichtige Sachfragen rechtlich bindend selbst zu entscheiden.
Es gibt sehr gute Erfahrungen mit direkter Demokratie aus den Bundesländern. Und es gibt eine breite Basis durch alle politischen Lager, die sich für den Ausbau direkter Demokratie auf Bundesebene einsetzt. Wir Grüne haben auf Bundesebene bereits zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in den Deutschen Bundestag eingebracht (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/006/1600680.pdf). Jedoch blockierte die CDU/CSU die Gesetzesinitiative mit ihrer Veto-Macht.
Grundsätzlich sollen sich Volksentscheide auf alle Politikbereiche beziehen dürfen. Finanzwirksame Volksinitiativen sind aus unserer Sicht ausdrücklich zulässig. Ausnahmen sind lediglich das Haushaltsgesetz selbst, Abgabengesetze und sowie Vorhaben, die die Grundrechte und den Schutz von Minderheiten missachten.
Wir haben im Blick, dass organisierte und vor allem finanzstarke Interessengruppen versuchen können, direkte demokratische Prozesse zu dominieren. Direkte Beteiligungsformen erfordern deshalb ganz besonders, dass die Politik ihre Vorhaben den Bürgerinnen erklären und sie möglichst frühzeitig einbezieht.
Wir sind der Meinung, dass unsere Demokratie durch die Einführung der Volksgesetzgebung auf Bundesebene lebendiger und bunter wird. Deshalb werden wir unseren Gesetzentwurf auch bald erneut in den Bundestag einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Höhn