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Bärbel Höhn
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Frage von Beate R. •

Frage an Bärbel Höhn von Beate R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Höhn,

in der ARD vom 28.05. machte Herr Alt folgende Aussage: "Solange die Jobcenter die Wohnkosten immer übernehmen, entfalle für viele der Anreiz, eine im Verhältnis zu den Wohnkosten geringer bezahlte Arbeit anzunehmen."

Ich weiss nun aus Gesprächen mit Betroffenen dass die Mietkosten, durch die örtliche Arge pauschaliert werden.

Die angemessenen Mietkosten für einen alleinstehenden Arbeitskosten betragen in Oberhausen 215 Euro kalt.

Nach Angaben der örtlichen Sozialverbände in Oberhausen tragen ein Drittel der Arbeitslosen einen Teil ihrer Mietkosten aus dem Regelsatz.

Ich bewundere, welches Maß an Selbstdisziplin Arbeitslose in Oberhausen zeigen.

Sie sparen sich ihre Wohnung vom Munde ab.

Herr Alt behauptet nun nichts anderes, als dass zu hohe Lohnforderungen der Arbeitslosen in Oberhausen, deren Arbeitsaufnahme verhindern?

Woran liegt es ihrer Meinung nach, dass die Arbeitslosigkeit in Oberhausen so hoch ist?

Mit freundlichen Grüßen

Beate Richter

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Richter,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Angemessener Wohnraum darf nicht in Frage gestellt werden. Die Antwort von Herrn Alt teilen wir Grünen deshalb nicht. Das Problem besteht doch nicht darin, dass die Zahlungen für die Mieten von ALG-II-Empfänger zu hoch sind, sondern darin, dass für geleistete Arbeit nicht genügend bezahlt wird. Manche Menschen können ihre Lebensunterhalt trotz eines Vollzeitjobs nicht bestreiten. Die richtige Antwort lautet also: gesetzlicher Mindestlohn und nicht Kürzung der sozialen Leistungen. Wer arbeitet, sollte davon auch leben können.

Die Pauschalisierung der Mietkosten ist ein gängiges Verfahren. Im Zweite Buch Sozialgesetzbuch steht lediglich, dass der Wohnraum "angemessen" sein muss. Faktoren für die Angemessenheit sind Wohnfläche, Standards etc. Dafür gibt es auf Länderebene Verordnungen über die häufig vor den Sozialgerichten gestritten wird. Die Kosten für die Unterkunft müssen zu ¾ die finanziell eh schon stark gebeutelten Kommunen tragen. Hier stielt sich der Bund peu à peu aus der Verantwortung.

Pauschalierungen sind nicht per se falsch, können aber, das hat das BVerfG-Urteil zu den Regelsätzen vom 9.2. gezeigt, problematisch werden. Denn Sozialleistungen müssen den Bedarf decken und müssen in einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren ermittelt werden. Ziel muss es sein, einen schlichten aber dennoch gut in Stand gehaltenen Wohnraum in angemessener Größe zur Verfügung zu stellen. Es muss auch verhindert werden, dass sich die Miete immer an den am billigsten verfügbaren Wohnungen orientiert. Dann damit wäre eine Gettoisierung vorprogrammiert. Ziel der Grünen ist es auch Anreize zu schaffen, damit die hohen Heizkosten durch entsprechende Dämmmaßnahmen verringert werden. Angesichts dessen, dass die Bundesregierung jetzt die Zahlung der Heizkosten streichen will, brauchen wir dringend Maßnahmen, um Energiearmut zu verhindern. Nun zu Ihrer Frage warum in Oberhausen die Arbeitslosigkeit so hoch ist.

Oberhausen hat nach wie vor unter dem Strukturwandel und den damit einher gehenden Probleme zu leiden. Viele gut bezahlte Arbeitsplätze in der Industrie sind weggebrochen. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wurden außerdem zum Teil durch prekäre Arbeitsverhältnisse in der Zeitarbeit oder durch befristete Arbeitsverhältnisse und Teilzeitarbeit ersetzt, die oft nicht genug zum Leben abwerfen. Die Orientierung auf Kohlekraftwerke statt auf Erneuerbare Energien der schwarzgelben NRW-Landesregierung hat uns im Verhältnis zu anderen Bundesländern um fünf Jahre zurückgeworfen. Wir brauchen eine Energiewende mit mehr Strom aus Erneuerbaren Energien, mehr Energieeffizienz, z.B. durch Dämmmaßnahmen am Gebäudebestan und mehr Arbeitsplätze in der Gesundheitspolitik. Das rotgrüne Stadtbündnis in Oberhausen hat durch die Initiierung eines Klimatisches diesen Weg für neue Arbeitsplätze auf den Weg gebracht. Unsere grüne Antwort auf diese Herausforderungen nennen wir Green New Deal. Er beschreibt ein umfassendes Maßnahmenpaket, das die Ökologisierung der Wirtschaft und einen neuen sozialen Ausgleich in den Mittelpunkt stellt und so wirtschaftliche Entwicklung und neue Arbeitsplätze schafft. Kernelemente des Green New Deal sind die ökologische Neuausrichtung der Wirtschaft zu einer ressourcensparenden Ökonomie auf der Basis von erneuerbaren Energien. Die effektive Regulierung der Finanzmärkte und einen neuen sozialen Ausgleich, der Verteilungsgerechtigkeit mit Zugangsgerechtigkeit verbindet. In den für die Zukunft unverzichtbaren Bereichen Bildung, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit darf nicht gespart werden, sondern muss investiert werden. Die Bundesregierung schlägt hier mit ihrem Sparpaket die falsche Richtung ein. Im Gegenzug wollen wir unter anderen das Ehegattensplitting, das vor allem Paare ohne Kinder bevorzugt sowie umweltschädliche Subventionen, wie zum Beispiel das Dienstwagenprivileg, abschaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Höhn