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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Tobias B. •

Wie sehen die Aussichten über eine Abstimmung des Verbotsfahren gegen die AfD aus? Hätte man theoretisch nicht zumindest gegen den AfD in Osten genügend Belege?

Sehr geehrte Frau Bas,

in den Medien hört man, dass angeblich diese oder nächste Woche die Abstimmung über das Verbotsverfahrens gegen die AfD stattfinden sollte. Wie bewerten Sie die aktuelle Aussichten, ob es die Stimmung eher für oder gegen oder eher zwiegespalten. Als wehrhafte Demokratie sollte man die Option war nehmen und über ein Verbotsverfahren eine Prüfung befähigen. Wenn eine Partei klar gegen unsere Werte der Demokratie ist, wie in Thüringen zuletzt, soll die Option eingesetzt werden.

Selbst wenn man nicht risikoreich vorgehen möchte, würde es schon ausreichen gegen den AfD Osten ein Verfahren einzuleiten. Ich persönlich sehe eher die Chance wenn sich zuerst nur auf den Osten der AfD beschränken würde. Da kommt eigentlich die größere Gefahr. Es gibt genügend Beweise vor allem beim Höcke Lager.

Leider merken die meisten AfD-Wähler*in nicht, dass die AfD keine Politik für sie macht. Darauf muss mehr eingegangen werden.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Frage. Es freut mich, dass Sie auf mich zukommen. Als Bundestagspräsidentin ist es mir ein wichtiges Anliegen, den Kontakt der Bürgerinnen und Bürger zu Ihren lokalen Abgeordneten vor Ort zu stärken. Daher vorab meine Empfehlung: Scheuen Sie sich nicht, mit Ihren Anliegen und Fragen auf Ihre gewählten Abgeordneten vor Ort zuzugehen. Die Abgeordneten in Ihrem Wahlkreis finden Sie unter https://www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise/.   

Was Ihre Frage betrifft: Es freut mich, dass Sie und viele andere sich intensiv Gedanken um unsere Demokratie und das Miteinander in unserer Gesellschaft machen. Sie und viele andere Wählerinnen und Wähler im Einsatz für unsere Demokratie und unser Miteinander hinter mir zu wissen, gibt mir trotz aller Herausforderungen Mut und Hoffnung.

Dass die Sorgen, die wir teilen, nicht unbegründet sind, zeigt auch, dass im Rahmen einer mehrjährigen juristischen Prüfung durch die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden in drei Bundesländern belegt worden ist, dass die AfD in Teilen eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Wir müssen feststellen, dass drei Landesverbände der AfD als rechtsextremistisch eingestuft sind, die Landesverbände der AfD in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD auf Bundesebene zudem als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.

Was die Forderung nach einem Verbot der Partei der AfD betrifft: Gegen Verfassungsfeindinnen und -feinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhängerinnen und Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat. Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt nicht. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann.

Wie in jedem anderen gerichtlichen Verfahren müssen in einem Parteiverbotsverfahren eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an die Beweisführung erhebliche Ansprüche. Hierfür sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zutage tretenden Haltung wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt. Wir als SPD setzen großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das die extremistischen Bestrebungen dieser Partei auch weiterhin beobachtet, ihre Erkenntnisse dazu laufend zusammenträgt und bewertet. Sollten diese Erkenntnisse ergeben, dass sie die Erfolgsaussicht eines solchen Verfahrens als gesichert erscheinen lassen, dann ist für die SPD ein Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD nach Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz eine klare Option zur Verteidigung unserer Demokratie. Auch ein Verbot eines rechtlich oder organisatorisch selbständigen Teils einer Partei ist möglich, nach Artikel 46 Absatz 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Damit ist in einem Parteiverbotsverfahren auch das Verbot einzelner Landesverbände als Inhalt einer Entscheidung in einem Parteiverbotsverfahren vorgesehen. Gerne verweise ich hierzu auf eine entsprechende Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Diese finden Sie unter https://www.bundestag.de/resource/blob/406630/c3293cc9219cb8e80d05f6ba2eb0f117/WD-3-059-13-pdf-data.pdf.    

Abgeordnete verschiedener Fraktionen haben nun angekündigt, einen Gruppenantrag für ein Verbotsverfahren ins Parlament einzubringen. Dieser liegt dem Bundestag bisher nicht vor. Wenn der Antrag eingebracht ist, werde ich diesen, gemeinsam mit den anderen Mitgliedern meiner Fraktion, mit Blick auf die oben genannten Argumente genau prüfen und darüber entscheiden. Ein Verbot kann ein Hilfsmittel sein. Wir müssen uns aber auch klar sein, dass der Unmut und die Haltung, die viele Wählerinnen und Wähler durch die Wahl der AfD zum Ausdruck bringen, durch ein Verbot der AfD nicht verschwinden würden. Entscheidend ist daher aus meiner Sicht, dass wir diesem Unmut durch die Lösung konkreter Probleme begegnen - durch konstruktive und verlässliche Regierungsarbeit. Und natürlich müssen wir auch deutlich machen, dass die scheinbar einfachen Lösungen populistischer oder extremistischer Kräfte für komplexe Probleme nur Scheinlösungen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

 

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